Lightyear 0: Test, Solarauto, Vorstellung, Motor, Akku
Wir sind beeindruckt vom ersten Serien-Solarauto der Welt
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Das erste echte Solarauto: Der Lightyear 0 ist noch eine sehr teure Kleinserie. Aber ein Anfang. AUTO BILD war mit dem Exoten unterwegs.
Bild: AUTO BILD
Natürlich der 21. Juni. Und natürlich Spanien. Der längste Tag des Jahres in einer der sonnenreichsten Regionen Europas. Hier und heute rollt das erste Serien-Solarauto der Welt über staubige Straßen.
Modellname: 0. Gesprochen: "zero". Entwickelt vom niederländischen Start-up Ligthyear, einer jungen Truppe, gegründet von ehemaligen Studenten der TU Eindhoven. Gebaut beim Auftragsfertiger Valmet in Finnland. Stückzahl der Kleinserie: 946 – weil ein Lichtjahr (Lightyear) 9,46 Billionen Kilometer lang ist …
Man steigt ein in ein Auto, das den Kunden ab November unglaubliche 250.000 Euro kosten wird. Aber dieser Lightyear ist ein Anfang, ein Versprechen für die Zukunft – und fast ein Perpetuum mobile. Solange die Sonne scheint, braucht dieses Solar Electric Vehicle (SEV) keine Ladestation, versprechen die Holländer. Bis zu sieben Monate lang; in Spanien. Bei uns immerhin zwei Sommermonate.

Kraftwerk: Fünf Quadratmeter Solarzellen auf dem Dach sammeln Strom für bis zu 70 Kilometer pro Tag – wenn die Sonne scheint.
Bild: Hauke Schrieber / AUTO BILD
Die Sonne lädt die Batterie des Lightyear
782 zweifach gebogene Solarzellen auf Dach und Fronthaube, zusammen fünf Quadratmeter groß, können Energie für bis zu 70 Kilometer am Tag aufnehmen und in der 60-kWh-Batterie speichern. Der Akku kann natürlich zudem klassisch per Kabel geladen werden. Die Sonne scheint schließlich nicht jeden Tag.

Endergebnis: Nach dem Gewinn eines Solarauto-Rennens entscheiden sich fünf Studenten, das nachhaltigste Auto der Welt zu bauen.
Bild: Lightyear
Von der Universität auf die Straße
Lightyear, finanziert von einer Reihe privater Investoren, angeführt von einer wohlhabenden Schweizer Familie, ist nicht das einzige Start-up, das ein SEV auf den Markt bringen will – 2023 soll der Minivan Sion der deutschen Firma Sono starten.
Lex Hoefsloot (31), einer der fünf Firmengründer und Boss von Lightyear, sagt: "Unser Auto ist keine Alternative zu allem, was auf dem Automarkt zu haben ist. Eher wie einst der Tesla Roadster. Wir zeigen, was möglich ist." Das Quintett gewann als Studententeam 2013 und 2015 ein großes Rennen für Solarmobile in Australien. "Danach", erinnert sich Lex Hoefsloot, "fragten wir uns: Warum gibt es das nicht auf der Straße?"
Designvorbild aus Wolfsburg
Sechs Jahre nach der Firmengründung ist der Lightyear 0 fast fertig. In Spanien steht ein Prototyp, der das Serienauto zu etwa 95 Prozent abbildet. Das Auto: ein auf totale Effizienz getrimmter Fünfsitzer. Tropfenform (VW XL1 war Vorbild), fast Vollcarbon zur Gewichtsreduktion, cw-Wert unter 0,19, Kameras statt Außenspiegel, geschlossene Räder.

Vorbild VW XL1: Tropfenform mit lang gezogenem Heck für optimierte Luftströmung. Der cw-Wert liegt unter 0,19.
Bild: Hauke Schrieber / AUTO BILD
Der Antrieb verfolgt dasselbe Ziel: Vier selbst entwickelte Radnaben-E-Motoren sollen für bestmögliche Effizienz sorgen. Ohne dass der Fahrkomfort darunter leidet.
Fahrzeugdaten
Modell | Lightyear 0 |
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Antrieb | vier Radnaben-E-Motoren, Allrad |
Leistung | 120 kW (163 PS) |
Drehmoment | 1720 Nm |
Akku | 60 kWh |
Reichweite | bis 625 km plus bis 70 km (Solar) |
Ladeleistung | bis 60 kW, entspricht 520 km in einer Stunde |
Länge/Breite/Höhe | 5083/1972/ 1445 mm |
Leergewicht | 1575 kg |
Kofferraum | 640 l |
0–100 km/h | 10,0 s |
Vmax | 160 km/h |
Verbrauch | 10,5 kWh/100 km |
Preis | 250.000 Euro |
Alle weiteren technischen Daten wie Beschleunigung, Topspeed oder Ladegeschwindigkeit per Kabel sind bewusst nicht überragend. Dafür der (versprochene) Verbrauch: 10,5 kWh auf 100 Kilometer. Eine Ahnung davon, dass das wahr sein könnte, bekommt man auf der kurzen Testfahrt. Vor allem das Segeln und das Rekuperieren funktionieren beeindruckend. Von der Sportlichkeit und vom Luxus anderer Autos dieser Preisklasse (Porsche Taycan, Mercedes EQS, Lucid Air) ist der Lightyear 0 weit entfernt.

Veganer Innenraum: Der 10-Zoll-Touchscreen zeigt an, welche Solarzellen gerade wie viel Strom sammeln
Bild: Lightyear
Doch längst arbeiten sie in Holland an ihrem zweiten Modell, Projektname Lightyear Two. Und das soll das SEV dann massentauglich machen. Für angepeilte 30.000 Euro soll es ab Ende 2024 hunderttausendfach im Jahr vom Band laufen. "Damit wollen wir jene Kunden ansprechen, die sich noch nicht an die E-Mobilität herangetraut haben", sagt Lex Hoefsloot. Für ihn soll der Lightyear 0 der Sonnenaufgang für eine neue Form der Mobilität sein. "Das einzige Auto, das unsere Effizienz besitzt, ist der Mercedes EQXX. Aber den kann man nicht kaufen."
Fazit
Dieser Mut, diese Überzeugung, dieser Fleiß! Ich ziehe meinen Hut. Fast alles am Auto ist selbst entwickelt, selbst gebaut. Das pusht den Preis. Klar: Es ist keine Viertelmillion wert. Aber auch der Tesla Roadster war einst zu teuer; und dennoch ein Pionier. Messen lassen muss sich Lightyear am Nachfolger.
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