"Charming Mark", locker und witzig

Mark Webber wippt mit den Füßen auf und ab neben seinem Jaguar. Noch 15 Minuten bis zum Start des GP San Marino. Er steht zur Überraschung aller auf Startplatz fünf. Der Australier albert mit seinen Mechanikern herum. Dreht wie ein Uhrzeiger eine Runde um seinen grünen R4. In den beiden Startreihen vor ihm ist die Hölle los. Journalisten, Helfer, schaulustige VIP-Gäste wuseln um die vier Top-Autos von Schumi, Schumi II, Barrichello und Montoya.

Hier bei Mark Webber ist es ruhiger. Noch schnell drei TV-Interviews. BMW-Motorsportchef Gerhard Berger kommt vorbei und wünscht ein gutes Rennen. Gleich ist der "Aussie" ganz allein. Die wohl schönste Zeit für einen Rennfahrer. Eins sein mit dem Auto. Doch der gesellige Webber schätzt auch die autofreien Zonen. Deswegen wird der Mann aus Queanbeyan in seiner zweiten Formel-1-Saison immer interessanter für die Medien.

Natürlich in erster Linie durch seine Qualifying-Performance: Startplatz drei zuletzt in São Paulo und nun eben Startplatz fünf in Imola. Außerdem ist "Charming Mark" gesprächig, locker und witzig. Das lieben auch seine Ingenieure im Briefing, besonders seine deutlichen Aussagen und sein umfassendes technisches Verständnis.

"Wir müssen noch einiges tun"

"Ich will lieber ein schnelles Auto, das nicht so zuverlässig ist, als ein langsames zuverlässiges Auto", resümiert Webber sein frustrierendes Imola-Rennen. Mit defekter Antriebswelle ist er ausgefallen. Nachdem er am Start wegen ungeklärter Macken im Anfahrprogramm gleich mal von Position fünf auf elf abstürzte. "Wir müssen noch einiges tun", gibt er forsch die Devise vor.

Kein Problem für den Malocher Webber. Allein sein Weg in die Formel 1 war ein harter Kampf. Mit 19 kommt er im Herbst 1995 von "Down Under" alleine nach Europa – 27 Flugstunden von den Eltern Alan und Diane weg. 1996 fährt er britische Formel Ford (Meister), danach Formel 3 in England (Gesamtvierter). Mercedes-Benz angelt sich den schnellen Burschen für die FIA-GT-Meisterschaft. 1998 holt Webber den Vize-WM-Titel zusammen mit Bernd Schneider.

Mit dem DTM-Ass hat er immer noch Kontakt. "Bernds Frau Nicole hat mir damals versucht Deutsch beizubringen. Das war witzig", erinnert sich der Allrounder. Ganz und gar nicht witzig: Seine beiden Überschläge im GT-Silberpfeil im Training für die 24-Stunden von Le Mans 1999. Ein Aha-Erlebnis für Webber. Er will zurück in den Formel-Sport. Und er schafft den Sprung, trotz knappem Budget. Zwei Jahre Formel 3000. 2001 dort Vize-Champion (hinter Minardi-Neuling Justin Wilson), zeitgleich F1-Tester bei Benetton. Das ist die Visitenkarte für den Einstieg bei Minardi.

Lob von Schumi für die Konstanz

Beim Saisonauftakt 2002 in Australien avancierte Webber zum Lokalhelden: Platz fünf beim Debüt. Das neue Vorzeigeobjekt des Landes. Letzte Woche wählte ihn das australische Trendmagazin "Who" in die Rangliste der 25 schönsten Personen. "Verrückt", schüttelt der 26-Jährige lachend den Kopf, "denen sind wohl die Leute ausgegangen. Aber es ist schon nett." Trotzdem kein Grund zum Abheben für den Strahlemann.

Auch nicht bei Komplimenten von höchster Fahrerstelle. "Webber war bisher sehr konstant und präzise. Ich glaube, dass er unterschätzt wird", lobt Weltmeister Michael Schumacher. "Ich mache nur meinen Job und erzähle nicht, ich bin der Größte", antwortet der Jaguar-Pilot leise. Respekt für seinen bodenständigen Landsmann zeigt auch Alan Jones. Der Weltmeister von 1980 ist sonst eher bekannt für Kritik an seinen rennfahrenden Möchtegern-Nachfolgern, aber nicht in diesem Fall: "Mark hat alle meine Erwartungen übertroffen. Er ist vernünftig und konstant, macht genau das, was von ihm erwartet wird."

Und Webber erwartet von sich noch sehr, sehr viel: "Die Saison ist noch lang. Aber in Kürze wird es hier eine Party geben." Selbstbewusst hämmert Mark Webber mit dem rechten Zeigefinger auf die Tischplatte im Jaguar-Motorhome. Und ist im nächsten Moment verschwunden. Wohin? Natürlich ins Briefing.