Der italienische Herrenausstatter Zegna bestückt künftig auch die Maserati-Modelle Quattroporte und Ghibli. Wie sich das Ergebnis anfühlt: Sitzprobe!
Dieses jüngste Kapitel der 101-jährigen Geschichte Maseratis könnte niemals in Deutschland spielen. Nicht in einem Land, in dem Männer nach wie vor weiße Tennissocken in braune Sandalen stecken dürfen, ohne dafür modepolizeichlich belangt zu werden. Also spielt es – wo sonst? – in Italien. Wo der gute Stil so selbstverständlich daherkommt, als würde er bereits mit der Muttermilch verabreicht.
Äußerlich hat sich nichts geändert. Warum auch? Der Ghibli läuft erfolgreich.
Hier, genauer in Trivero bei Biella, trafen sich vor gut einem Jahr der deutsche Maserati-Chef Harald Wester und Ermenegildo Zegna, Boss und Enkel des renomierten italienischen Herrenausstatters Ermenegildo Zegna. Man verstand sich prächtig und beschloss eine exklusive Ausstattungslinie. Okay, das alleine revolutioniert nun wahrlich nicht die Autowelt und die Nachricht alleine wäre höchstens eine Kurzmeldung wert. Wären wir nicht in Italien, wären wir nicht bei Maserati. Erst diese Kombination erklärt, dass hier und heute in einem mondänen Grandhotel am Lago Maggiore hoch bezahlte Manager von Zegna und Maserati vor Journalisten leidenschaftlich über Vorteile, Beschaffenheit und Exklusivität von Seide im Auto referieren. Und dieser Vortrag einen in den Bann zieht, als würde hier weltexklusiv eine revolutionäre Antriebstechnik enthüllt.
Die viertürige Limousine war seinerzeit der erste Maserati mit Dieselmotor.
Ja, meine lieben Herren und Modemuffel, jetzt ist es also tatsächlich passiert: Im Quattroporte, Ghibli und ab Frühjahr dann auch im neuen SUVLevante, hängt die Autowelt sprichwörtlich am seidenen Faden. Das hört sich banaler an, als es offensichtlich ist. "Wir mussten hier zwei Welten zusammenbringen", erklärt Wester. "Man glaubt ja gar nicht, wie viel High Tech in dieser Adaption steckt." Über ein Jahr wurde getüftelt, getestet und Probe gesessen, bis die langkettigen Eiweiße der hochwertigen Zegna-Seide dem täglichen Stress einer Autofahrt genügten – bis das Textil die Ansprüche an Sitzkomfort, Halt, Abrieb, Festigkeit, Schweißabsorbtion und UV-Beständigkeit erfüllte. Verarbeitet Zegna normalerweise 3,10 Meter Seide pro Anzug, sind es im Maserati gut zwölf Meter. Die Stilexperten aus Modena tapezieren Sitzflächen, Türverkleidungen und den Dachhimmel mit dem feinen Garn, das aus China importiert und dann in Trivero weiterverarbeitet wird. Vorerst immer in Mittelgrau, kombinierbar mit verschiedenen Tönen des edlen Poltrona Frau-Leders aus der Manufaktur des Ex-Ferrari-Chefs Montezemolo.Als Mensch ohne abgeschlossenes Studium an einer Mailänder Modeschule denkst du naiverweise: ja, schöner Stoff. Und da nur ein kleines Label hinter der Sonnenblende im perfektem Understatement auf Zegnas Handwerkskunst hinweist, erschließt sich dir die neue Seidenstraße, auf die Maserati nun abbiegt, nur bedingt. Doch wir sind in Italien. Wo eben viel mit Stil, Gefühl, Lebensart und Dolce Vita zu tun hat. "Vielleicht siehst du es nicht, aber du weißt es", sagt Wester und nimmt damit Ignoranten wie mir gleich mal den Wind aus den Segeln. Tatsächlich sitzt man nicht besser oder schlechter auf dem edel bezogenen Gestühl. Das gute Gefühl, in der mobilen Businesswelt richtig angezogen zu sein, wird rund 3500 Euro extra kosten. Maseratifahrer dürften diesen Betrag mit einem wissenden Lächeln als stilbildene Maßnahme verbuchen.
Die fünfte Generation des Maserati Quattroporte (Typ M 139, 2003 bis 2012) gibt es mittlerweile schon ab 14.000 Euro. Da leuchten die Augen und das Herz schlägt schneller! Grund genug für einen Check. Unser Testwagen ...
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... wurde 2006 gebaut und hat 114.000 Kilometer auf der Uhr. Der erste Eindruck: Wow! Was für ein hinreißend schönes Auto! Zeitloses, detailverliebtes Pininfarina-Design schmeichelt den Augen, ein drehzahlgieriger, leidenschaftlich röhrender Ferrari-V8 ist Musik in den Ohren, ...
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... poliertes Edelholz und samtweiches Leder sind Balsam für die Seele. Sein Vorleben sieht man dem Quattroporte kaum an.
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Typisches Maserati-Accessoire: die ovale Uhr in Cockpit-Mitte.
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Einzelsitze! So sieht Italo-Luxus aus.
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Der Tridente ziert jeden Maserati. Er ist eine Anspielung an den Neptunbrunnen in Bologna. Der Moment für den Traumwagen-Kauf ist günstig. Acht Jahre nach Produktionsende hat der Luxusitaliener ...
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... die preisliche Talsohle erreicht. Gut erhaltene, im Fachbetrieb gewartete Exemplare mit sequenziellem Getriebe kosten aber mindestens 18.000 Euro, spätere Modelle ...
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... mit ZF-Automatik beginnen bei 23.000 Euro. Wer in dieser Preisregion ein gutes Auto kauft und es erhält, wird keinen Wert mehr verlieren.
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Der Mehrpreis für die ab Januar 2007 gebauten Quattroporte mit Sechsstufen-Wandlerautomatik von ZF ist gut angelegt: Das sequenzielle Sechsganggetriebe (Foto) schaltet spät und ruppig, Rangieren an einer Steigung erfordert gefühlvollen Umgang mit dem Gaspedal. Außerdem ...
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... ist die Kupplung bei sportlicher Fahrweise verschleißanfällig, ein Austausch ist dann oft schon nach 30.000 Kilometern nötig. Fred Brandt von Meerautomobile aus Lübeck, ein ausgewiesener Maserati-Experte, sagt: "Defensive Fahrer schaffen auch 100.000 Kilometer und mehr mit der ersten Kupplung." Aber das ist die Ausnahme. Wichtiger Tipp: Maserati-Werkstätten können den Verschleißzustand der Kupplung auslesen.
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Ansonsten ist der Quattroporte nicht reparaturanfälliger als vergleichbare Modelle der Konkurrenz. Bei den Kosten für Verschleißreparaturen spielt der Maserati in der gleichen Liga wie ein Mercedes-AMG E 63 oder ein BMW M5. Auch hier sind vierstellige Rechnungsbeträge für das Erneuern ...
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... von Bremsscheiben und -belägen vorn fällig. Neue Bremsscheiben und -beläge vorn kosten beim Maserati inklusive Montage 1800 Euro, die hinteren sind mit 1500 Euro nur unwesentlich günstiger.
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Teuer kann es auch bei den Achsgelenken werden. Die Querlenker vorn gibt es nur im kompletten Set für jede Seite. Inklusive Montage sind dann 1800 Euro fällig – je Seite. Plus 150 Euro für die Achsvermessung.
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Der kettengesteuerte V8 macht selten Ärger. Gelegentlich versagen jedoch die Phasenversteller der Einlassnockenwellen (4300 Euro).
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Der Rostschutz ist insgesamt gut. Lediglich an der Griffleiste und an der Unterseite des Heckdeckels rosten einige Exemplare.
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Fazit: Coupéhaft-graziles Design, ein famoser Ferrari-V8 und Fahreigenschaften wie ein Sportwagen machen den Quattroporte einzigartig. Aber: Wegen hoher Teilepreise nur ein scheckheftgepflegtes Exemplar vom Fachhändler mit Garantie und lückenloser Historie kaufen.