Kaum ein Luxus-Viertürer ist aggresiver

Als sich die Motorhaube auf der Piazza Grande öffnet, ist es um Giuseppe und Franco geschehen. Die beiden Rentner hält nichts mehr auf ihrer Sitzbank im Herzen von Modena. Mit Kennerblick mustern sie den Motor, falten andächtig ihre Hände, und Franco sagt, worauf PS-verliebte Italienreisende gewartet haben: "Bella macchina!" Eine Szene, fast zu kitschig, um wahr zu sein. Doch wenn ein Maserati Quattroporte an prominenter Stelle in seiner Heimat auftaucht, rührt er die Herzen vieler Passanten.

Denn Maserati ist Leidenschaft und Emotion. Und diese Werte möchte die 90 Jahre alte Dreizack-Marke künftig stärker in den Fokus rücken. Auch in Deutschland. Helfen soll dabei eine Angebotserweiterung, die für Maserati-Verhältnisse fast schon einer Modelloffensive gleichkommt. Neben der Quattroporte-Normalversion gibt's ab sofort auch die Varianten Executive GT und Sport GT. Jetzt ist also für jeden was dabei: der Quattroporte für "Einsteiger", die Chauffeur-Version und das Modell für dynamische Selbstfahrer. Egal welcher, Stil beweisen alle drei.

Birkel oder Barilla? Natürlich haben deutsche Eiernudeln gegen Penne all'arrabbiata keine Chance. Da mögen sich Mercedes & Co noch so anstrengen, die Stilsicherheit und Eleganz des italienischen Designs sind unerreicht. Kein anderer Luxus-Viertürer hat eine derart skulpturenhafte Linienführung. Kaum einer ist aggressiver. Besonders gilt das für den Sport GT. Satte 8400 Euro mehr als das Grundmodell kostet der Dynamiker. Erkennbar wird die Zusatzinvestition am schwarzen Maschengitter-Grill, Sport-GT-Logo auf der B-Säule, an Bremssätteln in Titanium-Lack, rotkonturiertem Dreizack und 20-Zoll-Rädern.

Wie eine E-Gittare in einem Streichkonzert

Typische Scharfmacher-Schminke wird auch innen aufgetragen. Hier gibt es Carbon statt Holz, die Pedale sind aus Aluminium. Mehr als nur Kosmetik findet unterm Blech statt. Maserati hat die serienmäßige Duoselect-Schaltung – die Gänge werden automatisch oder manuell per Lenkrad-Schaltwippen gewechselt – schneller gemacht.

Im Sportmodus ist der Fahrstufen-Wechsel durchschnittlich 35 Prozent zügiger. Entsprechend ruppig geht es zur Sache. Der 4,2-Liter-Achtzylinder liefert eigentlich genug Drehmoment, um in hohen Gängen entspannt durch die Stadt zu rollen. Statt dessen wählt die Getriebeelektronik niedrige Fahrstufen. Nervös röhrt der 400-PS-Motor hochtourig von Ampel zu Ampel. Das wirkt so deplaziert, als platze eine E-Gitarre in die Harmonie eines klassischen Streichkonzertes. Fummelig ist das Einlegen des Rückwärtsgangs mit dem kleinen Silber-Hebel auf der Mittelkonsole. Ist er drin, piept der Quattroporte penetrant und nervtötend. Handschaltung oder Wandlerautomatik wäre eine nette Option. Der Sport GT nimmt sein Abzeichen eben wörtlich, und wer es mag, kommt auf seine Kosten.

Ist die Sport-Taste gedrückt und manuelle Schaltung gewählt, geht es extrem vorwärts. Zügig dreht der rassige Sportmotor über die 7000-Touren-Marke und kreischt so metallisch hart, wie das sonst nur Ferrari beherrscht. Auf kurvigen Landstraßen wird auch die Schaltarbeit zur puren Lust. Kurz die rechte Wippe ziehen, blitzartig schaltet das Getriebe fast ohne Zugkraft-Pause hoch. Noch mehr Spaß macht das Runterschalten: Links ziehen, schon faucht der Motor mit giftigem Zwischengas.

Technische Daten, Fahrleistungen und Preis

Auch das Einlenkverhalten des fünf Meter langen Autos ist eine Freude. Dank Front-Mittelmotor und Transaxle-Bauweise ist die Massenverteilung fast ideal. Nur 47 Prozent des Gewichts liegen vorn und machen den Maserati beispielhaft agil bei Richtungsänderungen. Weniger verbindlich präsentiert sich die Bremse. Bei scharfer Verzögerung wirkt das Pedal zu weich, ein klar definierter Druckpunkt fehlt.

Ebenso ist die Sitzposition nicht für jeden ideal: Wenig Schenkelauflage und geringer Seitenhalt trüben das Ergebnis. Zu den Besonderheiten des Sport GT zählt das straffer abgestimmte Skyhook-Fahrwerk, bei dem Magnetventile die Stoßdämpfer regulieren und so Karosserieneigungen reduzieren. Diese Verhärtung ist allerdings von zweifelhaftem Wert. Zusammen mit den riesigen Reifen (vorn 245/35, hinten 285/30) sinkt der ohnehin mäßige Abrollkomfort weiter. Über schlechte Straße rumpelt der Maserati unelegant. Polternde Achsen und Lenkradschläge passen nicht zum optisch galanten Auftritt.

Von all dem ahnen Giuseppe und Franco herzlich wenig. Für sie ist der Quattroporte eine schöne Sinfonie auf Rädern. Nur eines würden sie verbessern: "Der herrliche Motor mit den roten Zylinderköpfen versteckt sich zu sehr. Der muß besser zu sehen sein", meint Giuseppe. Recht hat er.

Technische Daten: V8 • vier Ventile pro Zylinder • vier obenliegende Nockenwellen • Hubraum 4244 cm³ • Leistung 294 kW (400 PS) bei 7000/min • max. Drehmoment 451 Nm bei 4500/min • Heckantrieb • automatisiertes Sechsganggetriebe • Einzelradaufhängung • Kofferraum 450 l • Tank 90 l • Länge/Breite/Höhe 5052/1895/ 1438 mm • Reifen vorn 245/35 ZR 20, hinten 285/30 ZR 20 • Leergewicht 1860 kg • Spitze 275 km/h • 0–100 km/h in 5,2 s • Verbrauch 15,8 l SP/100 km • Preis: 115.600 Euro