Dumpf röchelt der Doppel-Turbo

Petrus fühlt sich an diesem Tag herausgefordert: Drohend schickt er aus der Ferne mächtiges Gewittergrollen. Faszinierend – doch noch eindrucksvoller ist der Klang der zwei getunten Maserati von Modena Performance. Zum Beispiel der des silbernen Ghibli. Dumpf röchelnd giert der Doppel-Turbo nach Luft. Und davon verträgt er eine ganze Menge. Beeindruckende 305 PS bei nur 1996 cm3 Hubraum leistete der Ghibli bei seiner Vorstellung im Jahr 1992.

Grund für die kleine Maschine damals: die italienische Luxussteuer, die auch vor Autos nicht Halt machte. Bei allem mit mehr als zwei Liter Hubraum griff der Fiskus gierig zu. Steuer hin oder her – den Maserati-Spezialisten aus Neustadt an der Weinstraße (Modena Performance, Telefon: 06327/ 9770-11) war die Literleistung zu mager. Mitarbeiter Tim Braun, stolzer Besitzer des perfekt erhaltenen Ghibli aus dem letzten Baujahr 1997, pflanzte in den Motor zwei größere, kugelgelagerte Turbolader aus dem 1998 präsentierten 3200 GT.

Außerdem installierte er einen statischen Zündverteiler und Wastegate-Ventile für besseres Ansprechverhalten. Mit anderen Einspritzdüsen, einer Edelstahl- Auspuffanlage und einer modifizierten Motorelektronik kommt der Modena Ghibli nun auf 405 PS (max. Drehmoment 495 Nm) bei nach wie vor nur zwei Liter Hubraum. Rechnerisch ergibt sich daraus die rekordverdächtige Literleistung von 202,5 PS.

Satte Gasannahme auch bei über 250 km/h

Das neue Maserati Coupé "CC di Modena" kann da nicht ganz mithalten. Bei der absoluten Leistung natürlich locker – 405 ist auch hier Maßzahl, allerdings in Kilowatt. Das ergibt 551 PS mit einem gewaltigen Drehmoment von 625 Nm – hervorgerufen durch den Einbau zweier Kompressoren mit Riemenantrieb zuzüglich Alu-Ladeluftkühler, neuer Schalldämpfer- und Zündanlage sowie auf 8000 Umdrehungen pro Minute (Serie 7500) heraufgesetzter Drehzahlgrenze.

Die Höchstgeschwindigkeit gibt Modena-Chef Florian Ebersoldt zurückhaltend mit "mehr als 300 km/h" an. "Bei der Beschleunigung auf Tempo 100 versprechen wir aber nicht mehr als für die Serie, die Kraft bekommt man nicht auf die Straße." Macht realistische 4,9 Sekunden auf 100 km/h für ein 1,6 Tonnen schweres Auto. Doch die Stärke des getunten GT ("Gran Turismo") liegt eh jenseits aller Richtgeschwindigkeit.

Bei freier Autobahn mit voll geöffneten Drosselklappen schickt der Bi-Kompressor eine donnernde Fanfare voraus, um dann mit unaufhörlichem Druck Richtung 300 km/h zu preschen. Imposant, mit wie viel Schub der 4,2-Liter-V8 selbst oberhalb von 250 km/h Gas annimmt. Beruhigend, dass der "CC di Modena" dank Zehn-Kolben-Alu-Bremssätteln und 350-mm-Keramikscheiben jederzeit kraftvoll zubeißt.

Wastegate-Ventile lassen hörbar Dampf ab

Auf schnellen Landstraßen macht der Cambiocorsa nicht weniger Spaß. Wer sich an die Lenkrad-Paddles gewöhnt hat, die durch optimierte Getriebe-Software im Sport-Modus um die Hälfte schneller schalten als das Serienpendant, kommt rasant vorwärts – und sollte mit geöffneten Fenstern fahren. Das automatische Zwischengas beim Runterschalten macht einen Besuch beim nächsten Formel-1- Rennen überflüssig – versprochen! Beim Ghibli folgt dem typischen Turboröcheln und dem Ladedruckanstieg beim Gangwechsel ein erleichtertes "Dampfablassen" der Wastegate-Ventile.

Optisch weiß der Ghibli mit seiner zeitlosen Karosserie zu überzeugen. Kantig und wuchtig kommt er daher wie ein geschliffenes Vierkantholz. Und wehe, es kracht dir ins Kreuz ... Bei gerader und trockener Strecke noch ein Genuss, wandelt sich das Vergnügen bei zu wagemutig angegangenen Kurven blitzschnell. Dann hilft auch das serienmäßig einstellbare Fahrwerk nicht mehr – der Ghibli setzt zur Karussellfahrt an.

Im Innenraum erwartet den Fahrer eine Zeitreise in die 80er: Leder, Alcantara und Nussbaumholz im Überfluss. Die Ladedruckanzeige sieht aus wie der Farbmix eines Carlo-Colucci-Pullovers, die Hupe (Lenkradhebel) klingt fröhlich nach Eisverkäufer. Und die faltig-knirschenden Ledersitze gehen vielleicht als Maßanfertigung für italienische Regierungschefs durch. Ab 1,80 Meter Körpergröße drückt die Kopfstütze dann doch etwas – im Schulterblatt.

Technische Daten und Fahrleistungen

Der Ghibli war der letzte Sportwagen ganz im Zeichen von "Il Tridente" ("Dreizack"), seit 1997 haben Fiat und Ferrari das Sagen. Die Sitze sind seitdem angepasst, im Innenraum dominiert aber immer noch Leder. Die Qualität ist spürbar besser als früher, technisch wie optisch. Leider fehlen Details wie die eingravierten Embleme an den Türgriffen. Der Sound der Motoren ist geblieben. Maserati eben: dunkel, grollend. Vom heiseren Kreischen eines Ferrari deutlich distanziert, auch wenn die Motoren künftig eine gemeinsame Plattform bilden sollen.

Der kürzlich verstorbene Sir Peter Ustinov, Allroundgenie und Maserati-Fan, hätte jedenfalls an diesen beiden seine Freude gehabt: "Das Motorgeräusch eines Ferrari erinnert mich an den Bohrer meines Zahnarztes ..."

Modena Ghibli 2.0 V6, zwei Turbolader • 4 Ventile je Zylinder • vier oben liegende Nockenwellen • Hubraum 1996 cm3 • Leistung 298 kW (405 PS) bei 7500/min • max. Drehmoment 495 Nm bei 4800/min • Heckantrieb • manuelles Sechsganggetriebe • Einzelradaufhängung rundum • Tankinhalt 82 Liter • Länge/Breite/Höhe 4223/1775/1300 mm • Reifen 225/45 ZR 17 vorn, 255/45 ZR 17 hinten • Leergewicht 1365 kg • Höchstgeschwindigkeit mehr als 280 km/h • 0-100 km/h in 5,0 Sekunden

Modena Coupé CC V8, zwei Kompressoren • 4 Ventile je Zylinder • vier oben liegende Nockenwellen • Hubraum 4244 cm3 • Leistung 405 kW (551 PS) bei 6780/min • max. Drehmoment 625 Nm bei 5810/min • Heckantrieb • sequenzielles Sechsganggetriebe • Doppelquerlenker rundum • Tankinhalt 88 Liter • Länge/Breite/Höhe 4523/1822/1305 mm • Reifen 245/35 R 19 vorn, 275/30 R 19 hinten • Leergewicht 1620 kg • Höchstgeschwindigkeit mehr als 300 km/h • 0-100 km/h in 4,9 Seunden