Preisfrage: Was kostet 143.693 Euro? Nein, nicht das vorstädtische Reihenmittelhaus, sondern der getestete CLS 63 AMG – 2008 als Neuwagen. Acht Jahre und knapp 90.000 werkstattgepflegte Kilometer später steht er für 33.890 Euro auf dem Hof von Nord-Ostsee-Automobile in Marne/Schleswig-Holstein (www. nord-ostsee-automobile.de). Im Neuwagen-Showroom lockt sein kleiner Bruder, ein CLA 180. Ladenneu, ab 29.250 Euro. Mit ein paar Extras liegt er locker auf CLS-Niveau.

Beim Design liegt der CLA ziemlich eindeutig hinten

Mercedes CLA
Nicht ganz überzeugend: Der Frontüberhang des CLA ist zu lang, das Vorderrad steht zu nah an der Tür.
Zwei trendige Typen mit Stern: 122 gegen 514 PS, 1,6-Liter-Vierzylinder-Turbo gegen 6,2-Liter-V8-Sauger, nackte Hütte gegen Kaminzimmer-Opulenz, automobile Vernunft gegen Vollfettstufe. AUTO BILD wagt den Vergleich. Zunächst einmal optisch, schließlich bleibt das Design elementarer Kaufgrund. Beiden teilen sich die markante, außergewöhnlich flache und bogenförmig verlaufende Fensterlinie und den großen Stern in der klassischen Coupé-Motorhaube. Schaut man sich die beiden Trendsetter von der Seite an, ergeben sich jedoch erhebliche Unterschiede: Der CLA steht auf der Frontantriebs-Plattform der A-Klasse, der vordere Überhang ist zu lang, der Abstand zwischen Vordertür und Vorderrad zu gering – die Proportionen wirken unausgewogen.
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Der CLS hat nichts von seiner Faszination verloren

Mercedes CLS
Gelungenes Design: Der CLS ist imposant, harmonisch, fließend – und immer noch eindrucksvoll.
Ganz anders der CLS: Der Hecktriebler streckt sich auf fast fünf Meter Länge, duckt sich tiefer als der CLA und nimmt einen Großteil der Straßenbreite ein. Imposant, harmonisch, fließend – und immer noch eindrucksvoll. So geht Mercedes. Und wie der geht! Die 514 PS legen sich derart vehement ins Zeug, dass der Fahrer sich in einer Boden-Boden- Rakete wähnt. Nach zehn Sekunden steht die Tachonadel auf 160 km/h. Wie sich das anfühlt? Betörend! Wer es zum ersten Mal erlebt, kommt aus dem Dauergrinsen nicht mehr heraus. Dabei macht der AMG-befeuerte CLS nicht auf Krawall, sondern pusht seine Insassen geschmeidig und blitzartig gen Horizont. Elementarer Teil dieses Erlebnisses ist der Klang: Vorn bollert der famose, frei atmende 6,2-Liter-V8, hinten brabbelt es aus der Vierrohr-Abgasanlage gedämpft in den gediegenen, fein belederten Innenraum. Der acht Jahre alte CLS 63 AMG kann es immer noch: ein emotionales Feuerwerk entzünden.
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Das gelingt dem CLA nicht. Dennoch bietet er etwas, das typisch Mercedes ist: Er fährt völlig unaufgeregt, sehr sicher, und mit dem aufpreispflichtigen Dynamic-Select-Fahrwerk federt er auch gut. In einigen Bereichen ist der Kleine dem Großen sogar haushoch überlegen: So arbeitet die Lenkung des CLA um Längen präziser und direkter, ohne nervös zu wirken. Dazu wiegt der CLA rund eine halbe Tonne weniger als der CLS, das Handling ist nicht nur in Kurven erheblich leichtfüßiger.

Ein Mercedes-AMG ist nichts für den schmalen Geldbeutel

Mercedes CLS
Den muss man sich leisten können: Reparaturen am CLS 63 AMG sind teuer, der Durst nach Sprit ist enorm.
Über Assistenz-, Navigations- und Infotainmentsysteme wollen wir hier nicht viele Worte verlieren: Da hat sich in den letzten Jahren enorm viel getan. Doch das düsterste Kapitel unseres tiefschwarzen CLS sind die Unterhaltskosten. Unser Testexemplar genoss stets regelmäßige Wartung bei Daimler – gut so, denn verschleißbedingte Reparaturen kosten oft ein kleines Vermögen. Beispiel Bremsanlage: Die Erneuerung der AMG-spezifischen Scheiben und Beläge ringsum haut mit knapp 3500 Euro rein! Zum Vergleich: Die gleiche Reparatur am CLA kostet rund 800 Euro. Kein Wunder also, dass viele günstig in der dritten Kiesplatzreihe angebotene Vierthand-CLS immensen Bedarf an Verschleißreparaturen und Wartung zeigen. Enorme finanzielle Zuwendung wird zudem an der Zapfsäule nötig.
Der 80-Liter-Tank verlangt bei forcierter Fahrt alle 320 Kilometer nach edlem Super plus. 25 Liter gehen schnell durch die Düsen. Der 180er nippelte im Test alle 100 Kilometer bescheidene 6,3 Liter Super aus dem Tank. Zwei CLA 180 sind im Unterhalt günstiger als ein CLS 63 AMG – machen aber nicht mal halb so viel Spaß.
Technische Daten Mercedes CLA 180:Motor: Vierzylinder, Turbo, vorn quer • Hubraum: 1595 cm³ • Leistung: 90 kW (122 PS) bei 5000/min • max. Drehmoment: 200 Nm bei 1250/min • Vmax: 210 km/h • 0–100 km/h: 9,0 s • Testverbrauch: 6,3 l S • Antrieb: Vorderradantrieb, Sechsganggetriebe • Tankinhalt: 50 l • L/B/H: 4640/1777/1432 mm • Leergewicht: 1440 kg (Messwert) • Kfz-Steuer: 94 Euro • Haftpflicht: 549 Euro* • Vollkasko: 987 Euro* • Inspektion: 300-500 Euro • Preis: ab 29.250 Euro
Technische Daten Mercedes CLS 63 AMG: • Motor: V8, vorn längs • Hubraum: 6208 cm³ • Leistung: 378 kW (514 PS) bei 6800/min • max. Drehmoment: 630 Nm bei 5200/min • Vmax: 300 km/h (mit AMG Performance Package) • 0–100 km/h: 4,5 s • Testverbrauch: 16,9 l SP • Antrieb: Hinterrad, Siebenstufen-Automatik • Tank: 80 l • L/B/H: 4915/1873/1389 mm • Leergewicht: 1980 kg (Messwert) • Kfz-Steuer: 425 Euro • Haftpflicht: 927 Euro* • Vollkasko: 2826 Euro* • Inspektion: 500-600 Euro • Preis: 33.890 Euro (Baujahr 2008)
* Onlinetarif der HUK24-Versicherung: Zulassung in Hamburg, Fahrer nur Versicherungsnehmer und Partner (25 Jahre alt), jährliche Fahrleistung 15.000 km, Schadensfreiheitsklasse 1

Fazit

Gegenüber gefühlsgewaltiger AMG-V8-Power wirkt ein CLA 180 karg und reizlos. Wer seinen Emotionen freien Lauf lässt und mindestens 10.000 Euro für Folgekosten auf der Kante hat, kann das Wagnis bei einem scheckheftgepflegten Exemplar eingehen. Wer auf Alltagstauglichkeit und modernste Technik wert legt, greift zum CLA.