Neuzulassungs-Rückgang von 14 Prozent

Der zweiwöchige Streik in der deutschen Metall- und Elektroindustrie hat nach Meinung von Experten den Absatz der Automobilbranche drastischer einbrechen lassen als zunächst vorausgesagt. Nach Angaben des europäischen Verbandes der Automobilhersteller (ACEA) wurden in Deutschland im Monat Mai 284.000 Autos neu zugelassen. Das sind rund 14 Prozent weniger Fahrzeuge als im Mai 2001. Damit fiel der Rückgang hier zu Lande höher aus als in den EU-Nachbarländern.

Der Arbeitskampf habe sich psychologisch negativ auf die Kauffreudigkeit ausgewirkt, sagte der Präsident des Verbands der Automobilindustrie (VDA), Bernd Gottschalk, der Tageszeitung DIE WELT. Zudem habe auch die geringere Zahl von Arbeitstagen im Mai die Monatszahlen belastet. Gottschalk macht aber vor allem die schwache Konjunktur sowie die durch die Öko- und Versicherungssteuer gestiegenen Mobilitätskosten für den Rückgang verantwortlich. Der VDA-Präsident fügte aber hinzu, man solle die Zahlen eines einzigen Monats nicht überbewerten. Zudem komme noch immer fast jedes zweite neu zugelassene Fahrzeug in Westeuropa von einem deutschen Hersteller.

"Unabhängig von den Sondereffekten sind die Zahlen für Mai schlecht", kommentierte Robert Puttmann, Autoanalyst des Hamburger Bankhauses M.M. Warburg. Er warnte aber vor überzogenen Reaktionen: "Wir müssen den Juni noch abwarten, um zu sehen, ob der deutliche Rückgang von Dauer ist." Skeptisch zeigte sich Puttmann auch für das Gesamtjahr. "Die makroökonomischen Fakten lassen keinen Anlass für Optimismus erkennen", sagte der Analyst. Er rechnet mit einem fünf Prozent geringeren Autoabsatz als im Vorjahr.

Gewinner Toyota

Bessere Zahlen erwartet das Essener Marktforschungsunternehmen Marketing-Systems (MS). "Wir gehen für das Gesamtjahr von 3,25 Millionen abgesetzten Fahrzeugen aus. Das wäre ein Rückgang von 2,8 Prozent", sagte MS-Experte Ulrich Winzen. Hauptgrund sei die Unsicherheit bei den Kunden. "Das Problem der gefühlten und wirklichen Inflation ist ein großes Thema. Die Menschen sind zurückhaltender und sparen lieber bei hochpreisigen Gütern", so Winzen.

Schlechte Zulassungszahlen gibt es auch für die anderen 15 EU-Länder sowie Island, Norwegen und Schweiz. Zusammengenommen ging der Pkw-Absatz in diesen Ländern im Durchschnitt um acht Prozent zurück. Insgesamt meldeten die Kunden nur noch 1,29 Millionen Personenfahrzeuge neu an. Damit verschärft sich die Situation der Autobauer in Westeuropa. Bereits in den ersten fünf Monaten dieses Jahres sank die Zahl der Neuzulassungen um 3,8 Prozent.

Die deutschen Automarken haben bei den Neuzulassungen deutlich gelitten. Volkswagen verzeichnete im Mai, verglichen mit dem Vorjahr, ein Minus von neun Prozent. Bei Audi betrug der Rückgang 8,4 Prozent, bei Mercedes 4,7 Prozent und bei BMW 3,1 Prozent. Bei den ausländischen Marken traf es besonders die Fiat-Gruppe mit minus 22,6 Prozent. Großer Gewinner unter den Autobauern ist Toyota. Die Japaner verbuchten ein Plus von 20,3 Prozent, in erster Linie dank des neuen Corolla.