Michael Schumacher und Ferrari
Hinter der Maske des Buhmanns

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Schumis kritisierter Österreich-Sieg mit Teamorder war auch in Monaco Topthema. Die Fans gaben ihm Contra wie nie. Simpler Grund für den unsportlichen Gehorsam: Angst vor Zwist mit den Bossen.
Die Nummer Eins mauert
Das Monaco-Wochenende war schon versaut, bevor es richtig begonnen hatte. Diesmal kamen die Pfiffe und Buhrufe, die Michael Schumacher am Donnerstag auf seinem Marsch vom Fahrerlager zur Boxengasse vom Felshang oberhalb der letzten beiden Kurven an den Kopf knallten, aber nicht so unerwartet wie zwei Wochen zuvor nach dem Grand Prix Österreich. Trotzdem, der lautstarke Protest der Fans traf Schumi wieder tief. Da konnte er noch so stur geradeaus starren. Seine extrem auf Schmalspur gestellten Lippen verrieten ihn.
Der knapp 200 Meter lange Weg zur Ferrari-Garage brachte die bittere Erkenntnis: Die meisten Menschen haben nach wie vor einfach kein Verständnis dafür, dass der Weltmeister sich beim Rennen in Spielberg den Sieg über Ferrari-Kollege Barrichello per Boxenbefehl schenken ließ. Dafür hätte er ihnen schon mehr erklären müssen als: "Ich habe auch gezweifelt und dachte: Muss das sein?"
Über das, was in jenen ominösen letzten sieben Runden des Österreich-WM-Laufs in seinem Kopf und Cockpit genau ablief, redet Michael Schumacher nur privat. Abblocken scheint ihm wieder mal die bessere Alternative als Aufklärung. Eine Krankheit, an der viele in der Formel 1 leiden. In Monte Carlo mauerte die Ferrari-Nummer-eins weiter. WM-Titel seien ihm und seinem Arbeitgeber wichtiger als Sympathiepunkte. Er wollte einfach nicht drauf einsteigen, dass das Publikum die heutige Formel 1 weiterhin partout als fairen Sport betrachten will und immer noch nicht als das brutale Geschäft, das sie seit zwei Jahrzehnten längst ist.
Der knapp 200 Meter lange Weg zur Ferrari-Garage brachte die bittere Erkenntnis: Die meisten Menschen haben nach wie vor einfach kein Verständnis dafür, dass der Weltmeister sich beim Rennen in Spielberg den Sieg über Ferrari-Kollege Barrichello per Boxenbefehl schenken ließ. Dafür hätte er ihnen schon mehr erklären müssen als: "Ich habe auch gezweifelt und dachte: Muss das sein?"
Über das, was in jenen ominösen letzten sieben Runden des Österreich-WM-Laufs in seinem Kopf und Cockpit genau ablief, redet Michael Schumacher nur privat. Abblocken scheint ihm wieder mal die bessere Alternative als Aufklärung. Eine Krankheit, an der viele in der Formel 1 leiden. In Monte Carlo mauerte die Ferrari-Nummer-eins weiter. WM-Titel seien ihm und seinem Arbeitgeber wichtiger als Sympathiepunkte. Er wollte einfach nicht drauf einsteigen, dass das Publikum die heutige Formel 1 weiterhin partout als fairen Sport betrachten will und immer noch nicht als das brutale Geschäft, das sie seit zwei Jahrzehnten längst ist.
Schumi musste gewinnen
Dabei haben der Sportsmann und der Geschäftsmann in Österreich einen heftigen Gewissenskonflikt im Schumi-Hinterkopf ausgefochten. "Seid ihr wirklich sicher, dass dies die richtige Entscheidung ist?", hat der Titelverteidiger nach dem befohlenen Plätzetausch zum Ferrari-Kommandostand gefunkt. "Ja", hieß die knappe wie klare Antwort. Was den geschäftlichen über den sportlichen Schumi siegen ließ, wissen nur wenige. Und sollen nach dem Willen des Gewinners eigentlich auch nur wenige wissen.
Wir konnten die Gründe in Monte Carlo enthüllen und drucken sie hier. Weil wir finden: Je besser die Öffentlichkeit Bescheid weiß, je fairer kann sie nach den zwei Wochen Schumi-Hetzjagd urteilen. Warum sich Schumi also in Österreich dem Boxenbefehl nicht widersetzte und Teamgefährte Barrichello nicht gewinnen ließ: Zum einen wollte Michael Schumacher seine Ferrari-Vorgesetzten nicht vor aller Welt zu machtlosen Statisten degradieren. Hätte er sich über seinen Vertrag hinweggesetzt, der auch ihn zu absolutem Gehorsam verpflichtet, wäre er nach außen der ehrbare und gefeierte Sportsmann gewesen. Sein hartnäckig schlechter Ruf als rücksichtsloser Rempler, als "piefiger Ehrgeizling", wie der "Stern" ihn zuletzt geißelte, wäre mit einem Schlag ausradiert gewesen.
Nach innen hätte die Befehlsverweigerung keine solch positive Wirkung gehabt. Sportchef Jean Todt und Technikchef Ross Brawn hätten vor der Öffentlichkeit, vor allem aber vor der Ferrari-Belegschaft, verdammt schlecht ausgesehen. Wie unmündige Schuljungen, denen Schumi vor aller Welt gezeigt hätte, dass ihre Chefrollen im Grunde wertlos sind.
Wir konnten die Gründe in Monte Carlo enthüllen und drucken sie hier. Weil wir finden: Je besser die Öffentlichkeit Bescheid weiß, je fairer kann sie nach den zwei Wochen Schumi-Hetzjagd urteilen. Warum sich Schumi also in Österreich dem Boxenbefehl nicht widersetzte und Teamgefährte Barrichello nicht gewinnen ließ: Zum einen wollte Michael Schumacher seine Ferrari-Vorgesetzten nicht vor aller Welt zu machtlosen Statisten degradieren. Hätte er sich über seinen Vertrag hinweggesetzt, der auch ihn zu absolutem Gehorsam verpflichtet, wäre er nach außen der ehrbare und gefeierte Sportsmann gewesen. Sein hartnäckig schlechter Ruf als rücksichtsloser Rempler, als "piefiger Ehrgeizling", wie der "Stern" ihn zuletzt geißelte, wäre mit einem Schlag ausradiert gewesen.
Nach innen hätte die Befehlsverweigerung keine solch positive Wirkung gehabt. Sportchef Jean Todt und Technikchef Ross Brawn hätten vor der Öffentlichkeit, vor allem aber vor der Ferrari-Belegschaft, verdammt schlecht ausgesehen. Wie unmündige Schuljungen, denen Schumi vor aller Welt gezeigt hätte, dass ihre Chefrollen im Grunde wertlos sind.
Besser gedacht, schlechter gehandelt
Wenn Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo wie jetzt in Monte Carlo diesen beiden Superhirnen öffentlich in die Parade fährt ("Eine Stallorder in dieser Form wird es bei Ferrari nie, nie wieder geben. Wir haben gelernt!"), ist das was anderes. Hätte sich Michael Schumacher als erster Steuermann zum Offizier aufgeschwungen, wären hinter den Kulissen die Fetzen geflogen. Das wusste der bestbezahlte Angestellte der Scuderia ganz genau.
Todt und Brawn hätten ihren Job wohl nicht gleich hingeschmissen. Aber das Vertrauensverhätlnis zu ihrem deutschen Liebling wäre bös gestört gewesen. Die Stabilität und Harmonie, die der ältere der Schumacher-Brüder nicht nur in seiner Ehe und Familie so dringend zum Wohlfühlen braucht, wäre ins Wanken geraten. Und damit womöglich auch die lange und hart erkämpfte Überlegenheit des Teams Schumi-Ferrari.
Diese Sorge steckt auch hinter dem zweiten Grund für Schumis Gehorsam: Je früher sie 2002 die WM gewinnen, je früher können sie sich voll aufs 2003er Auto konzentrieren. Der wohl wichtigste Punkt, um die derzeitige technische Überlegenheit längerfristig zu retten. Als Schumi im Ziel von Spielberg dann dem lauten Protest der Zuschauer hörte, bereute sein Herz die Kopfentscheidung gegen den auch für ihn klar verdienten Barrichello-Sieg. Deshalb diese hilflose Aktion, den Brasilianer doch ganz oben aufs Podest zu schieben. Das passiert halt, wenn man erkennt: besser gedacht und doch schlechter gehandelt. Aber so geht's ja nicht nur dem Mensch Schumi.
Todt und Brawn hätten ihren Job wohl nicht gleich hingeschmissen. Aber das Vertrauensverhätlnis zu ihrem deutschen Liebling wäre bös gestört gewesen. Die Stabilität und Harmonie, die der ältere der Schumacher-Brüder nicht nur in seiner Ehe und Familie so dringend zum Wohlfühlen braucht, wäre ins Wanken geraten. Und damit womöglich auch die lange und hart erkämpfte Überlegenheit des Teams Schumi-Ferrari.
Diese Sorge steckt auch hinter dem zweiten Grund für Schumis Gehorsam: Je früher sie 2002 die WM gewinnen, je früher können sie sich voll aufs 2003er Auto konzentrieren. Der wohl wichtigste Punkt, um die derzeitige technische Überlegenheit längerfristig zu retten. Als Schumi im Ziel von Spielberg dann dem lauten Protest der Zuschauer hörte, bereute sein Herz die Kopfentscheidung gegen den auch für ihn klar verdienten Barrichello-Sieg. Deshalb diese hilflose Aktion, den Brasilianer doch ganz oben aufs Podest zu schieben. Das passiert halt, wenn man erkennt: besser gedacht und doch schlechter gehandelt. Aber so geht's ja nicht nur dem Mensch Schumi.
Schumi - das Extremgenie
Michael Schumacher • geboren: 3. Januar 1969 • Geburtsort: Hürth • Wohnort: Vufflens (Schweiz) • Familienstand: verheiratet mit Corinna, zwei Kinder • erlernter Beruf: Kfz-Mechaniker • Hobbys: Familie, Fußball
Seit seinem ersten Formel-1-Auftritt sorgte er gleichermaßen für Superfahrleistungen und Megakontroversen. Vor allem 1994: Siege in Serie, Verdacht auf illegale Traktionskontrolle, Flaggenskandal, Rennsperre und nach Rempelei mit Damon Hill erstmals Weltmeister. Titel 1995 souverän verteidigt. Neuer Streit mit Hill und die verkaufte Hochzeit sorgen für weitere Diskussionen.
1996 Wechsel zu Ferrari. Fängt quasi bei null an und fällt wegen schlampiger Technik dauernd aus. Doch er glaubt an seine Vision der wieder weltmeisterlichen Scuderia. Findet in Sportchef Jean Todt einen seelenverwandten Partner. Holt 1997 seine Benetton-Toptechniker Ross Brawn und Rory Byrne nach Maranello. Verliert knapp die Weltmeisterschaft und dabei noch mehr Ansehen: Im Finale versucht er Jacques Villeneuve, der ihn mit einer Überholattacke überrascht, rauszurammen. Der Versuch scheitert kläglich. Der Kanadier im Williams-Renault wird Champion, Schumi der Vizetitel aberkannt.
1998 wieder im letzten Rennen knapp sich selbst geschlagen: Motor abgewürgt, Strafstart von hinten. 1999 klarer WM-Favorit bis zum Beinbruch in Silverstone. 2000 endlich erster Ferrari-Weltmeister seit 1979. Und endlich auch im Beruf ein echt netter Kerl. 2001 locker seinen vierten Titel geholt.
Seit seinem ersten Formel-1-Auftritt sorgte er gleichermaßen für Superfahrleistungen und Megakontroversen. Vor allem 1994: Siege in Serie, Verdacht auf illegale Traktionskontrolle, Flaggenskandal, Rennsperre und nach Rempelei mit Damon Hill erstmals Weltmeister. Titel 1995 souverän verteidigt. Neuer Streit mit Hill und die verkaufte Hochzeit sorgen für weitere Diskussionen.
1996 Wechsel zu Ferrari. Fängt quasi bei null an und fällt wegen schlampiger Technik dauernd aus. Doch er glaubt an seine Vision der wieder weltmeisterlichen Scuderia. Findet in Sportchef Jean Todt einen seelenverwandten Partner. Holt 1997 seine Benetton-Toptechniker Ross Brawn und Rory Byrne nach Maranello. Verliert knapp die Weltmeisterschaft und dabei noch mehr Ansehen: Im Finale versucht er Jacques Villeneuve, der ihn mit einer Überholattacke überrascht, rauszurammen. Der Versuch scheitert kläglich. Der Kanadier im Williams-Renault wird Champion, Schumi der Vizetitel aberkannt.
1998 wieder im letzten Rennen knapp sich selbst geschlagen: Motor abgewürgt, Strafstart von hinten. 1999 klarer WM-Favorit bis zum Beinbruch in Silverstone. 2000 endlich erster Ferrari-Weltmeister seit 1979. Und endlich auch im Beruf ein echt netter Kerl. 2001 locker seinen vierten Titel geholt.
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