Der Weg zum autonomen Fahren, das dürfte mittlerweile selbst den optimistischsten Ingenieuren klar geworden sein, ist noch lang. Noch nicht zu hundert Prozent verlässliche Techniken, offene Gesetzesfragen und enorme Kosten stehen dem selbstfahrenden Fahrzeug derzeit noch im Weg. Das heißt aber nicht, dass die Industrie auf der Stelle tritt: Mit immer neuen Assistenzsystemen und Helferlein werden kleine Schritte in Richtung autonomes Fahren gemacht. Das Problem: Notbrems-Assistent, Totwinkel-Warner oder Spurhalter sind nur in neueren Modellen verfügbar. Wer ein altes Auto fährt oder einen Gebrauchten kauft, bei dem der Vorbesitzer auf die Assistenzarmada verzichtet hat, sieht in der Regel alt aus. Es gibt allerdings auch Helfer zum nachträglichen Einbauen.

Auffahr-, Spurhalte und Tempo-Warner zum Nachrüsten

Assistenten für alle
Die Kamera wird hinter der Windschutzscheibe installiert, auf einem Extra-Display erscheinen die Warnungen.
Mobileye, eines der führenden Unternehmen im Bereich Fahrerassistenzsysteme, arbeitet in seinen Forschungslaboren am autonomen Fahren der Zukunft - bietet aber auch im Hier und Jetzt Nachrüstlösungen für alle Autos an. Mit Hilfe einer Kamera hinter der Windschutzscheibe überwacht das Mobileye-System den Verkehr vor dem Auto. Der Fahrer wird über ein separates Display auf dem Armaturenbrett gewarnt, wenn ein Auffahrunfall mit einem anderen Auto oder ein Zusammenstoß mit einem Fußgänger oder Radfahrer droht, er von der Spur abkommt oder er zu dicht auffährt. Außerdem erkennt das System Verkehrsschilder und zeigt das aktuelle Tempolimit ein. Mit rund 1000 Euro inklusive Einbau und der aufwendigen Kalibrierung der Kamera ist das System verhältnismäßig günstig und es kann auch in alten Autos problemlos installiert werden. Der Nachteil: Die Nachrüstlösung warnt den Fahrer lediglich, Eingriffe - zum Beispiele eine selbsttätige Notbremsung - sind nicht möglich.
Für alle, die oft mit großen Transportern und Lkw unterwegs sind, dürfte die nächste Generation des Systems interessant sein, die Mobiley zusammen mit Knorr Bremse entwickelt hat. Für Fahrzeuge ab sechs Meter Länge bietet das israelische Unternehmen,  das seit 2017 übrigens zu Intel gehört, jetzt auch einen Abbiegeassisten zum Nachrüsten an. Eine zusätzliche Kamera am Heck behält den Bereich neben dem Fahrzeug im Blick. Befinden sich Fußgänger oder Fahrradfahrer im Toten Winkel, wird der Fahrer gewarnt - auch hier erfolgt allerdings kein aktiver Bremseingriff.

Der weite Weg zum autonomen Fahren

Erst kürzlich hat Mobileye-Chef Amnon Shashua den flächendeckenden Einsatz von Fahrerassistenzsystemen, die heute schon zahlreiche Unfälle vermeiden oder die Schäden mindern, als ersten Schritt auf seiner Roadmap zum vollautonomen Pkw benannt. Schritt zwei, so Shashua, sind selbstfahrende Robotaxis. Sie umgehen seiner Meinung nach zwei zentrale Probleme des autonomen Fahrens: Die Verfügbarkeit höchst präziser, aktueller Landkarten und rechtliche Grundlagen. Beides ist für die nur in einem abgegrenzten Bereich fahrenden Robotaxis deutlich einfacher zu handhaben als bei individueller, autonomer Mobilität. Außerdem sind Kosten von derzeit mehreren zehntausend Euro für ein Self-Driving System eher von einem Taxi- oder Shuttle-Betrieber aufzubringen, als vom Endkunden.  Die gesammelten Erfahrungen und die kontinuierliche Weiterentwicklung der Robotaxis könne den Herstellern wiederum das nötige Know-how für autonome Serienfahrzeuge bringen. Wann das sein wird, weiß aber auch der Mobileye-Chef noch nicht.  

Von

Michael Gebhardt