Kaugummi ausspucken, Coffee-to-go-Becher wegschmeißen, Zigarettenschachtel aus dem Fenster werfen. Ist keine große Sache? Eben doch, denn die Masse macht's. Die Städte kämpfen mit Müll, die Straßenwacht tut's auch. Allein in Nordrhein-Westfalen werden 16.000 Tonnen Müll jährlich entlang der Autobahnen, Land- und Bundesstraßen eingesammelt. Laut einer Berechnung der TU Darmstadt betragen die Reinigungskosten pro Kilometer 9000 Euro. Das sind bei 12.800 Autobahnkilometern in Deutschland rund 115 Millionen Euro extra. "Der öffentliche Raum ist kein Mülleimer", hat Nordrhein-Westfalens Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) jüngst gesagt und die Kommunen aufgefordert, die Strafen für die Umweltverschmutzung zu erhöhen. Lag die NRW-Bußgeldempfehlung für das Wegwerfen von Kleinstmüll wie Kippen bei 10 bis 25 Euro, stehen neuerdings 100 Euro auf der Liste. Auch Baden-Württemberg hat den Rahmen von 10 bis 15 auf bis zu 250 Euro erhöht. Andere Bundesländer bleiben im Kleinstmüll-Fall moderater.

Hauptverursacher sind Erwachsene zwischen 21 und 30 Jahren

Außerdem sind diese Strafgelder nur Empfehlungen. "Es gibt zwar Musterbußgeldkataloge der jeweiligen Länder, letztlich richten sich die Knöllchen aber nach den Gemeindesatzungen", sagt Arndt Kempgens, Fachanwalt für Verkehrsrecht in Gelsenkirchen. Die Differenzen ergäben sich aus unterschiedlichen regionalen Wertungen. In bewaldeten Gebieten müsse oft mehr gezahlt werden als in der Stadt. Dafür schicken manche Städte neuerdings verstärkt Müll-Detektive los. In Dresden etwa verdoppelte sich die Zahl verhängter Bußgelder für achtlos weggeworfenen Kleinstmüll von 770 Verfahren (2016) auf 1439 (2018) in Höhe von insgesamt 33.000 Euro. Offiziell heißt das Phänomen, Kleinstmüll im öffentlichen Raum achtlos wegzuwerfen, übrigens "Littering". Eine Langzeitstudie der Berliner Humboldt Universität fand dazu heraus: "Hauptverursacher sind junge Erwachsene zwischen 21 und 30 Jahren, gefolgt von Jugendlichen (14 bis 20 Jahre) und älteren Erwachsenen (über 50 Jahre)", so Dr. Rebekka Gerlach. Gründe: Bequemlichkeit, Faulheit und Gleichgültigkeit.
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Bei schweren Verstößen sind Freiheitsstrafen möglich

Müll
Altreifen im Wald abladen ist extrem umweltschädlich. Zersetzungsdauer: rund 2000 Jahre.
Ein paar Nummern größer in Sachen Müll und Bußgeld ist das illegale Entsorgen von Autobatterien, Altreifen und kompletten Fahrzeugen – konkret Abfälle wegschaffen, die etwa durch Gifte eine Gefahr für andere oder die Umwelt darstellen. "Bei umwelttechnisch schweren Verstößen geht es um Ordnungswidrigkeiten nach dem Abfallbeseitigungsgesetz, das Ländersache ist. Bußgelder bis 5000 Euro sind dafür vorgesehen. Noch gravierender sind darüber hinaus die drohenden Schadenersatz- und Reinigungskosten", sagt Rechtsexperte Arndt Kempgens. Sogar Freiheitsstrafen sind im Extremfall möglich. Wer etwa Altreifen im Wald ablädt, statt sie ordnungsgemäß beim Reifenhändler oder Recyclinghof zu entsorgen, verstößt gegen Naturschutzrecht, Abfallbeseitigungs- und Landschaftsschutzgesetz gleichermaßen. In Niedersachsen zum Beispiel werden für mehr als fünf Reifen 1000 bis 25.000 Euro Bußgeld fällig. Sogar Massenfunde von 150 illegal abgeladenen Altreifen gab es in der Nähe von Lüneburg. Die Entsorgung übernimmt dann ein kommunaler Abfallentsorger. Wird kein Schuldiger gefunden, trägt die Allgemeinheit die Kosten. Auch für Autobatterien gilt ganz klar: nie in den Hausmüll damit oder an den Parkplatzrand oder in die Natur. Batterien enthalten umweltschädliche Schwermetalle und Schwefelsäure. Eigentlich ist alles bestens geregelt in Deutschland: Laut Batterieverordnung ist jeder Verkäufer verpflichtet, Altteile kostenlos zurückzunehmen. Bei Vorlage des Kaufbelegs gibt es sogar ein Batteriepfand von 7,50 Euro zurück.

Illegale Müllkippen beim Ordnungs- oder Umweltamt melden

Wie soll ich mich verhalten, wenn ich eine illegale Müllkippe entdecke? Einfach beim lokalen Ordnungs- oder Umweltamt melden, auch über die App "Müllweg.de" kann man den Standort an die Behörden weiterleiten. Wer einen Autofahrer beim illegalen Vermüllen erwischt, kann das Kennzeichen der Polizei melden. Rechtsexperte Kempgens: "Das reicht aber nicht aus, wenn der Fahrzeughalter gar nicht der Übeltäter war oder die Tat bestreitet. Im Grunde braucht die Bußgeldbehörde ein Gesicht. Besser ist also ein Foto." Das könnte je nach kriminellem Potenzial allerdings auch gefährlich werden.
Kommentar von Sabine Franz: Die Deutschen sind für Umweltschutz. 82,1 Prozent befürworten strengere Strafen für diejenigen, die (Verpackungs-­)Müll achtlos wegwerfen, so eine aktuelle tns­Infratest­-Umfrage. Es muss ja nicht wie im streng sauberen Singapur enden, wo Stockhiebe und Haft drohen. Es ist so einfach: Wenn jeder Einzelne den nächsten Mülleimer nutzt, steigt die Lebensqualität für alle.

Von

Sabine Franz