Nachruf Giovanni Agnelli
Die Italiener liebten ihn

—
Er hat alles gehabt und alles erreicht, war der große Mann der italienischen Wirtschaft. Über das Leben eines Industriellen, Playboys und Vorzeige-Italieners.
Kapriolen in den Klatschzeitungen
Die letzten Monate wurden zur Qual. Hilflos musste Giovanni Agnelli zusehen, wie das Unternehmen in die Krise schlitterte und die eigene Gesundheit zerfiel. Vom mächtigen Patriarchen war nur ein Schatten geblieben, seine wilden Jahren als Playboy und Frauenheld in der Vergessenheit versunken. Doch selbst die Krankheit vermochte nicht, das markante Äußere "Gianni" Agnellis gänzlich zu entstellen: Sein schlohweißes Haar, das zerfurchte Gesicht, sein gewinnendes Lächeln machten selbst bei seinen letzten öffentlichen Auftritten Eindruck - die Italiener haben ihren "Avvocato" verehrt wie sonst keinen anderen.
"Königliche Ersatzfamilie", nannten Kommentatoren die Agnellis, doch das traf nur die halbe Wahrheit. Was bei dem Lebemann aus Turin hinzukam, war etwas anderes: Ihm schlugen ganz einfach die Herzen der Italiener entgegen - und Agnelli wusste das sehr gut. "Manche Leute erhalten keine Zustimmung, auch wenn sie nur freundlich sind. Andere finden Konsens, auch wenn sie brutal sind. Warum das so ist, ist schwer zu sagen", meinte er einmal - und dabei sprach er nicht nur vom Autogeschäft.
Bevor er 1966 die Führung des Familienunternehmens übernahm, hatte sich "Gianni" (Hänschen) ausgiebig im internationalen Jet-Set getummelt. "Ich spreche nicht gerne über Frauen, ich spreche gerne mit ihnen" – solche Bonmots liebte er. Seine Yacht zählte zu den größten und luxuriösesten an der Côte d'Azur. Auf ihrem Sonnendeck begann die Liason mit Filmschauspielerin Anita Ekberg. "Ist sie nicht ein Vulkan?", soll er gesagt haben. Die Italiener erlebten seine Kapriolen in den Klatschzeitungen mit - und waren stolz auf ihren "Gianni". Später heiratete er die Halbamerikanerin Prinzessin Marella Caracciolo di Castagneto. "Eine Heilige in der Kunst, ihn zu ertragen", meinte ein Freund einmal.
Niemand konnte so genussvoll die Macht zelebrieren wie Agnelli. Legendär sind seine Auftritte in Luxusrestaurants, wenn er lässig ein paar Rühreier bestellte - kein Kellner wagte da die Augenbrauen zu heben. Noch in vorgerückten Alter ließ er souverän die Krawatte aus der Jacke baumeln, knöpfte die Hemden nicht ganz zu - die sorglose Schlampigkeit der Reichen trug er demonstrativ zur Schau.
"Königliche Ersatzfamilie", nannten Kommentatoren die Agnellis, doch das traf nur die halbe Wahrheit. Was bei dem Lebemann aus Turin hinzukam, war etwas anderes: Ihm schlugen ganz einfach die Herzen der Italiener entgegen - und Agnelli wusste das sehr gut. "Manche Leute erhalten keine Zustimmung, auch wenn sie nur freundlich sind. Andere finden Konsens, auch wenn sie brutal sind. Warum das so ist, ist schwer zu sagen", meinte er einmal - und dabei sprach er nicht nur vom Autogeschäft.
Bevor er 1966 die Führung des Familienunternehmens übernahm, hatte sich "Gianni" (Hänschen) ausgiebig im internationalen Jet-Set getummelt. "Ich spreche nicht gerne über Frauen, ich spreche gerne mit ihnen" – solche Bonmots liebte er. Seine Yacht zählte zu den größten und luxuriösesten an der Côte d'Azur. Auf ihrem Sonnendeck begann die Liason mit Filmschauspielerin Anita Ekberg. "Ist sie nicht ein Vulkan?", soll er gesagt haben. Die Italiener erlebten seine Kapriolen in den Klatschzeitungen mit - und waren stolz auf ihren "Gianni". Später heiratete er die Halbamerikanerin Prinzessin Marella Caracciolo di Castagneto. "Eine Heilige in der Kunst, ihn zu ertragen", meinte ein Freund einmal.
Niemand konnte so genussvoll die Macht zelebrieren wie Agnelli. Legendär sind seine Auftritte in Luxusrestaurants, wenn er lässig ein paar Rühreier bestellte - kein Kellner wagte da die Augenbrauen zu heben. Noch in vorgerückten Alter ließ er souverän die Krawatte aus der Jacke baumeln, knöpfte die Hemden nicht ganz zu - die sorglose Schlampigkeit der Reichen trug er demonstrativ zur Schau.
Mehr Autorität hatte nur der Papst
Mut und Draufgängertum gehörten bei ihm dazu. Zuerst im Krieg und bei den Partisanen gegen die Nazibesatzer. Mehr noch später bei waghalsigen Skiabfahrten, auf der Bobbahn in St. Moritz oder beim Kopfsprung vom Hubschrauber neben seine vor Anker liegende Yacht. Der Typ Macho eben, den Italiener lieben. Mit allen Konsequenzen: "Ich habe all die Dinge gemacht, von denen die Ärzte gesagt hatten, es seien unnötige Risiken, deren Folge ich später einmal zu tragen hätte - und jetzt spüre ich sie tatsächlich."
In den letzten Jahren kam Tragik in sein Leben wie in nur wenigen Familien. "Ein Fluch wie bei den Kennedys", titelten römische Zeitungen, als der einzige Sohn Edoardo vor zwei Jahren unter der "Selbstmörder-Brücke" bei Turin mit zertrümmertem Schädel starb. Statt für Autos hatte er sich für fernöstliche Religionen interessiert, als "Aussteiger" hatte ihn die Presse tituliert, als schwarzes Schaf der Familie. Ein paar Jahre zuvor war Giovanni Alberto, der geliebte Neffe des "Avvocato" (Agnelli war Jurist)und designierter künftiger Firmenchef gestorben - Krebs hatte den 33-Jährigen innerhalb weniger Monate hingerafft.
Niemand außer dem Papst könne in Italien eine derartige Autorität beanspruchen wie Giovanni Agnelli, meinten Kommentaroren. Tatsächlich: Wenn der "Avvocato" zwei, drei Mal eine Regierung kritisierte, war deren Sturz programmiert. "Wie die Präsidenten eines Schachclubs", höhnte er einst über die kurzlebigen römischen Regierungen.
Nach seinem Rückzug aus den Tagesgeschäften widmete sich der Senator auf Lebenszeit vornehmlich dem Reisen, dem Sammeln von Kunstwerken sowie Fußball und Formel-1-Rennen. Auch da hatte er das erste Wort: Wenn Ferrari-Star Michael Schumacher mal in einer Formkrise steckte und die Medien über den Deutschen herzogen, dann flog der "Alte" persönlich per Hubschrauber in Modena ein und spendete Trost ("Ich leide mit Ferrari") - die Presse mäßigte dann geflissentlich den Ton. Nur eines gelang dem 81-Jährigen bis zu seinem Tod am 24. Januar 2003 nicht mehr: die Krise im eigenen Haus zu richten.
In den letzten Jahren kam Tragik in sein Leben wie in nur wenigen Familien. "Ein Fluch wie bei den Kennedys", titelten römische Zeitungen, als der einzige Sohn Edoardo vor zwei Jahren unter der "Selbstmörder-Brücke" bei Turin mit zertrümmertem Schädel starb. Statt für Autos hatte er sich für fernöstliche Religionen interessiert, als "Aussteiger" hatte ihn die Presse tituliert, als schwarzes Schaf der Familie. Ein paar Jahre zuvor war Giovanni Alberto, der geliebte Neffe des "Avvocato" (Agnelli war Jurist)und designierter künftiger Firmenchef gestorben - Krebs hatte den 33-Jährigen innerhalb weniger Monate hingerafft.
Niemand außer dem Papst könne in Italien eine derartige Autorität beanspruchen wie Giovanni Agnelli, meinten Kommentaroren. Tatsächlich: Wenn der "Avvocato" zwei, drei Mal eine Regierung kritisierte, war deren Sturz programmiert. "Wie die Präsidenten eines Schachclubs", höhnte er einst über die kurzlebigen römischen Regierungen.
Nach seinem Rückzug aus den Tagesgeschäften widmete sich der Senator auf Lebenszeit vornehmlich dem Reisen, dem Sammeln von Kunstwerken sowie Fußball und Formel-1-Rennen. Auch da hatte er das erste Wort: Wenn Ferrari-Star Michael Schumacher mal in einer Formkrise steckte und die Medien über den Deutschen herzogen, dann flog der "Alte" persönlich per Hubschrauber in Modena ein und spendete Trost ("Ich leide mit Ferrari") - die Presse mäßigte dann geflissentlich den Ton. Nur eines gelang dem 81-Jährigen bis zu seinem Tod am 24. Januar 2003 nicht mehr: die Krise im eigenen Haus zu richten.
Stimmen und Reaktionen auf Agnellis Tod
Mit Giovanni Agnelli hat Italiens Sport seinen größten "Padrone" verloren. Ein halbes Jahrhundert lang prägte der mächtigste Wirtschaftsboss Italiens den Sport des Landes. Der "Avvocato" führte als Präsident und Besitzer den Fußball-Rekordmeister Juventus Turin sowie den legendären Formel 1-Rennstall Ferrari. Als treibende Kraft im Hintergrund holte Agnelli für die Öffentlichkeit höchst überraschend die Olympischen Winterspiele 2006 in seine Heimatstadt Turin. "Gianni Agnelli war einglühender Förderer des Sport", würdigte der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), Jacques Rogge, das verstorbene "IOC-Mitglied ehrenhalber".
"Sein Tod hinterlässt eine nicht zu füllende Leere", erklärte Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo. "Ich widme ihm die Ferrari-Erfolge, wohl wissend, welchen Anteil er an ihnen hatte", sagte Montezemolo, der die Fahnen in Maranello auf Halbmast setzen und alle Mitarbeiter zu einer Schweigeminute versammeln ließ. Mitte der 90er Jahre hatte Agnelli sich mit seinem Vermögen und Einfluss für die kostspielige Verpflichtung von Michael Schumacher stark gemacht und damit das Comeback des ins Mittelmaß abgerutschten Rennstalls eingeleitet. "Jetzt habt ihr den besten Fahrer der Welt, nun gibt es keine Entschuldigungen mehr", hatte Agnelli die Ferari-Crew damals auf Sieg eingeschworen. Schumacher sagt nun: "Ich habe immer tiefen Respekt für ihn empfunden und bin stolz, ihn gekannt zu haben."
Ministerpräsident Silvio Berlusconi würdigte Agnelli als "Protagonisten, der Italien über ein halbes Jahrhundert lang geprägt hat." Staatspräsident Carlo Azeglio Ciampi sagte, Agnelli habe es in kritischen Momenten stets vermocht, "die grundlegenden Werte der nationalen Identität auszudrücken." Ex-Regierungschef Giulio Andreotti rief dazu auf, "die Figur Agnellis auf angemessene Weise zu würdigen, weit über die Trauer an seinem Todestag hinaus." Fiat-Präsident Paolo Fresco sprach von einem "unersetzbaren Verlust".
Papst Johannes Paul II. hat in einem Beileidstelegramm seine Trauer über den Tod des Fiat-Patriarchen ausgedrückt, bezeichnete ihn als eine "Hauptfigur wichtiger Momente der italienischen Geschichte". Agnelli habe sich für das Wohl und die soziale und wirtschaftliche Entwicklung des Landes eingesetzt, schrieb das Oberhaupt der katholischen Kirche.
"Sein Tod hinterlässt eine nicht zu füllende Leere", erklärte Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo. "Ich widme ihm die Ferrari-Erfolge, wohl wissend, welchen Anteil er an ihnen hatte", sagte Montezemolo, der die Fahnen in Maranello auf Halbmast setzen und alle Mitarbeiter zu einer Schweigeminute versammeln ließ. Mitte der 90er Jahre hatte Agnelli sich mit seinem Vermögen und Einfluss für die kostspielige Verpflichtung von Michael Schumacher stark gemacht und damit das Comeback des ins Mittelmaß abgerutschten Rennstalls eingeleitet. "Jetzt habt ihr den besten Fahrer der Welt, nun gibt es keine Entschuldigungen mehr", hatte Agnelli die Ferari-Crew damals auf Sieg eingeschworen. Schumacher sagt nun: "Ich habe immer tiefen Respekt für ihn empfunden und bin stolz, ihn gekannt zu haben."
Ministerpräsident Silvio Berlusconi würdigte Agnelli als "Protagonisten, der Italien über ein halbes Jahrhundert lang geprägt hat." Staatspräsident Carlo Azeglio Ciampi sagte, Agnelli habe es in kritischen Momenten stets vermocht, "die grundlegenden Werte der nationalen Identität auszudrücken." Ex-Regierungschef Giulio Andreotti rief dazu auf, "die Figur Agnellis auf angemessene Weise zu würdigen, weit über die Trauer an seinem Todestag hinaus." Fiat-Präsident Paolo Fresco sprach von einem "unersetzbaren Verlust".
Papst Johannes Paul II. hat in einem Beileidstelegramm seine Trauer über den Tod des Fiat-Patriarchen ausgedrückt, bezeichnete ihn als eine "Hauptfigur wichtiger Momente der italienischen Geschichte". Agnelli habe sich für das Wohl und die soziale und wirtschaftliche Entwicklung des Landes eingesetzt, schrieb das Oberhaupt der katholischen Kirche.
Service-Links