Neues Schadensersatzrecht
Autofahrer unter Druck

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Ein neues Gesetz soll Verkehrsopfer besser stellen – und macht selbst völlig unschuldige Autofahrer für die Folgen eines Unfalls haftbar.
Der Autofahrer ist immer der Dumme
Zwei Grundregeln, sagen motorisierte Zyniker, gelten im deutschen Straßenverkehr. Erstens: rechts vor links. Zweitens: Im Zweifel ist der Autofahrer am Ende immer der Dumme. Regel Nummer zwei wird am 1. August verschärft. Dann tritt ein neues Schadensrecht in Kraft, das den komplizierten Titel "Zweites Gesetz zur Änderung schadenersatzrechtlicher Vorschriften" trägt und genauso kompliziert ist.
Klar ist immerhin: Justitia setzt Autofahrer unter Druck. Weil wir künftig häufiger für Unfälle haften, die wir gar nicht verschuldet haben. Dazu muss man erst mal wissen, dass der Gesetzgeber Autos für eine grundsätzliche Gefahr hält – wie Atomkraftwerke oder Flugzeuge. Deshalb gibt es nicht nur eine Verschuldenshaftung (also wenn man etwas falsch gemacht hat), sondern auch eine Gefährdungshaftung, die sich aus der Betriebsgefahr des Kraftfahrzeugs ergibt. Neu daran ist, dass künftig auch im Fall dieser Gefährdungshaftung Schmerzensgeld bezahlt werden muss.
Mal als Beispiel: Ein Autofahrer wird ohnmächtig, verliert die Kontrolle über seinen Wagen und verletzt einen Menschen. Bisher wurden dem Opfer nur materielle Schäden wie Behandlungskosten ersetzt – weil der Autofahrer ja nichts dafür konnte. Künftig muss der Halter des Unglückswagens über seine Versicherung auch Schmerzensgeld zahlen, sollte das Opfer schwer oder dauerhaft verletzt sein. "Für den Geschädigten spielt es schließlich keine Rolle, ob der Fahrer am Unfall schuld ist oder nicht", sagt Michael Wagner, Leiter der Kfz-Schadenabteilung der Allianz, "die Folgen sind für ihn dieselben." Und die muss der Autofahrer ausbaden.
Klar ist immerhin: Justitia setzt Autofahrer unter Druck. Weil wir künftig häufiger für Unfälle haften, die wir gar nicht verschuldet haben. Dazu muss man erst mal wissen, dass der Gesetzgeber Autos für eine grundsätzliche Gefahr hält – wie Atomkraftwerke oder Flugzeuge. Deshalb gibt es nicht nur eine Verschuldenshaftung (also wenn man etwas falsch gemacht hat), sondern auch eine Gefährdungshaftung, die sich aus der Betriebsgefahr des Kraftfahrzeugs ergibt. Neu daran ist, dass künftig auch im Fall dieser Gefährdungshaftung Schmerzensgeld bezahlt werden muss.
Mal als Beispiel: Ein Autofahrer wird ohnmächtig, verliert die Kontrolle über seinen Wagen und verletzt einen Menschen. Bisher wurden dem Opfer nur materielle Schäden wie Behandlungskosten ersetzt – weil der Autofahrer ja nichts dafür konnte. Künftig muss der Halter des Unglückswagens über seine Versicherung auch Schmerzensgeld zahlen, sollte das Opfer schwer oder dauerhaft verletzt sein. "Für den Geschädigten spielt es schließlich keine Rolle, ob der Fahrer am Unfall schuld ist oder nicht", sagt Michael Wagner, Leiter der Kfz-Schadenabteilung der Allianz, "die Folgen sind für ihn dieselben." Und die muss der Autofahrer ausbaden.
Neue Haftungsgrenze für Kinder
Dann die Sache mit der Haftungsgrenze für Kinder. Die wurde von sieben auf zehn Jahre erhöht, weil Kinder unter zehn nach psychologischen Studien im Straßenverkehr überfordert sind und Unfallfolgen nicht abschätzen können. "Kinder sind die Schwächsten im Straßenverkehr. Sie sollen besser gestellt werden", sagt Andrea Boehnke, Sprecherin des Justizministeriums. Richtig und wichtig, bedenkt man, dass 2001 über 42.000 Kinder unter 15 Jahren verunglückten. Hat aber sehr seltsame Folgen.
Angenommen, ein Autofahrer hält die erlaubte Geschwindigkeit ein und macht auch sonst nichts falsch. Zwischen geparkten Autos rennt plötzlich ein Neunjähriger über die Straße, den der Autofahrer nicht sehen konnte. Vollbremsung, Unfall, das Kind verletzt. Früher bekam es als Unfallverursacher keinen Cent, während der geschädigte Autofahrer vom Neunjährigen (oder dessen Privathaftpflicht) Schadenersatz fordern konnte. Jetzt ist alles anders: Der Autofahrer geht nicht nur leer aus, er (bzw. der Halter) haftet jetzt sogar für den Unfall, von seiner Versicherung bekommt das Kind Schadenersatz und Schmerzensgeld. Folge: Der Schadenfreiheitsrabatt sinkt, die Haftpflicht-Prämien steigen. Und dass ein Unfall für ihn unabwendbar war, hilft einem Autofahrer eh nicht mehr weiter.
Beispiel: Eine ältere Frau weicht auf dem Gehweg einem (unerkannten) Radler aus, stolpert und gerät auf die Fahrbahn. Ein Autofahrer, der sogar langsamer fährt als erlaubt, kann nicht mehr bremsen und erfasst die Frau. Obwohl der Unfall für ihn unabwendbar war, muss seine Versicherung künftig zahlen, denn Autofahrer haften nur noch bei höherer Gewalt nicht. Höhere Gewalt meint vor allem Naturkatastrophen. Und die kommen im Straßenverkehr eher selten vor. Ist auch so eine Grundregel.
Angenommen, ein Autofahrer hält die erlaubte Geschwindigkeit ein und macht auch sonst nichts falsch. Zwischen geparkten Autos rennt plötzlich ein Neunjähriger über die Straße, den der Autofahrer nicht sehen konnte. Vollbremsung, Unfall, das Kind verletzt. Früher bekam es als Unfallverursacher keinen Cent, während der geschädigte Autofahrer vom Neunjährigen (oder dessen Privathaftpflicht) Schadenersatz fordern konnte. Jetzt ist alles anders: Der Autofahrer geht nicht nur leer aus, er (bzw. der Halter) haftet jetzt sogar für den Unfall, von seiner Versicherung bekommt das Kind Schadenersatz und Schmerzensgeld. Folge: Der Schadenfreiheitsrabatt sinkt, die Haftpflicht-Prämien steigen. Und dass ein Unfall für ihn unabwendbar war, hilft einem Autofahrer eh nicht mehr weiter.
Beispiel: Eine ältere Frau weicht auf dem Gehweg einem (unerkannten) Radler aus, stolpert und gerät auf die Fahrbahn. Ein Autofahrer, der sogar langsamer fährt als erlaubt, kann nicht mehr bremsen und erfasst die Frau. Obwohl der Unfall für ihn unabwendbar war, muss seine Versicherung künftig zahlen, denn Autofahrer haften nur noch bei höherer Gewalt nicht. Höhere Gewalt meint vor allem Naturkatastrophen. Und die kommen im Straßenverkehr eher selten vor. Ist auch so eine Grundregel.
Rat vom Rechtsexperten
Mit der Anhebung der Haftungsgrenze für Kinder schlägt der Gesetzgeber zwei Fliegen mit einer Klappe: Einerseits müssen Kinder unter zehn für Schäden, die sie bei einem Unfall mit einem Kfz anrichten, nicht aufkommen. Andererseits brauchen sie sich auf eigene Schadenersatzansprüche kein Mitverschulden anrechnen zu lassen. Die höhere Altersgrenze gilt nicht, wenn ein Kind den Schaden vorsätzlich verursacht. Zu begrüßen ist auch, dass es Schmerzensgeld nach einem Autounfall künftig auch dann geben kann, wenn den Autofahrer kein Verschulden trifft. Der Geschädigte braucht also nicht mehr den (oft schwierigen) Nachweis zu führen, dass den Fahrzeugführer die Schuld trifft. Gegenüber "schwachen" Verkehrsteilnehmern wie Fußgängern oder Radlern können sich Autofahrer nicht mehr auf ein "unabwendbares Ereignis" berufen. Aber: Sind an einem Unfall zwei Kfz beteiligt, bleibt der Nachweis, dass er für einen Beteiligten unabwendbar war, möglich.
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