Bis zu 50 Prozent Preisunterschied

Anfang Oktober 2003 trat die Neuordnung des EU-Automobilvertriebs in Kraft, die weitgehend einheitliche Nettopreise vorschreibt. Auf diese Weise versucht Brüssel die Abschottung der nationalen Märkte zugunsten des EU-Binnenmarktes aufzubrechen. Bisher unterschieden sich die Preise nämlich drastisch: Differenzen bis zu 50 Prozent bei ein und demselben Modell waren keine Seltenheit.

Begründung der Hersteller: Unterschiedliche Kaufkraft, Wettbewerb und steuerliche Aspekte – ziemlich nebulös. Dankbare Nutznießer der Schieflage waren vor allem die kleinen Kfz-Importeure, die Autos aus Spanien oder Belgien importierten. Aber auch der Kunde profitierte, bekam er doch seinen Neuwagen zu unerhört günstigen Preisen – zum Unmut der Hersteller. Immer wieder versuchten die solche Aushöhlungen ihrer monopolartigen Absatztaktik mit Knebelungen der ausländischen Vertragshändler oder Auslieferungsverzögerungen aufzuhalten.

Und holten sich bei EU-Kommissar Mario Monti blutige Nasen: Vor allem Volkswagen, DaimlerChrysler oder Opel wurden zu millionenschweren Bußgeldern verdonnert. Deshalb hat sich beispielsweise Volkswagen in sein Schicksal ergeben und gleicht die Preise zunehmend an. Der Preis des im November auf den Markt kommenden Touareg etwa wird in allen EU-Ländern nahezu identisch ausfallen.

Dreifacher Nettopreis in Dänemark

Allerdings war die Spanne bei solch teurem Luxusgerät schon seit jeher ziemlich gering. Porsche etwa bietet 911er und Boxster bereits seit Jahren zum Einheitspreis an. Aber auch die Topmodelle von Mercedes oder BMW sind in Portugal oder Dänemark kaum günstiger. Ganz anders ist die Lage bisher allerdings im Massenmarkt der Kleinen und Kompakten.

Bis heute tobt hier der Preiskrieg, die Preise klaffen nach wie vor weit auseinander. Erstmals verspricht aber Volkswagen auch in diesem "preissensiblen" Bereich mit ausgeglichenem Preisniveau zu starten. So soll der Minivan Touran zum Verkaufsstart im Februar 2003 europaweit mit einer Preisspreizung von maximal zehn Prozent auf den Markt kommen. Doch die Kehrseite des schönen neuen Binnenmarktes liegt auf der Hand. Günstige Importe gehören der Vergangenheit an, Rabatte und Preisnachlässe dürften künftig eher gering ausfallen. Vor allem in Ländern hohen Preisniveaus wie Deutschland verbieten sich Abschläge wegen der Auswirkung auf die Ertragslage.

Klare Verlierer sind alle Länder mit hohen Steuerlasten. Zu denen zählt Deutschland erstaunlicherweise nicht – bei uns wird nur die Mehrwertsteuer fällig. Aber bei so manchem Nachbarn werden zum Teil 100 bis 200 Prozent aufgeschlagen. Beispiel Dänemark: Wer hier ein Fahrzeug kauft, zahlt den dreifachen Nettopreis, Luxusmodelle werden absolut unbezahlbar. Bittere Folge: In steuerintensiven Ländern steht ein großflächiges Händlersterben bevor. Und das wäre wohl nur mit einer EU-weiten Angleichung der Steuersätze aufzufangen.