Niesmann+Bischoff Arto 64 G: Wohnmobil-Test
Große Klasse für die kleine Kasse

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Nobles Reisen zu bürgerlichen Preisen verspricht der Niesmann+Bischoff Arto 64 G. Doch wie fit ist das luxuriöse Gebrauchtmobil nach 17 Jahren?
Bild: Christoph Börries / AUTO BILD
Im Secondhand-Segment zu stöbern, hat immer dann besonderen Charme, wenn es um früher richtig teure Modelle renommierter Marken geht. Unser Niesmann+Bischoff Arto 64 GL von der Wohnmobil-Galerie im schleswig-holsteinischen Hohenaspe ist definitiv so ein Fall. Vor 17 Jahren galt das vollintegrierte Premiummobil aus dem rheinland-pfälzischen Polch trotz Fiat-Ducato-Technik unter der eleganten GFK-Frontmaske als Reisemobilfeinkost für Bestensverdienende.
63.615 Euro standen Anfang 2005 mindestens auf der Bestellung – und zwar ohne Extras! Aber das Geld war rückblickend gut angelegt, denn auch 17 Jahre später sieht das Luxus-Konzept im Gegensatz zu dem einiger Mitbewerber alles andere als alt aus. Sind 35.900 Euro für den Gebrauchten heute somit ein fairer Kurs?
Niesmann+Bischoff Arto 64 G: 6,36 Meter kurzer Luxusliner
Das ist er: Ein 6,36 Meter kurzer und 2,27 Meter breiter Luxusliner für zwei bis vier Personen. Erstzugelassen wurde der weiße Riese im April 2005. Wer sich damals einen noblen Arto gönnte, der durfte sich neben einer piekfeinen Verarbeitung auch über zahlreiche Detaillösungen mit hohem Praxiswert freuen, die selbst heute noch nicht selbstverständlich sind. Im Innenraum standen Funktionalität, Eleganz und Gemütlichkeit im Mittelpunkt.
Ein Service von
Rechtliche Anmerkungen
* Weitere Informationen zum offiziellen Kraftstoffverbrauch und zu den offiziellen spezifischen CO2-Emissionen und gegebenenfalls zum Stromverbrauch neuer Pkw können dem "Leitfaden über den offiziellen Kraftstoffverbrauch" entnommen werden, der an allen Verkaufsstellen und bei der "Deutschen Automobil Treuhand GmbH" unentgeltlich erhältlich ist (www.dat.de).Zwar würden wir heute nicht unbedingt Möbelfronten in konservativem Schlossberg-Ahorn in Verbindung mit Küchen- und Tischoberflächen im Farbton Schiefergrau bestellen, doch Konstruktion und Qualität des Echtholzmöbelbaus sind noch immer bemerkenswert. Alle Spaltmaße passen auf wenige Millimeter genau, die Türen und Klappen schließen sauber. Die sichtbaren Leitungen sind pingelig verlegt. Und auch der Pflegezustand überzeugt uns: Nur an exponierten Stellen wie etwa den Tischkanten ist überhaupt gravierender Verschleiß sichtbar.

Großzügige Fensterflächen sorgen für ein tolles Raumgefühl an Bord.
Bild: Christoph Börries / AUTO BILD
Beim Wand- und Dachaufbau ließen die Ingenieure nichts anbrennen. 30 Millimeter starke Sandwichbauweise mit druck- und verrottungsfester Styrofoamfüllung sind sehr anständig und bis heute absolut dicht. Die weich kaschierte Decke unterstreicht das gemütliche Ambiente. Im Zusammenspiel mit der an Bord verbauten Truma C-6002-Umluftheizung und einem Warmwasserboiler ist der Arto voll wintertauglich gedämmt. Sein Zentraldoppelboden ruht auf einem AL-KO-Tiefrahmengestell.
Kalte Füße an Bord sind somit höchst unwahrscheinlich. Der Sandwichboden ist 29 Zentimeter hoch und bietet von innen zwei Zugriffsmöglichkeiten durch Klappen im Boden.
Zwei separate Schlafzonen mit je zwei Schlafplätzen
Das hat er: Alles Wesentliche für einen komfortablen Urlaub mit bis zu vier Personen. Durch 1,95 Meter Stehhöhe und üppige Fensterflächen stellt sich ein großzügiges Raumgefühl ein. In zwei separaten Schlafzonen befinden sich je zwei Querschlafplätze mit Lattenrost, hochwertigen Kaltschaummatratzen und durchdachten Lüftungsmöglichkeiten.
Das Hubbett im Bug lässt sich mit wenigen Handgriffen binnen von Sekunden anheben und absenken. Dahinter schließt sich eine Halbdinette mit flexibel verstellbarem Tisch für gemütliche Runden an. Fahrzeugmittig ist fahrerseitig die clever geschnittene Nasszelle mit integrierter Duschtasse und zahlreichen Stauschränken verbaut.

Küchenblock mit Doppelspülbecken und Gaskochfeld.
Bild: Christoph Börries / AUTO BILD
Gegenüberliegend befindet sich der relativ kompakt gehaltene Küchenblock mit Edelstahl-Doppelspülbecken, Drei-Flammen-Gaskochfeld, Einbaukühlschrank und Zentralverschluss für die Schrankauszüge. Und ganz hinten im Fondabteil? Dort nächtigt man oberhalb von der voll fahrradtauglichen, beheizten und beleuchteten Heckgarage in einem äußerst gemütlichen zweiten Schlafabteil.
Ein interessanter Vorteil gegenüber den üblichen Neuwagenangeboten: Teure Extras wie ein Heckträger für vier Fahrräder oder eine Markise, die hohe Extrakosten verursachen, sind schon an Bord.
Der 2.8-JTD-Power-Turbodiesel mit 146 PS macht seinen Job sehr anständig
So fährt er: Wie eine große Landjacht. Der erhabene Ausblick durch die Panorama-Frontscheibe ist, wenn man aus einem normalen Pkw umsteigt, schlicht gigantisch. Und sollte die Sonne von vorn einmal blenden, ist man auf den gemütlichen Pilotensesseln dank der elektrisch ausfahrbaren Sonnenblenden selbstverständlich gut gewappnet. Alle vier eingetragenen Sitzplätze verfügen über Dreipunktgurte. Eine Klimaanlage sorgt für kühle Köpfe während der Fahrt.
Der aus dem Ducato bekannte 2.8-JTD-Power-Turbodiesel mit 146 PS macht seinen Job sehr anständig. Dank maximal 310 Newtonmetern über ein breites Drehzahlband von 1500 bis 3100 Umdrehungen war er damals das Top-Aggregat. Er hat keine große Mühe, dem leer 3,1 Tonnen schweren Arto angemessenen Vortrieb zu verleihen. Autobahntempo 110 ist auch an leichten Steigungen locker möglich. Mehr Dynamik sollte man auf dem Weg in den Urlaub ohnehin nicht anstreben. Stattdessen lohnt es sich, die erstaunliche Ruhe des Aufbaus zu genießen.
Fährt der Arto 64 als Beinahe-Youngtimer ausreichend sicher? Durchaus. Für den Fall der Fälle sind neben einem Fahrerairbag auch die Stotterbremse ABS und die Schlupfregelung ASR verbaut. Auf die betagte Technik der Rückfahrkamera kann man getrost verzichten. Interessanter sind die Möglichkeiten, die das offenbar vor nicht allzu langer Zeit nachgerüstete Sieben-Zoll-Infotainmentsystem mit externen Anschlussquellen bietet: Dieser Arto hat es verdient, für die nächsten Jahre individuell aufgerüstet zu werden.
Fazit
Der edle Arto 64 G taugt als Geheimtipp. Seine hochwertige Konstruktion und die umfangreiche Ausstattung machen den betagten Vollintegrierten zur verlockend günstigen Sterne-Herberge.
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