Ganz Spanien blickt auf sein großes Talent

Von Niki Lauda Über Fernando Alonso sagen sie bei Renault, daß er in seinen jungen Jahren schon genauso stark sei wie Michael Schumacher als Frischling Anfang der 90er, als dieses Team noch Benetton hieß. Wenn Sie mich fragen: Die zwei nehmen sich nix. Beide haben ungeheures Talent. Beide haben von Kindesbeinen an für ihren Sport gelebt. Beide genießen in ihrem Team uneingeschränkte Rückendeckung. Beide wurden unter Flavio Briatore groß. Beide sind Topsportler, extrem risikobereit und selbstbewußt.

Klar, daß Alonso Schumis Nachfolger werden dürfte. Bei Ferrari wie als Weltmeister. Jetzt dämmert ihm, daß er Champion werden kann – und der jüngste aller Zeiten dazu. Ich bin gespannt, wie er reagiert. Sie müssen sich mal vorstellen, daß ein ganzes Land auf ihn schaut, das noch nie einen GP-Sieger, geschweige denn einen Formel-1-Weltmeister hervorgebracht hat. Und daß er an der Spitze einer Riesenmannschaft plötzlich derjenige ist, der die Arbeit aller zum größten Erfolg führen kann. Es ist ein Riesengefühl, das zu erleben.

Aber es kann einen auch lähmen. Als ich meine Titelchancen 1975 erkannte, habe ich mir befohlen, weiter zu arbeiten wie ein Pferd. Mein Auto mit den Ingenieuren schneller zu machen und mir auf der Strecke keine Fehler zu erlauben. Die Angst vor Druck und Fehlern wird Alonso trotzdem in den Nacken kriechen wie ein lästiger Beifahrer. Er muß lernen, damit umzugehen. Für einen 23jährigen eine Herkules-Aufgabe. Michaels Aufgabe ist es nun, Alonso unter Druck zu setzen und zu destabilisieren.

Alonso ist Schumis größte Herausforderung

Der erste, mit dem ihm dies gelang, war Damon Hill. Der war schwächer und fiel auf jede Provokation rein. Jacques Villeneuve war am Steuer schlechter, aber im Kopf stärker. Mika Häkkinen konnte Schumacher nur wegen seines guten Silberpfeils besiegen. Mit Alonso wird es nun schwieriger. Denn der hat alles: das Können, den Kopf und die richtige Kiste. Deshalb ist er zu allem fähig. Alonso ist definitiv der stärkste Herausforderer, den Michael je hatte.

Der muß nun neu lernen, wie man einen Titel von hinten gewinnt. Das hat er seit fünf Jahren nicht mehr bringen müssen. Ich empfehle den deutschen Medien, ihn dabei fair zu behandeln. Was da zuletzt alles über ihn verbreitet wurde, ist schändlich. Statt einen Mann zu feiern, der über 80 Rennen gewonnen hat und dem zuzusehen ein Hochgenuß ist, stand in einer Zeitung, daß er vor dem Bahrain-GP lieber Urlaub machte als zu testen. Das verbreiten Schlaumeier, die beim Golf nicht mal den Blinker finden und kaum geradeaus laufen können.

Auch die McLaren-Mercedes-Fahrer Juan Pablo Montoya und Kimi Räikkönen haben Respekt verdient. Das sind Wunderkinder, Freunde! Kimi mag ab und zu mal einen trinken, aber wir haben früher nach jedem Rennen gesoffen. Und so solange sich irgendwelche schwindligen Augenzeugen nicht mit Namen und Gesicht zu ihren "Wahrheiten" bekennen, werde ich sie ignorieren.