Antörnender Abschied des archaischen V6

Es gibt Motoren, die törnen einfach an: durch ihren Klang, ihre Kraft – und ihre polierten Ansaugrohre. Und was macht Alfa Romeo? Stellt ein solches Aggregat einfach ein. Die Ära des grandiosen 3,2-Liter-V6 neigt sich dem Ende zu. Der GT ist die letzte Baureihe, die in den Genuß des 26 Jahre alten Triebwerks kommt.

Der neue 159 hat bereits den neuen 3,2-Liter-V6 mit 260 PS. Zum Abschluß zeigt Novitec der Welt mit dem GT X-Supero noch einmal, welches Potential in dem archaischen Kraftwerk schlummert – und macht den Abschied damit nicht einfacher. Der Tuner benutzt dazu einen Kompressor-Kit, den er an den Motor flanscht. Verwendung findet ein dänischer Rotrex-Lader mit Ladeluftkühler und ein zusätzlicher, separaten Silikon-Ölkreislauf mit Ölkühler.

Die Maschine muß für die Montage ausgebaut werden – Kompressor und Riementrieb sitzen hinter dem Motor. Die Turbo- und Kompressor-Profis von Novitec wissen um die Probleme einer nachträglichen Aufladung: Mehr Leistung zu generieren stellt noch das kleinste Problem dar. Die Herausforderung liegt darin, die Fahrbarkeit aufrechtzuerhalten und Elektronikprobleme zu vermeiden.

Er hängt am Gas wie Schumi an Corinna

Der GT X-Supero erweist sich als echter Meilenstein. Selten habe ich ein Tuningauto mit so geglückter Abstimmung erlebt. Kein Verschlucken, kein Ruckeln – nichts trübt die Freude an der Mehrleistung. Und die ist nicht ohne: Aus 240 PS macht der Tuner 337, aus 300 beachtliche 389 Newtonmeter Drehmoment.

Die Meßwerte belegen den Leistungssprung: von null bis 100 km/h um 1,1 Sekunden schneller (5,9 statt 7,0 Sekunden), von null bis 200 km/h sogar 4,3 Sekunden schneller als das Serienauto. Und das, obwohl sich der Novitec-Alfa bei brütender Sommerhitze beweisen muß. Ungeachtet tropischer Temperaturen: Der Motor hängt am Gas wie Schumi an Corinna. Es scheint paradox, einen so quicklebendigen Gesellen aufs Altenteil zu schicken.

Hechelndes Soundspektrum, Fahrspaß pur

Auch der Sound paßt vorzüglich zur lebhaften Art: Heiser hechelnd fährt der im Allgäu getunte Italiener ein Soundspektrum auf, das so gar nichts vom seelenlos-synthetischen Sägen vieler moderner Fahrzeuge hat. Wenn es einen Ferrari mit sechs Zylindern gäbe – so müßte er klingen ...

Und wie er klingt, fährt er auch: Der GT bereitet mehr Fahrspaß, als das Frontantriebskonzept vermuten ließe. Spurtreue und Agilität sind auf hohem Niveau, Traktionsprobleme geringer als gedacht. Die Untersteuerneigung allerdings hat auch Novitec dem Alfa nicht ganz abgewöhnt. Zudem ist die Lenkung zu leichtgängig und geizt mit Rückmeldung.

Die Motorhaube entriegelt bei 200 km/h

Auch was die Optik betrifft, bemüht sich Novitec, Ferrari-Assoziationen zu wecken. So überzieht er den Alfa mit einer dicken Schicht "Stradale-Rot". Generell geht dem GT X-Supero jede Art von Understatement ab. Vorn wie hinten montiert der Veredler voluminöse Stoßstangen.

Der riesige Heckflügel generiert soviel Abtrieb, daß der Popo selbst bei abrupten Bremsmanövern aus 250 km/h gelassen bleibt. Den tieferen Sinn der Dachhutze sollte man nicht hinterfragen. Die erfüllt keine Funktion, unterstreicht lediglich die exotische Note des GT X-Supero. Echter Unsinn hingegen sind die Flügeltüren. Sie degradieren das ansonsten voll alltagstaugliche Auto zum Showcar. Das LSD-Doors-System punktet ausschließlich mit seinem Dumping-Preis. Wer versucht, die Tür zu schließen, benötigt durch die mangelhafte Einpassung bisweilen drei Anläufe, bis sie ins Schloß fällt.

Ein weiterer Minuspunkt ist die eigenwillige Motorhaube. Die entriegelt bei über 200 km/h ganz gern mal und beginnt dann, im Wind zu schlackern. Unseren Recherchen zufolge handelt er sich hierbei um kein Novitec-, sondern um ein Hersteller-Problem. Der eine oder andere Alfa-147-Fahrer weiß, wovon wir reden ... Ungeachtet solcher Macken gilt natürlich trotzdem: Wer jetzt Alfa kauft, kann eine der letzten Chance nutzen, den alten Motor mit einem großartigen Tuningpaket zu kombinieren.

Fazit, Kontakt und Preise

Fazit von Redakteur Ben Arnold Veredler Novitec auf dem Höhepunkt seiner Schaffenskunst: Der GT X-Supero funktioniert als rassiger Baby-Ferrari und ist momentan zweifelsohne die spannendste und stärkste Art, einen Alfa Romeo zu genießen. Kraftentfaltung und Fahrverhalten des Tuningautos genügen höchsten Ansprüchen. Mehr als nur ein Schönheitsfehler: die labberigen Flügeltüren.

Kontakt: Novitec, Tel. 08261/ 2 13 48 oder www.novitec.com

Von

Ben Arnold