"Alles, was ein Maybach kann, kann der Signum auch", schwärmte Opel-Chef Carl-Peter Forster in kleiner Runde. Die Aussage steht für das neue Rüsselsheimer Selbstbewusstsein. Kein Lampenfieber also vor der Signum-Frage: "Was bin ich für ein Auto?" Die Zuschauer, Pardon, die Opel-Käufer spielen das Rateteam. Und schauen erst mal fragend aufs Heck: Gehen wir recht in der Annahme, dass der Signum eine Limousine ist? Oder vielleicht doch ein Kombi?

Denn wie man ihn dreht und wendet, aus jeder Perspektive sieht der neue Opel anders aus. Von vorn eindeutig schlanker Vectra, von schräg vorn wirkt er schon trutziger. Bei der Seitenansicht wird klar, warum: Es fehlt das dritte Fenster. Und von hinten signalisiert er einladend: Ich bin auch ein guter Gepäckträger. Wie auch immer: Der Signum zeigt eigenen Stil. Was die Opelaner, wiederum ganz unbescheiden, bereits von der "Signum Class" schwärmen lässt. Denn irgendeine Schlagzeilen-Schublade muss sich ja heute für jedes Produkt finden lassen. Doch Achtung, Rüsselsheim: So was entscheidet der Markt und nicht die Marketing-Abteilung.

Schauen wir den Signum also technisch nüchtern an: In der Länge übertrifft er seinen Komponenten-Lieferanten Vectra nur um 40 Millimeter, kommt also auf 4636 mm. Dafür entfernten sich die beiden Achsen um immerhin 130 Millimeter voneinander, der Radstand liegt bei stolzen 2830 mm. Das ist fast Mercedes-E-Klasse-Niveau (2855 mm). Oder, um im Hause zu bleiben: zehn Zentimeter mehr als beim Omega, der stattliche 4,90 Meter lang ist.

V6 klingt wie ein Südeuropäer

Länge läuft, wie jeder Segler weiß. Das gilt natürlich auch für den Signum. Unbeirrbar liegt er am Wind. Wer Backbord oder Steuerbord ausbrechen will, die elektrohydraulische Servolenkung sorgt für bestechende Präzision. Der Signum bekommt ab November für 1350 Euro sogar die Kurven ausgeleuchtet: Das von Hella entwickelte Adaptive Forward Lightning (AFL) leuchtet in die eingeschlagene Fahrtrichtung, strahlt an Kreuzungen seitwärts und stellt bei konstanter Geradeausfahrt ab 120 km/h das Abblendlicht etwas höher ein, was die Fernsicht auf der Autobahn verbessert.

Im Signum-Inneren ist's erst mal vorbei mit den Neuerungen. Der Fahrer blickt auf eine Kunststoff-Landschaft, bei der Zweckmäßigkeit vor eleganter Anmutung geht. Auch im stärksten Modell, dem 3.2 V6 mit Fünfgangautomatik, wirkt sie nicht wirklich nobel. Dafür entschädigt aber die Leistung von 155 kW/211 PS. Der V6-Motor läuft keineswegs zu sanft, vermittelt eher unaufdringliche Sportlichkeit: Jeden Gasfußtritt beantwortet er mit angenehm hörbaren Lebenszeichen, wie wir sie sonst von Südeuropäern kennen.

Leider fand die erste Ausfahrt im Großraum Berlin statt, sodass wir nur die recht straffe Federung und Dämpfung zu spüren bekamen. Sie lässt auf absolut sichere Straßenlage auch bei Höchstgeschwindigkeit schließen, doch darüber können wir natürlich erst nach einem Test präzise Auskunft geben. Immerhin betont Opel, sein bereits im Vectra eingeführtes IDS (Interaktives Dynamisches Fahr-System) dem langen Radstand des Signum angepasst zu haben. Serienmäßig enthält IDS alle Chips der hilfreichen Fahrwerkselektronik wie ABS mit Kurvenbrems- und Traktionskontrolle, Bremsassistent und -kraftverteilung sowie das Stabilitätsprogramm ESP plus der neuesten Generation.

Fantasie im Fond

"Welches Schweinderl hätten Sie denn gerne?", pflegte Robert Lembke selig seine Kandidaten stets zu fragen. Bei Björn-Hergen Schimpf heißt es knapper: "Welche Sau ganz genau?" Lembke würde im Fond des Signum wahrscheinlich von der neuartigen und praktischen Sitzlandschaft schwärmen. Sein Nachfolger meinte spontan schnoddrig: "Hübsches Wickelbrett habt ihr dahinten." Was die Opel-Leute fast beleidigt gucken ließ, heißt neudeutsch Travel Assistant, steht mit 385 Euro in der Liste und wird zwischen den hinteren Einzelsitzen verankert.

In die Fondgestaltung haben die Opelaner noch mehr Fantasie investiert: So lassen sich die beiden Einzelsitze um jeweils 130 Millimeter in der Länge verschieben, die Lehnen können bis zu 30 Grad geneigt werden. Die maximale Beinfreiheit beträgt fast einen Meter. Also doch ein Mini-Maybach?

Auf jeden Fall stecken reichlich gute Ideen im Signum: zum Beispiel der zweiteilige Fensterheberschalter, der per Umschalter alle vier E-Fenster steuert, oder der zusätzliche Kofferklapppen-Fernöffner in der rechten Tür. Und die Dachreling (180 Euro) ist als solche kaum noch zu erkennen, klemmt der hydrogeformte Edelstahl doch wie ein Luftleitblech auf dem Dach.

Ausstattung und Technische Daten

Zur Grundausstattung ab Basispreis von 23.000 Euro gehören klassenübliche Extras wie Kopf-Airbags auf allen Plätzen, Klimaanlage, elektrische Fensterheber, Zentralverriegelung. Aber auch eine Dachkonsole mit vielen Ablagen verwöhnt, ein Batterie-Entladeschutz wird geboten, die Vordersitze sind multivariabel. Natürlich kommen dann verlockende Ausstattungslinien Elegance, Sport und Cosmo mit Leichtmetall, Doppeltonhorn, Regensensor oder Leder hinzu.

Schade nur, dass Dinge wie Beifahrersitz-Belegungserkennung (60 Euro), Kofferraumgepäcknetz (15 Euro) oder die umklappbare Beifahrerlehne (130 Euro) extra kosten. "Was bin ich?"-Moderator Björn-Hergen Schimpf hat der Signum im Übrigen sehr gut gefallen. Vielleicht gerade, weil er Maybach nicht mag?