(dpa/cj) Das Umweltbundesamt (UBA) will Deutschlands Städte lebenswerter machen und das Klima schonen – und zwar mit "revolutionären Vorstellungen". Das Konzept dürfte Autofahrern nicht gefallen, denn es lautet: mehr Fußgänger, weniger Autos. Langfristig sollen zwei von drei Parkplätzen in den Großstädten wegfallen, zudem soll innerorts flächendeckend Tempo 30 gelten. Gehwege sollen verbreitert und Falschparker schärfer verfolgt werden.

Zweieinhalb Meter Gehweg als Standard

Fußgängerin geht neben parkenden Autos
Fußgänger sollen laut Plan des Umweltbundesamts in Städten deutlich mehr Platz bekommen.

Zu lesen ist dies in der neuen "Fußverkehrsstrategie" der Behörde mit dem Titel "Geht doch!" Die 55-seitige Untersuchung beschreibt den Rückbau der "autogerechten Stadt", mit Vorrang für Fußgänger, Radfahrer, Bus und Bahn. Es müsse gelingen, den öffentlichen Raum endlich wieder zurückzuerobern, heißt es darin. Wer zu Fuß gehe, tue Gutes für seine Gesundheit, spare Geld und schone die Umwelt, wirbt das Amt. Es will Wartezeiten am Ampeln verkürzen, fordert 2,50 Meter breite Gehwege als Standard und mehr Zebrastreifen. In den Verwaltungen soll es feste Zuständigkeiten für den Fußverkehr geben. "Fußläufige Erreichbarkeit" soll als Entwurfs- oder Erschließungskriterium in Bau-Regelwerken verankert werden.

Umwege, Wartezeiten, Lärm, Abgase

Dem UBA-Papier zufolge liegt für Fußgänger derzeit vieles im Argen: Umwege, Wartezeiten, Lärm, Abgase, hohe Bordsteine, Treppen, dunkle Unterführungen, Stolperfallen und parkende Autos auf Gehwegen. Zu Fuß zu gehen sei in vielen Städten zeitraubend und umständlich. Der Städtebau der vergangenen Jahrzehnte habe den Fußverkehr an den Rand gedrängt, hieß es. 2015 wurden nach Angaben des Deutschen Verkehrssicherheitsrats 537 Fußgänger im Verkehr getötet, was gut 15 Prozent aller Verkehrstoten entspricht. Lange habe das Auto Vorrang genossen, kritisierte Ratspräsident Walter Eichendorf. Auch wenn neue Radwege gezogen wurden, ging das meist zulasten der Fußgänger, nicht des Autoverkehrs.

Jede zehnte Autofahrt kürzer als ein Kilometer

Das Amt will den Trend zugunsten der Fußgänger drehen: Städter legen heute 27 Prozent ihrer Wege zu Fuß zurück, dieser Anteil soll bis 2030 auf 41 Prozent steigen. Auf dem Land streben die Autoren eine Steigerung von 23 auf 35 Prozent an. Nach Studien sei jede zehnte Autofahrt kürzer als ein Kilometer, und auf Strecken von einigen Hundert Metern sei man zu Fuß von Tür zu Tür häufig am schnellsten.