Seit 25 Jahren ist der zweimalige Rallye-Weltmeister Walter Röhrl mit Porsche als Testfahrer und Repräsentant verbunden. Für uns fährt er vier seiner Highlights am Nürburgring.
Schlechter kann ein Tag kaum anfangen, als sich im Dauer-Stop-and-go über elend lange vier Stunden von Nürnberg nach Frankfurt zu quälen. Und dennoch: Die Stimmung steigt mit jedem Kilometer, den wir unserem Ziel für die nächsten zwei Tage näher kommen: dem Nürburgring. Was uns dort erwartet, hat Potenzial für schlaflose Nächte der Vorfreude. Natürlich nur, wenn man schnelle Autos mag.Und Walter Röhrl, denn der wird ebenfalls da sein. Quasi im Handgepäck des Meisters: vier Porsche, von denen der aktuelle 911 GT3 RS der günstigste ist. Die anderen sind eigens aus dem Porsche-Museum in die Eifel angereist und nicht nur absolute Highlights des Sportwagenbaus, sie repräsentieren auch als Gebrauchtwagen-Trio mal locker drei Millionen Euro.
Zwei Lieblings-Porsche haben uns durchaus überrascht
Video: Röhrls Lieblings-Porsche (2018)
Vier Porsche aus 25 Jahren
Wir hatten Walter Röhrl neulich gefragt, welche Modelle aus seiner 25-jährigen Zusammenarbeit als Cheftestfahrer und Repräsentant für Porsche eine besondere Bedeutung für ihn haben. Vorgegeben war, dass der GT3 RS dabei sein muss, um das Gestern & heute-Schema zu erfüllen. Klar war auch, dass der Carrera GT eine zentrale Rolle spielen würde. Doch was würde er sonst noch vorschlagen? Erstaunt waren wir über seine Nennung des 959; ebenfalls eine ikonenhafte Erscheinung, ein automobiler Meilenstein und allein jede Story wert. Aber doch ein bisschen älter als das 25-jährige Dienstjubiläum, das Walter Röhrl dieses Jahr feiern kann. Erstaunlich auch die Wahl des 918 Spyder, von dem man weiß, dass er nicht gerade Röhrls Lieblingsgerät ist, bei all dem Elektronik-Gedöns unter seiner CFK-Haut. Dass Walter Röhrl eher puristischen Fahrmaschinen wie Carrera GT oder den RS-Modellen nahesteht, ist auch bekannt. Doch steht jedes dieser vier Autos für eine Facette des Walter Röhrl und ist verwoben mit dem Leben des 71-jährigen Ausnahmefahrers.
Im 959 steckt die ganze Erfahrung des Rallye-Weltmeisters
Der Eindruck täuscht nicht: Röhrl hat immer noch ein besonderes Verhältnis zum Porsche 959.
Seine Leidenschaft für Porsche indes ist schon viel älter und sitzt viel tiefer als die 25 offiziellen Jahre. Und ihr Ursprung ist eine schöne und erhellende Anekdote über das Wesen des Walter Röhrl. Auf Porsche aufmerksam wurde der Regensburger schon als Bub, denn sein Bruder fuhr einen 356 und gab dem jüngeren Walter den Rat: "Wenns'd dir a Auto kaufst, dann lieber glei was Gscheits." Die Tatsache, dass der geliebte Bruder dann ausgerechnet in seinem 356 tödlich verunglückte, hätten gewöhnlichere Menschen auch zum Anlass nehmen können, nie wieder in einen Porsche zu steigen. Doch der junge Röhrl sparte eisern und kaufte sich mit 21 einen gebrauchten 356 C. Bis heute ist er ein Liebhaber klassischer Porsche: Er besitzt alle luftgekühlten und fährt sie, wann immer Zeit ist. Jetzt steht er da, faltet seine 1,96 Meter leicht, um mit wissendem Lächeln über den integrierten Heckflügel des 959 zu streichen, der heute noch exaltiert und harmonisch zugleich wirkt. Es muss ein freudiges Wiedersehen nach langer Zeit sein, man spürt eine enge Verbindung zwischen diesem Auto und Röhrl.Doch wie kam es dazu? 1984 wechselte Röhrl von Fiat, wo er mit einem heckgetrieben 131 Abarth die Rallye Monte Carlo und die Weltmeisterschaft gewonnen hatte, zu Audi und damit auf ein Allrad-Auto; die Anfänge waren nicht leicht, denn in die neue Technik mit Linksbremsen musste er sich energisch hineinzwingen. Doch der Ehrgeiz war geweckt, und er passte sich mit der ihm eigenen Akribie und Perfektion der Technik so an, dass er fortan als Allradspezialist schlechthin galt.
Auf der Rennstrecke ist Röhrl ein großer Querkraft-Virtuose
Der Meister in seinem Element: Porsche, Walter Röhrl und der Nürburgring passen perfekt zusammen.
Derweil tüftelte auch Porsche an einem allradgetriebenen Auto, das aber auch für einen Normalfahrer beherrschbar sein sollte. "Allradantrieb mit elektronisch geregelter Momentenverteilung" lautete das Stichwort; das Auto war der Überflieger der späten 80er. Der 959 sollte der perfekte Sportwagen sein und gilt heute als Wegbereiter für die ausufernde technische Hochrüstung der Autos. Der damalige Porsche-Chefentwickler Helmuth Bott zog den zum Allrad-Ass gereiften Rallye-Crack, der für Audi fuhr, ins Vertrauen: "Meine Testfahrer können das nicht." "Das" waren Fahrversuche im Extremen, etwa das Querfahren auf Schnee mit Tempo 200, wobei der 959 in den Entwicklungsanfängen schon mal 360-Grad-Dreher hinlegte. Nicht jedermanns Sache. "Man musste wissen: Sobald die Schnauze in der richtigen Richtung steht, voll aufs Gas, dann zieht er sich gerade", erklärt Röhrl die recht komplexe Fahrphysik eines Allradlers bewusst sehr schlicht, während wir langsam aus der Boxengasse auf die GP-Strecke rollen.
Wie es Walter Röhrl auf dem Nürburgring fliegen lässt, sehen Sie in der Bildergalerie.
Es ist immer wieder ein besonderer Hochgenuss, Beifahrer des zweimaligen Rallye-Weltmeisters Walter Röhrl zu sein. Wenn der Altmeister in seiner unnachahmlichen Art Feuer gibt, wirkt das harmonisch und eher wie ein Tanz, ist äußerst effektiv, extrem schnell und materialschonend zugleich.