Die Puristen jubeln: Porsche setzt im neuen 718 Cayman GT4 auf einen neuen, freisaugenden Sechszylinderboxer, der seine Kraft an eine Sechsgang-Handschaltung abgibt. AUTO BILD ist den Sechszylinder-Cayman gefahren! Und dazu geht es erstmal runter ins Cockpit. Große fädeln sich etwas mühsam in den kleinen GT-Porsche ein. Sitzt man erst einmal, ist die Freude allerdings groß. Unser miamiblaues Testfahrzeug ist mit den Vollschalensitzen und dem Clubsport-Paket mit Überrollbügel und Feuerlöscher ausgerüstet. Das Infotainment PCM ist auch drin. Auf Wunsch kann es als kostenfreie Option abgewählt werden. Kurze Griffprobe. Das mit Alcantara bezogene 360-Millimeter-GT-Lenkrad liegt hervorragend in der Hand und hat natürlich keine Knöpfe.

Porsche setzt beim GT4 auf einen frei atmenden Sechszylinder

Porsche Cayman GT4
Die Sechsganghandschaltung ist das Maß der Dinge. Für das Einlegen des Rückwärtsgangs nach links will ein Widerstand sanft überwunden werden.
Das hier ist ein Auto zum Fahren, nicht zum behäbig Drinsitzen und rumdaddeln. Instinktiv geht die Linke zum Schlüssel. Zündung. Start. Der erste Gasstoß. Das Ansaugschnorcheln erfüllt den Innenraum des GT4. Was für eine Klangkulisse! Dass der Vierliter-Boxer ohne Zwangsbeatmung (420 PS, 420 Nm) nur wenige Zentimeter hinter den Insassen des GT4 arbeitet, macht sich im Innenraum durch einen voluminösen Klang bemerkbar. Dolby 4.0 Liter. Kupplung treten. Ersten Gang einlegen – der stummelige Schalthebel des Sechsganggetriebes scheut lange Wege. Minimale Bewegungen reichen, um ihn durch die Gassen zu führen. Funktion und das handfeste Schaltgefühl verdienen sich glatte zehn von zehn Punkten. Dieses Getriebe ist an Präzision nicht zu toppen. Höchstens an Schnelligkeit, aber dafür reicht Porsche ja das PDK nach. Für diejenigen, die beim Zahlenvergleich Wert auf jede Zehntel Sekunde legen. Wir rollen an.

Das messerscharfe GT-Modell macht süchtig

Porsche Cayman GT4
Hochpräzise Fahrmaschine: Der GT4 lenkt ultraspontan ein, begeistert mit gieriger Leistungsabgabe.
Es geht auf die schottische Rennstrecke Knockhill Curcuit. 60 Höhenmeter auf zwei Kilometer Länge. Das dürfte dem GT4 entgegenkommen. Ein bisschen Nordschleife in Schottland. Das Herausbeschleunigen aus der Boxengasse straft das im Marketing-Sprech populäre "saugergleiche" Ansprechverhalten von Turbomotoren gnadenlos ab. Denn der Vierliter-Boxer demonstriert, wie ein sportlicher Sauger tatsächlich zu Werke geht. Feine Gasannahme, gieriges Hochbeschleunigen bis zur Schaltdrehzahl bei 8000 Umdrehungen und eine Leistungsabgabe, die Suchtpotenzial hat. Dazu mischt sich der typische, sägende Sound des Boxers, der auf dem Weg Richtung roter Bereich die Fahrgastzelle vollständig auszufüllen scheint. Die Sorge, dass der OPF (Ottopartikelfilter) sich wie ein Pfropf in den Abgasstrang setzt, ist – zumindest vom Fahrersitz aus – unberechtigt. Ja, das hier ist ein echtes, messerscharfes GT-Modell.
Mit allem, was dazu gehört: Schon auf den ersten Metern fasst man Urvertrauen zum GT4. Er macht es einem aber auch leicht. Das vollkommen verzögerungsfreie Einlenken erinnert an den großen Bruder GT3 RS. Neutral und zielgenau pfeilt der relativ leichte (1420 Kilogramm) GT4 durch Kurven aller Radien. In schnellen Ecken greift die Aerodynamik mit helfender Hand ein. Der neue Cayman GT4 generiert 50 Prozent mehr Abtrieb als sein Vorgänger.

Der Dreizylinder-Modus soll beim Spritsparen helfen

Porsche Cayman GT4
Der vom 911-Motor 9A2 B6-Sauger arbeitet im Sparmodus als Dreizylinder – davon merkt man nichts.
Cool-down-Runde auf der Rennstrecke. Und ein banger Blick auf den Drehzahlmesser – zwischen 1600 und 3000 Touren schaltet das Motormanagement einfach eine komplette Zylinderbank ab und macht den stärksten Cayman zum Dreizylinder – sofern nicht mehr als 100 Nm Kraft abgerufen werden. Alles was darüber hinausgeht, hat die direkte Wiederaufnahme der Brennstoffversorgung der leerlaufenden Zylinderbank zufolge. Und keine Sorge – davon merkt man im Cockpit rein gar nichts. Auch das neue Start-Stopp-System sollte Skeptiker nicht schrecken, denn das Gesamtpaket "GT4" ist ein wahrer Quell der Freude. Längs- und querdynamisch, aber vor allem emotional. Und das zu einem Preis, der mit 96.206 Euro um einiges unter dem derzeitigen Basis-911 (Carrera S: ab 120.125 Euro) liegt. Mit Zutaten, die zur absoluten Seltenheit geworden sind. Kein Wunder, dass die Puristen jubeln.