"Ein Podiumsplatz wäre drin gewesen"

Die Kölnerin Jutta Kleinschmidt (40) hat die 25. Rallye Dakar mit einem achten Platz beendet. Für WELT-Mitarbeiter Martin Henkel zog die VW-Pilotin Bilanz.

DIE WELT: Frau Kleinschmidt, vor zwei Jahren haben Sie die Rallye noch gewonnen. Kann man trotzdem gratulieren? Jutta Kleinschmidt: Na klar, die Resultate unserer VW Tareks sind besser, als wir es uns je erträumt hatten. Ich bin in den Top Ten, mein Teamkollege Stephan Henrard ist sogar Sechster der Gesamtwertung. Das ist fantastisch.

Klingt das nicht ein bisschen zu euphorisch? Nein, ganz und gar nicht. Wir hatten gerade einmal drei Monate Zeit, um die neuen Autos zu konzipieren. Ohne je einen richtigen Test gefahren zu sein, sind wir in die Dakar eingestiegen. Damals dachten wir: Hauptsache, im Ziel in Sharm el Sheikh ankommen. Ich hätte noch viel weiter vorne landen können, wenn mir auf der elften Etappe nicht der Motor geplatzt wäre.

Wie weit vorne? Zwischenzeitlich war ich Vierte im Gesamtklassement. Ein Platz auf dem Podium wäre drin gewesen.

Vor dem Start haben Sie gesagt, Sie ziehen eine Rallye Paris-Dakar, die im Senegal endet, jeder anderen Route vor. Haben Sie ihre Meinung geändert? Nein, mit allem Respekt: Die Strecke war Mist. Sie war viel zu schnell. Das ist nicht das, was wir wollen. Unsere Stärken liegen nicht im Tempo, sondern im Manöver. Bis auf die Etappen durch Libyen, die uns durch traumhaft schöne Landschaften geführt haben, war der Anspruch an uns nicht vergleichbar mit dem bei einer Rallye, die auch wirklich nach Dakar führt.

Kleinschmidt bestreitet Unfallschuld

Auf der vorletzten Etappe am Samstag (18.1.) gab es noch einmal Aufregung. An dem Sturz des einzigen deutschen Motorradfahrers, Norman Kronseder, dem dabei ein Teil des Fußgelenkes abgesplittert ist, waren Sie unmittelbar beteiligt. Es tut mir aufrichtig Leid für Norman. Ich hab ihm im schon versprochen, dass ich sein Startgeld fürs nächste Jahr übernehme.

Ein Schuldeingeständnis? Noch am selben Abend hat sein Bruder von Deutschland aus schwere Vorwürfe gegen Sie erhoben. Er behauptet, Sie hätten den Unfall verhindern können. Zudem hätten Sie nicht auf den Rettungshubschrauber gewartet. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er das gesagt hat. Und wenn, wäre es unfair. Die Motorradfahrer haben sich allesamt in einem Canyon verfranzt. Als sie geschlossen umgedreht haben und in dem Moment auf die Piste zurückgekommen sind, als wir da gerade vorbeifuhren, wurde so viel Staub aufgewirbelt, dass man nichts mehr sehen konnte. Zudem ist unser Auto vergleichsweise leise, so dass uns die Motorradfahrer mit ihren Ohrstöpseln nicht hören. Beim Überholen haben wir uns unglücklicherweise berührt. Aber dass ich nicht gewartet habe, ist Nonsens. Wir haben sofort angehalten, den Rettungshubschrauber kontaktiert und gewartet. Norman hat mir zudem versichert, dass niemand irgendeine Schuld trifft. Das gehört zu einer Rallye leider mit dazu.

Auch tote Teilnehmer, wie der Co-Pilot des Toyotas von Daniel Nebot, Bruno Cauvy, der auf der zehnten Etappe tödlich verunglückte? Wie gehen Fahrer damit um? Ich möchte die Trauer der Angehörigen nicht schmälern. Aber wir kennen alle das Risiko. Hätte ich ihn gekannt, hätte es mich mehr berührt als so. Ich kannte den Co-Piloten nicht. Da verarbeitet man eine Tragödie ähnlich schnell wie einen Verkehrsunfall mit tödlichem Ausgang von Unbekannten auf normaler Straße.

Ist Ihre jüngste Prognose, die Dakar bis 2005 wieder gewinnen zu können, nicht zu verwegen? Gerade nach den Erfahrungen mit dieser Dakar bleibt es dabei: Das Ziel ist realistisch.

Masuoka und Schulz siegen

Nach 8552 Kilometer vom südfranzösichen Bouches du Rhone nach Sharm el Sheikh erreichten Sonntag (19.1.) der Japaner Hiroshi Masuoka und sein Münchner Beifahrer Andeas Schulz als Gesamtsieger der Dakar Rallye das Ziel – vor den Franzosen Jean-Pierre Fontenay und Stéphane Peterhansel (alle Mitsubishi).

Die Vorentscheidung war auf der Etappe am Samstag (18.1.) gefallen. Der Führende Peterhansel krachte kurz vor dem Ziel in einen Felsen. Er blieb unverletzt, aber drei Stunden Reparaturzeit warfen ihn zurück.

Masuoka konnte sich über das unverhoffte Glück kaum freuen. Schwer an der klobigen Dakar-Trophäe schleppend, schlich der Vorjahressieger nach der Siegerehrung ins Hotel. Auch Co-Pilot Schulz, Ex-Beifahrer von Kleinschmidt, wirkte noch wie benommen: "Ich brauche nach den ganzen Strapazen noch etwas Zeit, um den großen Erfolg zu verarbeiten. Auch wir hatten Pech, verloren auf mehreren Etappen durch Reifenschäden viel Zeit."

Für Volkswagen nahm die Dakar 2003 insgesamt ein gutes Ende: Gleich in zwei Disziplinen hatten die orange-roten Wüsten-Buggys die Nase vorn. Im Feld der zwölf gestarteten Fahrzeuge gelang der Doppelsieg in der Wertungsklasse für zweiradangetriebene Autos. Die Wettbewerbsfähigkeit der TDI®-Technologie stellte das Unternehmen ebenfalls eindrucksvoll unter Beweis – die beiden 218 PS starken Buggys wurden als beste der 67 gestarteten Diesel-Fahrzeuge klassifiziert.

Alle Platzierungen im Überblick: www.dakar.com