Muss ich Tickets aus dem Ausland bezahlen? Grundsätzlich ja. Seit 28. Oktober 2010 gilt ein EU-weites Abkommen, das die Vollstreckung von Geldstrafen aus dem Ausland ermöglicht. Neben Bußgeldern für zu schnelles Fahren oder Alkohol am Steuer müssen Sie auch die Verfahrenskosten ausländischer Gerichte zahlen.

Nur wenige Ausnahmen innerhalb der EU

Ticket aus dem Ausland: Muss ich das zahlen?
Tickets aus dem Ausland sind erst ab einem Mindestbetrag von 70 Euro vollstreckbar. Verfahrenskosten werden mitgerechnet.
• Welche Länder verschicken Bußgeldbescheide? Fast alle 27 EU-Mitgliedsstaaten haben das Abkommen umgesetzt. Bis auf wenige Ausnahmen (zum Beispiel Griechenland, Irland, Belgien, Slowakei) ist es bereits in Kraft. Bußgelder aus Nicht-EU-Ländern wie der Schweiz, Norwegen oder Kroatien können bei uns nicht eingefordert werden. • Welche Bußgelder werden vollstreckt? Alle rechtskräftig verhängten und strafgerichtlich überprüfbaren Forderungen. Aber nur ab mindestens 70 Euro. Wichtig: Auch die Verfahrenskosten werden mitgerechnet. So kann es sein, dass Sie ein 20-Euro-Ticket plus 50 Euro Verfahrenskosten zahlen müssen.

Schriftverkehr auf Deutsch erforderlich

• Wie läuft das Verfahren ab? Die zuständige ausländische Behörde wendet sich an das Bundesamt für Justiz (BfJ) und fordert die Bezahlung des Bußgeldes. Ist das Knöllchen rechtlich zulässig, erhalten Sie als Betroffener die Gelegenheit, sich innerhalb von zwei Wochen zu äußern. Legen Sie keinen Einspruch ein, wird die Vollstreckung bewilligt und rechtskräftig. Sie zahlen jetzt fristgerecht – oder die Forderung wird vollstreckt. Das heißt: Erst Mahnschreiben, und irgendwann bekommen Sie Besuch vom Gerichtsvollzieher. • Kann das BfJ die Vollstreckung ablehnen? Ja, bei Tickets, die nicht den Mindestbetrag von 70 Euro erreichen. Oder wenn Sie als Beschuldigter den Schriftverkehr nicht verstehen, weil der Brief nicht auf Deutsch verfasst wurde und Sie somit nicht über Ihre Rechte belehrt wurden.

Führerscheinentzug droht nicht

• Drohen Punkte und Führerscheinentzug? Nein. Die Behörden können nur Geld kassieren, nicht den Führerschein. Punkte gibt es nur für Verkehrsverstöße in Deutschland, auch den Führerschein verlieren Sie nur für einen entsprechenden Verstoß bei uns. • Sie zahlen das Ticket aus dem Ausland nicht. Was passiert bei Wiedereinreise? Es kann sein, dass Sie bei einer Verkehrskontrolle aufgefordert werden, das Bußgeld zu zahlen. Je nach Verjährungsfrist (in Italien fünf Jahre) können die ausländischen Behörden die offene Rechnung einfordern – und zwar an Ort und Stelle. Tipp: Zahlen Sie das Ticket aus dem Ausland lieber gleich, wenn Sie sich regelmäßig in dem Land aufhalten.

Einige Monate Verzögerung

• Dürfen Inkassobüros die Bußgelder kassieren? Nein. Das darf nur das Bundesamt für Justiz. • Wurden schon viele Tickets aus dem Ausland verschickt? Laut ADAC läuft es langsam an. Wenige Hundert Anfragen hat das BfJ bisher weitergeleitet. "Bußgelder aus dem Ausland werden in den nächsten Monaten vermehrt eingefordert", so ADAC-Jurist Dr. Markus Schäpe. In der Regel dauere das ein paar Monate. Übrigens: Bald werden alle EU-Staaten das Abkommen umsetzen. Dann müssen Sie zahlen – europaweit.

Das sagt der Anwalt

Unterschiedliche Rechtssysteme in der EU können vermeintliche Verkehrssünder schützen. In Deutschland zum Beispiel kann nur der Fahrer belangt werden, nicht der Halter. Kann die ausländische Behörde nicht beweisen, wer am Steuer saß, ist das Buß geld hinfällig. Wichtig: Der Beschuldigte muss die Möglichkeit haben, seine Unschuld zu beweisen, auch vor Gericht. Und: Immer den gesamten Schriftverkehr aufbewahren, rät Verkehrsanwalt Uwe Lenhart.