Ratgeber Straßenverkehr
Der tägliche Kleinkrieg

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Radfahrer gegen Autofahrer! Pöbeln, schneiden, ausbremsen: Radler und Autofahrer kommen sich laufend in die Quere. Woran liegt das? Dabei kostet doch ein "Sorry" nichts – bringt aber so viel.
Es war ein grauer, trister Wintertag. Fahrradkurier Manuel P. will nach rechts abbiegen, als ihn ein 40-Tonner übersieht. Der Radfahrer stürzt, bricht sich das Schlüsselbein, der Lkw fährt einfach weiter. Das war vor mehr als acht Monaten, Manuel P. ist noch immer außer Gefecht. Dabei hatte er noch Glück im Unglück. Andere nicht. 456 Radfahrer kamen 2008 bei Unfällen ums Leben, der Kurierfahrer zählt zu den 78.566 Verletzten. Was ist bloß los auf unseren Straßen? Fakt ist: Die Verkehrsdichte nimmt zu, und seit Sprit so teuer geworden ist, steigen viele aufs Rad um. Und machen vieles falsch. "Das Problem ist, dass sich viele Radfahrer nicht an die Regeln halten", sagt Ralf Kunz von der Hamburger Polizei. "Sie benutzen den Radweg auf der falschen Seite, fahren verkehrt herum in Einbahnstraßen oder missachten rote Ampeln." Daher sind in immer mehr Großstädten Polizeistreifen auf dem Fahrrad unterwegs. Und Autofahrer? "Die verzichten beim Abbiegen auf den Schulterblick, gefährden dadurch Radler", so Kunz. Und dann kommt, was kommen muss: Fäuste, Flüche, Pöbeleien. Der tägliche Kleinkrieg.
Ein Fahrradkurier klagt an: "Wir sind doch das schwächste Glied"

Ein Taxifahrer klagt: "Öko-Muttis sind überhaupt die Schlimmsten."

Das sagt der Psychologe
Warum manchmal der pure Hass regiert. Edmund Wirzba ist Verkehrspsychologe in Berlin. Er weiß, wie Radler und Autofahrer ticken. Warum regiert dieser tägliche Kleinkrieg?
Wir fühlen uns benachteiligt, wenn uns andere zu bestimmten Manövern zwingen. Es geht um einen Konkurrenzkampf, bei dem keiner nachgeben will.
Gab es diesen Kampf schon immer?
Schon zu Zeiten der Ritter und Knechte. Jetzt sind die Autofahrer die Ritter in Blech, die Radler die Knechte mit der Mistgabel. Jeder fordert Respekt.
Verstoßen Menschen, wenn sie mit dem Rad unter wegs sind, eher gegen Verkehrsregeln?
Ja und nein. Menschen mit stabilem Selbstwertgefühl sind nicht leicht zu verunsichern. Mit schwachem Selbstwertgefühl ist man für sich und die Gesellschaft eine Belastung. Als Radfahrer fühlt man sich wendig, anonym. Zudem werden Endorphine ausgeschüttet, die angstlösend wirken, man fühlt sich wie im Rausch.
Was sind das für Autofahrer, die pöbeln?
Oft haben sie eine niedrige Bildung, fühlen sich nirgends richtig gebraucht.
Wie kann man das Verhältnis entspannen?
Betrachten Sie sich einfach mal selbst von der Seite, hinterfragen Sie Ihr Handeln, das hilft!
Wir fühlen uns benachteiligt, wenn uns andere zu bestimmten Manövern zwingen. Es geht um einen Konkurrenzkampf, bei dem keiner nachgeben will.
Gab es diesen Kampf schon immer?
Schon zu Zeiten der Ritter und Knechte. Jetzt sind die Autofahrer die Ritter in Blech, die Radler die Knechte mit der Mistgabel. Jeder fordert Respekt.
Verstoßen Menschen, wenn sie mit dem Rad unter wegs sind, eher gegen Verkehrsregeln?
Ja und nein. Menschen mit stabilem Selbstwertgefühl sind nicht leicht zu verunsichern. Mit schwachem Selbstwertgefühl ist man für sich und die Gesellschaft eine Belastung. Als Radfahrer fühlt man sich wendig, anonym. Zudem werden Endorphine ausgeschüttet, die angstlösend wirken, man fühlt sich wie im Rausch.
Was sind das für Autofahrer, die pöbeln?
Oft haben sie eine niedrige Bildung, fühlen sich nirgends richtig gebraucht.
Wie kann man das Verhältnis entspannen?
Betrachten Sie sich einfach mal selbst von der Seite, hinterfragen Sie Ihr Handeln, das hilft!
Das sagt der Anwalt – Diese Strafen drohen Fahrrad-Rowdys

Nein. Uwe Lenhart, Verkehrsjurist aus Frankfurt/Main, erklärt die Strafen für Radler.
Ein Radler zerkratzt meinen Kotflügel. Wer zahlt?
Der Fahrradfahrer. Wenn er sich aus dem Staub macht, zahlt die Vollkasko des Autofahrers. Hat er keine, muss er selbst zahlen.
Die Ampel zeigt Rot, doch der Radler fährt auf dem Gehweg weiter. Ist das erlaubt?
Nein. Eine Ausnahme besteht nur für Kinder bis zum vollendeten achten Lebensjahr. Sie müssen, Kinder bis zum vollendeten zehnten Lebensjahr dürfen den Gehweg benutzen. Wenn aber ältere Radfahrer auf dem Gehweg unterwegs sind, zahlen sie bis zu 25 Euro.
Darf man Radwege in beide Richtungen befahren?
Auf die Schilder achten. Als Geisterfahrer zahlen Radfahrer bis zu 30 Euro Strafe.
Ich will einen trinken, nehme das Rad. Bringt das den Führerschein in Gefahr?
Die Grenze zur absoluten Fahruntüchtigkeit von Radlern liegt bei 1,6 Promille. Ab diesem Wert kann angezweifelt werden, ob man zum Führen eines Pkw geeignet ist.
Fazit
Ich bin auch Zweiradfahrer, auf meiner Vespa. Ich könnte auch täglich fluchen. Neulich hat mich eine Frau im Corsa geschnitten, ich musste voll in die Eisen. Blödes Huhn, dachte ich. An der nächsten Ampel lehnt sie sich aus dem Fenster: "Sorry, ich habe Sie nicht gesehen!" Was lernen wir daraus? Kaum einer bringt andere mit Absicht in Gefahr. Deshalb kann es für Zwei- und Vierradfahrer nur eine Lösung geben: Nehmt Rücksicht, beharrt nicht stur auf euren Rechten. Wenn doch mal was schiefgeht: So ein "Sorry" kostet nichts – bringt aber viel.
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