Der Reißverschluss ist Pflicht, oder nicht? Vorsicht! Kollege Roland Bunke ist ein friedlicher Zeitgenosse, immer besonnen, fährt selten aus der Haut. Nur einmal platzte ihm der Kragen. Stau auf der Autobahn, die Fahrbahn verengte sich wegen eines Unfalls von zwei auf einen Streifen. Kollege Bunke wollte das Reißverschlussprinzip anwenden, so, wie er das gelernt hat: Blinker setzen, Lücke suchen, Fahrbahn wechseln. Nur: Keiner ließ ihn rein. Da hupte er. Das passte einer Polizistin an der nahen Unfallstelle überhaupt nicht: "Lassen Sie das!", mahnte sie. Und überhaupt: Ein Anrecht auf Anwendung des Reißverschlussverfahrens bestehe doch gar nicht. Ja, was denn nun?

Sie dürfen ihren Vorrang nicht erzwingen

Gefährliches Halbwissen
Werfen wir einen Blick in die Straßenverkehrsordnung, Paragraf 7 Absatz 4. Darin heißt es, dass den aufgrund von Fahrbahnverengungen am Weiterfahren gehinderten Fahrzeugen der Übergang auf den benachbarten Fahrstreifen nach dem Reißverschlussprinzip zu ermöglichen ist. Wer auf die weiterführende Spur wechseln will, darf aber nicht grundsätzlich darauf vertrauen, dass ihm dies auch ermöglicht wird (LG Hanau, 29. 8. 2003, Az. 4 O 545/03). Denn die Regel besagt auch: Die Fahrbahn darf nur gewechselt werden, wenn eine Gefährdung anderer ausgeschlossen ist. Und was ist mit denen, die sich auf der durchgehenden Spur befinden? Sie dürfen ihren Vorrang nicht erzwingen, sonst haften sie bei einem Crash mit. Kollege Bunke weiß jetzt: Die Polizistin hatte Recht. Aber dass ihn keiner reingelassen hatte, war einfach nicht sportlich.
Andreas May

Fazit

Reißverschluss-Prinzip: Theoretisch ist es klar geregelt. Wenn es manchmal nicht klappt, liegt das an der Engstirnigkeit der Autofahrer. Also: Rücksicht auf den anderen nehmen, nicht auf "Rechten" beharren. So fährt es sich viel entspannter.