Zeitplan weiter in Gefahr

DaimlerChrysler und die Deutsche Telekom dürfen das milliardenschwere Autobahn-Mautsystem für schwere Lastkraftwagen in Deutschland bauen. Das Bundeskartellamt hat eine Beschwerde des unterlegenen Ages-Konsortiums um Vodafone, Aral und Shell nach mehrwöchiger Prüfung abgelehnt.

"Unser Antrag ist zurückgewiesen worden", bestätigte ein Ages-Sprecher. Man prüfe nun, ob man gegen den Bescheid beim Oberlandesgericht Düsseldorf klage. Das würde eine Vertragsunterzeichnung mindestens bis Oktober verzögern. Die Vorlaufzeit bis zum Start beträgt rund ein Jahr. Damit wäre der Zeitplan des Bundesverkehrsministeriums, die Lkw-Maut Mitte 2003 zu erheben, nicht mehr einzuhalten. Ages hatte vermutet, das ETC-Angebot sei unrealistisch niedrig gewesen. An dem Electronic Toll Collect (ETC) genannten Konsortium sind DaimlerChrysler und die Deutsche Telekom zu je 45 Prozent sowie der französische Autobahnbetreiber Cofiroute zu zehn Prozent beteiligt.

Entgegen der Ages-Beschwerde sei keine Ungleichbehandlung der Bewerber festzustellen, teilte das Kartellamt am Mittwoch in Bonn mit. Zudem erfülle das deutlich billigere Angebot von ETC die Mindestanforderungen der Ausschreibung. Kartellamtspräsident Ulf Böge sprach vom "bisher umfassendsten und schwierigsten Nachprüfungsantrag" seines Amtes. Die Behörde sei nicht nur der Ages-Beschwerde in allen Punkten nachgegangen, sondern habe darüber hinaus auf vergaberechtliche Verstöße geprüft. Dabei habe auch der Umstand eine Rolle gespielt, dass der Bund als Auftraggeber maßgeblich an der Deutschen Telekom beteiligt sei.

3,4 Milliarden Euro Maut pro Jahr

Der Auftrag des Bundesverkehrsministeriums sieht den Aufbau eines satellitengestützten Mauterfassungssystems vor. Dafür soll der Betreiber des Systems jährlich rund 650 Millionen Euro erhalten. Der Vertrag soll über zwölf Jahre laufen. Das Verkehrsministerium erwartet jährlich 3,4 Milliarden Euro Mauteinnahmen. Pro Kilometer sollen Lkw über zwölf Tonnen im Durchschnitt 15 Cent pro Kilometer zahlen.

Das Konkurrenz-Konsortium Ages um den britischen Mobilfunkkonzern Vodafone sowie die Mineralölfirmen Shell und Aral war im vergangenen Jahr wegen angeblich unvollständiger Angaben aus dem Vergabeverfahren ausgeschlossen worden, hatte sich aber per Gerichtsentscheid wieder zurück ins Rennen gebracht. Dennoch erteilte das Ministerium DaimlerChrysler und Telekom den Auftrag, wogegen Ages Beschwerde einlegte. Ob man nun erneut vor Gericht ziehe, werde Anfang nächster Woche entschieden, sagte ein Ages-Sprecher. "Es hat sich aber in der Vergangenheit bereits gezeigt, dass es sich lohnt zu kämpfen."

Die Straßenbauindustrie ist verstimmt über die geplante Verteilung der Mauteinnahmen. Von den jährlich erwarteten 3,4 Milliarden Euro, die deutsche und ausländische Spediteure an Maut zahlen müssen, flössen lediglich 380 Millionen – die Hälfte des Anti-Stau-Programms – in Ausbau und Erhaltung von Bundesautobahnen, kritisierte der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB), während der Lkw mit weiteren 380 Millionen Euro den Ausbau von Schiene und Wasserstraße mitfinanzieren müsse. Auch der Wegfall der Eurovignette, mit 310 Millionen Euro Erleichterung veranschlagt, helfe noch nicht der Straße. Schließlich sei die Verwendung 880 Millionen Euro noch völlig ungeklärt und offenbar ein Spielball der Politik.