Was kostet die Freiheit?

Fiat und General Motors (GM) werden sich aller Wahrscheinlichkeit nach einen Rechtsstreit um etliche Milliarden Euro liefern. Trotz intensiver Verhandlungen konnten sich der Turiner Industriekonzern und der US-Autoriese nicht über eine Option der Italiener einigen, die General Motors zur Übernahme der Mehrheit bei Fiat zwingen kann. GM will den Einstieg bei dem defizitären europäischen Traditionshaus vermeiden.

Wie Fiat mitteilte, ist die vertraglich festgelegte Vermittlungsfrist ohne Ergebnis abgelaufen. "Die Put-Option ist gültig, vollstreckbar und ein wichtiger Vermögenswert für die Gruppe", hieß es aus Turin. An den Finanzmärkten war bis zuletzt erwartet worden, daß sich GM aus der Option mit einem Betrag zwischen einer und zwei Millarden Euro freikauft. Offenbar lagen die Vorstellungen über den finanziellen Wert der Put-Option aber zu weit auseinander. Den nun wahrscheinlichen Rechtsstreit, der an einem Gericht in New York City ausgefochten werden wird, werten Analysten als schlechtestes Szenario für beide Unternehmen.

GM kämpft derzeit darum, in Europa nach verlustreichen Jahren wieder schwarze Zahlen zu schreiben. In den USA leidet die weltweite Nummer eins unter hohen Kosten für Pensionsrückstellungen. Für Fiat Auto müßte GM kein weiteres Kapital investieren, dafür aber die 8,5 Milliarden Schulden des seit Jahren unprofitablen Bereichs übernehmen.

GM geht es ums Prinzip

GM zweifelt Fiats Verkaufsrecht jedoch grundsätzlich an, da die Italiener im vergangenen Jahr durch eine für die Sanierung benötigte Kapitalerhöhung ihren Anteil verwässert hätten. Fiat-Vorstandschef Sergio Marchionne betont hingegen, es gebe die "reale Möglichkeit", GM zur Übernahme der verlustreichen Autosparte zu zwingen.

Analysten werten das vorläufige Scheitern der Gespräche vor allem für Fiat als nachteilig. Ein Rechtsstreit in den USA wird voraussichtlich Monate, wenn nicht Jahre dauern. Fiat braucht dringend Geld, um die Autosparte zu sanieren. Durch das Scheitern der Gespräche könnte etwa nach Ansicht der Hypo-Vereinsbank die Frage nach Liquiditätsrisiken wieder an Bedeutung gewinnen.

Nach Ansicht der Automobilanalysten der Investmentbank Morgan Stanley ist die Zeit vor allem durch die finanziellen Nöte der Italiener auf Seiten von GM. Beobachter gehen allerdings davon aus, daß trotz des vorläufigen Scheiterns der Gespräche die Verhandlungen fortgesetzt werden. Für GM geht es dabei vor allem um die Höhe der Summe, die die Amerikaner aufwenden müssen, um sich aus der Option zu befreien. Eine Summe von einer Milliarde Euro würde Morgan Stanley als "kleinen Sieg" für GM werten. Höhere Beträge wären jedoch "schmerzlich", da sie den größten Teil der überschüssigen Barmittel für 2005 verschlingen würde.