"Sprit, Öl, Luft, Wasser – an der Tanke will ich nicht mehr",
sagt Michael Harnischfeger.

Gestern schnell Sprit gebunkert und rein zum Bezahlen. Drei Menschen vor mir, na, kann ja nicht lange dauern. Von wegen! Der erste hantiert mit Punkte-Sammelkarten, in der Hoffnung, zu Silvester das neue Fondue zusammengetankt zu haben. Karte rein, Karte raus. Warten. Lesefehler, noch mal das Spiel. "Kann ich die Punkte auch mit der Karte dieses großen deutschen Automobil-Klubs kombinieren," fragt der Kunde.

Eierlegende Wollmilchsau?

Michael Harnischfeger
Redakteur Michael Harnischfeger.
"Und buchen Sie eben die Punkte des letzten halben Jahres nach?" Die junge Frau bucht emsig und erläutert dabei die "Ich spar 'nen Cent pro Liter"-Spielregeln a-u-s-f-ü-h-r-l-i-c-h. Der zweite Kunde will nur belegte Brötchen (der Bäcker ist übrigens gleich nebenan). Dieselbe junge Frau, sie hält allein die Stellung, streift sich Gummihandschuhe über, öffnet Döschen mit Butter, Käse, Schinken, Gurken und schmiert ihm ein – ach nein: drei Brötchen. Nur noch einer vor mir, jetzt geht's blitzschn ... Ach, vergiss es. Die Tanke ist jetzt nämlich auch noch ein DHL-Shop. Wo steht eigentlich geschrieben, dass eine Tankstelle den Supermarkt ersetzen muss (Tiefkühl-Pizza, Wein und Klopapier inklusive) und die Post und den Bäcker? Fehlen bloß noch das Nagelstudio und die Lotto-Annahmestelle. Früher gab es hier nur das, was man zwischen A und B brauchte – und einen, der eine H1-Birne wechseln konnte. Heute? Personal und Kunden am Rande des Nervenzusammenbruchs.
Heinrich Lingner
Redakteur Heinrich Lingner.
"Die deutschen Supermarkt-Tankstellen sind ein Segen",
findet Heinrich Lingner.

Spätestens seit ich an der Tankstelle an einem Sonntag Katzenstreu kaufen konnte, um die Hydraulikölflecken aus der undichten Servolenkung meines Youngtimers vom Garagenhof zu entfernen, bin ich ein großer Freund der Tankstellen-Shops. Klingt wie ein Witz, ist aber keiner. Da ich nicht die Feuerwehr bemühen wollte, damit die einen halben Liter Pentosin CHF 11 S beseitigt, fuhr ich nacheinander die drei nächsten Tankstellen an. Die ersten beiden, freie Tankstellen mit kaum mehr als zwei Zapfsäulen, einer Langnese-Kühltruhe und einer Hebebühne, hatten zwar Bindemittel für den Eigenbedarf, wollten jedoch nichts davon abgeben, auch nicht gegen Bezahlung. In der dritten, einer großen Markenstation mit einem Shop-Sortiment, das so manchen Dorf-Supermarkt aussticht, empfahl mir die freundliche Dame an der Kasse den Erwerb eines Sacks Katzenstreu.

Endlich jederzeit einkaufen

Das Streu wirkte Wunder, der Asphalt war hinterher sauberer als zuvor und ich in meiner Ansicht bestärkt: Die stets geöffneten, gut sortierten Tankstellen in Deutschland sind ein Segen. Wenn ich kurz vor 23 Uhr vom Flughafen komme, gibt es Körnerbrötchen und Knackwürste. Und wenn ich morgens um vier Richtung Norden aufbreche, kann ich Coffee to go (ein hassenswerter Begriff, doch eine feine Sache) und Croissants mitnehmen. Oder anders gesagt: Wenn irgendwann alle nachts ihre Elektroautos zu Hause aufladen, werden wir feststellen, dass RWE am Sonntag kein Katzenstreu verkauft.