Lange Zeit dachte man, Hybride zapften Sedativum als Treibstoff. Langsam aber dämmert's. Die Spaßbremsen erwachen aus ihrem selbstverordneten Schlafmodus. Vor allem dem Hybrid-Veteranen Toyota juckt es gewaltig unterm Fell. Beim neuen Toyota RAV4 PHEV steht Vernunft höchstens noch im Kleingedruckten. Das Stecker-SUV ist ein Starkstromer mit der Power eines Sportwagens. Technisch entspricht er zwar dem RAV Hybrid (222 PS). Doch die Truppe, die den 2,5-Liter-Benziner (182 PS) im PHEV unterstützt, hat mit den ganz schweren Hanteln trainiert. Während der E-Motor an der Hinterachse weiterhin 54 PS beisteuert, hat sein Pendant vorn nun satte 182 PS. Macht eine Systemleistung von 306 PS. Ein Grüner auf Speed. Der 155 Kilo schwere Akku – flach unterm Fahrzeugboden verstaut – verfügt über eine Kapazität von 18,1 kWh und soll Toyotas stärksten Hybriden 75 Kilometer rein elektrisch vorantreiben. Dabei ist er von Haus aus so erzogen, dass er grundsätzlich im E-Modus fährt. Selbst wenn man mal spontan etwas mehr aufs Gaspedal tritt, lässt sich der Verbrenner nicht aus der Reserve locken. Erst wenn die Batteriespannung für den reinen EV-Antrieb nicht mehr ausreicht, wechselt das System in den Hybridmodus und lässt den Vierzylinder mitarbeiten. Es sei denn, man wählt aktiv ein anderes der insgesamt vier Fahrprogramme. Unterm Strich soll dann (nach WLTP) ein Märchen-Verbrauch von 1,0 Liter stehen. Dieser Witz ist leider nicht ganz neu, und über die Pointe können die Besitzer an der Zapfsäule selten lachen. Ist die Batterie leer, klettern die realen Verbräuche oft auf das Zehnfache.

Bei den Fahrleistungen überzeugt der Toyota

Toyota RAV4 Plug-in Hybrid
Strom-Sportler im SUV-Gewand: Bei vollem Gaseinsatz geht der Toyota in 6,0 Sekunden auf Tempo 100.
Bild: Toyota
Wesentlich mehr Realitätssinn liegt im Reichweitenversprechen. Knapp 70 Kilometer haben wir auf der ersten Testrunde rein elektrisch geschafft – mit reichlich Autobahnkilometern, auf denen der Japaner im E-Modus bis 135 km/h rennen kann. Wenn Ebbe im Akku ist, übernimmt der Vierzylinder diskret die Hauptarbeit. Leise und ruckfrei. Überhaupt harmoniert das Hybridsystem wie ein altes Ehepaar. Zudem ist der Teilzeitstromer echt leise. Dank zusätzlichem Dämmmaterial sowie Akustikglas. Dass Toyotas neuer Aktivist eher an der Theke als in der Teestube punkten will, merkst du spätestens, wenn er alle Kraftreserven mobilisiert. Dann sprintet er wie der Supersportler Supra auf Tempo 100 und zieht durch schnelle Kurven (Stichwort tiefer Schwerpunkt) einen erstaunlich verlässlichen Strich. Bei aller Euphorie über die Performance bleiben wir realistisch. Pendler mit kurzen Wegen profitieren von der E-Reichweite. Haken dran.
Doch im Vergleich zum normalen Hybrid belasten 250 zusätzliche Kilo Handling, Reifen und Bremsen, Strom- und Spritverbrauch liegen dauerhaft rund 15 Prozent höher. Zudem ist der Plug-in trotz Umweltbonus noch 659 Euro teurer als sein steckerloser Bruder. So bleibt er vor allem für Dienstwagenfahrer interessant, die nun über die 0,5-Prozent-Versteuerung unverhofft in der 300-PS-Liga mitspielen können.
Das Fazit: Technisch klasse, Emotionen serienmäßig. Toyota zeigt, dass sie Hybrid beherrschen, auch mit Stecker. Ob so ein 306-PS-Teil sinnvoll ist, steht auf einem anderen Blatt. Spaß macht er allemal. Sparen können andere besser. AUTO BILD-Testnote: 2
Technische Daten Toyota RAV4 Plug-in Hybrid • Motor: Vierzylinder, Hybrid, vorn quer • Hubraum: 2487 cm³ • Systemleistung: 225 kW (306 PS) bei 6000/min • max. Drehmoment Verbrenner: 227 Nm bei 3200/min • Antrieb: Allradantrieb, stufenlose Automatik • Länge/Breite/Höhe: 4600/1855/1685 mm • Leergewicht: 1910 kg • Kofferraum: 490–1604 l • 0–100 km/h: 6,0 s • Vmax: 180 km/h • Verbrauch (WLTP): 1,0 l/100 km Super • Abgas CO2: 22 g/km • Preis ab 46.293 Euro (exklusive Umweltbonus).

Bildergalerie

Toyota RAV4 Plug-in Hybrid
Toyota RAV4 Plug-in Hybrid
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Kamera
RAV4 Plug-in Hybrid im Test

Von

Tomas Hirschberger