Spätestens beim Durchtreten des Gaspedals ist in der Phoenix Corvette C6.R Schluss mit lustig. Aber das war eigentlich schon vor dem Entern des spartanischen Cockpits klar. Denn diese Corvette ist bei den legendären 24-Stunden-Rennen von Le Mans und Spa das Maß aller Dinge. Doch was macht dieses gelbe Geschoss so schnell? Also rein ins Cockpit, anschnallen und Helm auf zum Gebet. Doch so einfach ist das nicht. "Am Dach festhalten, die Beine zuerst in Richtung Sitz, dann den Po auf die Verkleidung des Käfigs und anschließend den Kopf einziehen und hineingleiten", weist mir Phoenix-Ingenieur Mike Gramke den Weg ans Lenkrad des aktuellen Siegerautos der 24 Stunden von Spa. Die Sitzposition ist tief, sehr tief. Die Sicht extrem eingeschränkt. Der Fahrer muss die Abmessungen seines Autos quasi aus dem Effeff kennen. Ich lasse das Lenkrad auf der Lenksäule einrasten. Hauptschalter ein, Benzinpumpen ein, das farbige Display hinter dem Lenkrad informiert, ob alle Parameter im grünen Bereich sind. Alles ist grün. Kein Wunder, schließlich hat Motorsport-Ikone Klaus Ludwig die Corvette gerade Warmgefahren.

Der Sprint von 60 auf 100 km/h dauert warpmäßige 1,5 Sekunden

Das am Himmel fixierte Lenkrad ermöglicht den Einstieg in den sehr tief gelegenen Sitzplatz.
Das am Himmel fixierte Lenkrad ermöglicht den Einstieg in den sehr tief gelegenen Sitzplatz.
"Das Auto fährt sich fantastisch. Viel Qualm, in den Kurven rollt er sehr gut. Die Bremse ist der Hammer", schwärmt der Ex-Le-Mans-Sieger und DTM-Meister. Nun bin ich dran. Starterknopf drücken, und mit einem lauten Knall meldet der Motor Einsatzbereitschaft. Die 590 Pferdestärken an den Antriebsrädern hinten versprechen ein tolles Fahrerlebnis. Von null auf 100 km/h messen wir nicht. In der FIA GT, sportliche Heimat der Corvette, wird fliegend gestartet. Also beginnen wir den Test mit einem Spurt aus 60 km/h. Die 100er-Schallmauer erreicht die C6.R in 1,5 Sekunden. Fünf Sekunden später liegen bereits 200 km/h an. Mit kräftigem Schreien verlangt der Siebenliter-V8-Motor bei gefühlten 9000 Umdrehungen nach der nächsten Schaltstufe. Der Gangwechsel geht natürlich in Millisekunden. Das sequenzielle Sechsgang-Getriebe schaltet butterweich. Beim Runterschalten 15 Prozent Zwischengas – und die Corvette brummt zufrieden. Doch bei zügiger Kurvenfahrt wird die Hatz um den Nürburgring zum Erlebnis der anderen Art.
Spätestens beim Durchtreten des Gaspedals ist in der Corvette C6.R Schluss mit lustig.
Spätestens beim Durchtreten des Gaspedals ist in der Corvette C6.R Schluss mit lustig.
Wie ein Querschläger scheint die Corvette durch die Gegend zu schießen. Einlenken, kurz aufs rechte Pedal treten – und das Paket aus Mensch und Maschine jagt zur nächsten Ecke. Landschaftsfragmente reißt es an mir vorbei – ich fühle mich wie im Film. Auf dem Nürburgring bin ich jedenfalls deutlich vor der Maschine im roten Bereich. Kaum anders beim Bremsen: Die Verzögerung ist alles andere als vertrauenerweckend. Zunächst, denn erst nach einer halben Runde haben die Carbonscheiben die richtige Arbeitstemperatur. Und einen Bremskraftverstärker gibt es nicht. Also die Wadenmuskeln anspannen und ordentlich Reintreten. Die letzte Runde. Ich gebe auf der Start-Ziel-Geraden kräftig Gas. Und bremse erst unter der Brücke. Es funktioniert. In nur 100 Metern runter vom sechsten in den ersten Gang. Ich juble innerlich, und prompt gehen mir in der Mercedes-Arena die Gäule durch. Ein heftiger Verbremser endet im Notausgang. Dennoch, der Ritt auf dieser fetten Corvette war einfach ein geiles Erlebnis. Fazit von AUTO BILD MOTORSPORT-Testfahrer Guido Naumann: Herzlichen Glückwunsch an das Phoenix-Team. Mit der Corvette C6.R haben sie neben dem Aston Martin und den DTM-Audis ein weiteres Siegerauto im Stall. Die gelbe Flunder ist zum Rennenfahren und Siegen gebaut. Der V8 harmoniert mit einem erstklassig abgestimmten Fahrwerk und einer fest zubeißenden Bremse. Das Paket ist einfach rundum stimmig.