Nach dem Willen der Werkstätten sollen Hauptuntersuchung und Reparatur künftig aus einer Hand kommen. Damit wäre es Werkstätten möglich, TÜV-Plaketten zu vergeben – ein Einfallstor für Pfusch bei der Prüfung.
"Spurstangenköpfe ausgeschlagen, Querlenker verschlissen, ABS defekt": teure Bilanz einer Hauptuntersuchung (HU). Doch muss das wirklich alles gemacht werden? Geht's nicht billiger? Diese Frage werden sich in Zukunft viele Autobesitzer stellen, sollte ein Vorstoß des Zentralverbandes Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe e.V. (ZDK) erfolgreich sein. Die Interessenvertretung der Werkstätten prüft derzeit die Chancen einer sogenannten Meister-HU. Damit wäre es Werkstätten möglich, TÜV-Plaketten zu vergeben – ohne unabhängigen Prüfer.
ZDK-Vize: "Kompetenz für die HU ist in den Kfz-Betrieben vorhanden."
ZDK-Vizepräsident Wilhelm Hülsdonk: "Kfz-Gewerbe hat im dualen System ständig Federn gelassen."
In einigen anderen EU-Ländern ist das bereits üblich, in Deutschland gilt hingegen eine klare Trennung: Speziell ausgebildete Ingenieure von Prüforganisationen wie TÜV oder DEKRA begutachten das Auto, die Werkstätten reparieren es. "Das Gewerbe hat im bestehenden dualen System ständig Federn gelassen", sagt ZDK-Vizepräsident Wilhelm Hülsdonk: "Daher lassen wir prüfen, ob die HU vom Kfz-Meisterbetrieb selbst durchgeführt werden kann." Die Initiative ist bemerkenswert, arbeiten Prüforganisationen und Werkstätten doch scheinbar friedlich Hand in Hand. "Der Vorstoß des ZDK hat uns überrascht", sagt Johannes Näumann vom Verband der TÜV e.V. (VdTÜV). Die Arbeitsteilung habe sich bewährt, sie stehe für eine sehr gute Verkehrssicherheit und schütze die Verbraucher, so Näumann. Tatsächlich stellt sich die Frage: Wie unabhängig ist ein Prüfer, der eine Werkstatt führt? Eine lange Mängelliste zum eigenen Wohl ist nur eine Spielart des möglichen Missbrauchs.
Gefälligkeits-Plakette für gute Kunden?
Prof. Dr. Michael Brenner, Staatsrechtler: "Eine HU durch Werkstätten ist kaum zu rechtfertigen."
Doch auch der umgekehrte Fall ist denkbar: die Gefälligkeits-Plakette für gute Kunden. Schon heute dürfen Werkstätten die Abgasuntersuchung (AU) erledigen – nicht alle nehmen es dabei genau. Staatsrechtler Michael Brenner hält die Meister-HU zudem für rechtlich problematisch. Da die Kontrolle der Fahrzeuge eigentlich staatliche Aufgabe sei, benötige ihre Übertragung an Privatpersonen eine besondere sachliche Rechtfertigung. Die aber sei "wegen des bestehenden Interessenkonflikts" kaum gegeben, erklärt Brenner. Doch 2015 will die EU die Prüfmethoden der Mitgliedsländer angleichen. Sollte dann die Meister-HU kommen, bliebe laut Brenner gegen möglichen Prüf-Pfusch nur, die Strafen für Verstöße gegen die Überwachungspflicht zu verschärfen.