Falsche Angaben, ungenaue Aussagen, fehlerhafte Messungen. Wenn es gekracht hat, lässt sich der Unfallhergang auch von Experten oft kaum rekonstruieren. Doch das Stochern im Nebel könnte bald ein Ende haben. Eine Koalition aus Politikern, Crashexperten und Versicherern will einem unbestechlichen Zeugen zum Durchbruch verhelfen: dem digitalen Unfalldatenschreiber. Mit ihm lässt sich feststellen, was in den Sekunden vor, während und nach dem Crash wirklich passiert ist. Hat der Fahrer geblinkt? War das Licht eingeschaltet? Wurde die Bremse betätigt? "So ein elektronisches Protokoll würde uns bei der Arbeit immens helfen", sagt Jörg Ahlgrimm, Leiter Unfallanalyse beim DEKRA. "In modernen Autos fallen ja ohnehin große Datenmengen quasi als Abfallprodukt an, zum Beispiel über Lenkbewegungen, Gierrate, Geschwindigkeit, Längs- und Querbeschleunigung."  Ein Großteil der Hardware, so der Experte, sei sowieso an Bord. Man müsse sich nur auf die Qualität der abzurufenden Daten sowie eine Schnittstelle zum Auslesen einigen.
Unfalldatenspeicher
"Unter Fachleuten ist unbestritten, dass der Unfalldatenschreiber die Rechtssicherheit erhöht, insbesondere in unklaren Haftungssituationen wie Massenkollision", sagt Dr. Johann Gwehenberger vom Institut für Fahrzeugsicherheit im Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft. Auch die Politik hat das Thema bereits auf der Agenda. Klaus Lippold (CDU), Vorsitzender des Bundestags-Verkehrsausschusses, zu AUTO BILD: "Ich bin dafür, dass Unfalldatenschreiber für Neufahrzeuge gesetzlich vorgeschrieben werden. Auf diese Weise können wie in Flugzeugen alle wichtigen Informationen zum Hergang eines Crashs rekonstruiert werden." Allerdings müssten alle diese Daten strengen Datenschutzauflagen unterliegen.
Lippold: "Jeglicher Missbrauch muss ausgeschlossen sein. Das gilt insbesondere für die Verfolgung von Verkehrsverstößen, zum Beispiel Geschwindigkeitsüberschreitungen." Uneingeschränkte Zustimmung ernten solche Überlegungen auch beim Koalitionspartner: "Nachdem sich Unfalldatenspeicher im Probebetrieb bei der Berliner Polizei bereits bewährt haben, sollte die flächendeckende Einführung für Neufahrzeuge unser Ziel sein", sagt Uwe Beckmeyer, verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. Die Mehrkosten ließen sich durch einen entsprechender Bonus in der Kfz-Versicherung auffangen. Markus Ferber, CSU-Verkehrsexperte im Europaparlament, will Druck machen für eine EU-weite Einführung der Blackbox. "Unfalldatenschreiber müssen von Brüssel für alle Neuwagen vorgeschrieben werden. Sie können dazu beitragen, das EU-Ziel einer drastischen Reduzierung der Unfallzahlen schneller zu erreichen."