Vergleich Ferrari 250 GT SWB/Enzo
Hoch zu Ross

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Eine Begegnung der besonderen Art: Der Ferrari 250 GT Berlinetta SWB trifft auf seinen mehr als 40 Jahre jüngeren Nachfahren Ferrari Enzo. AUTO BILD SPORTSCARS ist beide gefahren.
Mit summend-schmatzendem Geräusch öffnen sich die Flügeltüren. Hinter der Schwelle warten eigentlich vertraute Dinge: zwei Schalensitze, hier aus lederbezogenem Carbon, Gas- und Bremspedal, ein Lenkrad, Zündschloss, Tacho, Drehzahlmesser. Und doch ist heute alles anders. Diese Flügeltüren gibt es weltweit 800 Mal, das dazugehörige Auto wurde 400 Mal gebaut. Und zum Listenpreis von 645.000 Euro an ausgewählte Kunden mehr verteilt als einfach nur verkauft. Die meisten fristen ein nicht eben artgerechtes Dasein in privaten Garagen. Doch dieser Enzo ist bereit für einen kurzen Ritt über kleine Landstraßen. Leichtes Herzklopfen stellt sich ein. Nach dem Zuziehen der ultraleichten Türen ein Blick in den Rückspiegel. Hinter dem Trumm von Motor dieses automoblen Traumes offenbart sich etwas rundlich Rotes mit kecken Scheinwerfern, nicht enden wollender Motorhaube und vollendet sinnlichen Linien. Ein weiterer Traum aus der Frühzeit der italienischen Marke mit dem springenden Pferd und für viele der Inbegriff des Straßen- und Rennsportwagens der 60er Jahre: Der 250 GT Berlinetta SWB (steht für Short Wheel Base) wurde nur 166 Mal gebaut (93 Lusso, 73 Competition) und ist in freier Wildbahn so gut wie nie zu sehen.
Tauglich im Alltag und auf der Rennstrecke

Straßensportler ganz nah an der Formel 1

Was aber nicht weiter interessiert, denn das Ortsausgangsschild ist schon zu sehen. Mit Rücksicht auf den beifahrenden Enzo-Besitzer wird es nur ein mildes Flipperspiel an den Kohlefaser-Schaltpaddels. Immerhin aber genug, dass der SWB im Rückspiegel rasend schnell zu einem kleinen roten Fleck in weiter Ferne wird. Der bis 8000 Umdrehungen reizbare Ferrari Enzo katapultiert sich unter metallischem Kreischen in Geschwindigkeitsregionen, in denen die Umwelt nur noch verwischte Farbflecke am Rande des Gesichtsfeldes hinterlässt. Das Fahrwerk scheint die Straße förmlich anzusaugen, doch selbst bei kräftigen Bodenwellen kommt keine Unruhe auf. Und das, obwohl das Enzo-Fahrwerk alles andere als brachial hart ist. Schon nach wenigen Kilometern fühlt man sich in dem sündteuren Boliden sauwohl. Wird immer schneller, bremst später, lenkt knapper ein, wechselt in den Race-Modus, möchte mal das Heck tänzeln … – Also genau der richtige Zeitpunkt für einen Fahrzeugwechsel.
Der SWB ist eine Augenweide in jedem Detail
Vor dem Einstieg in den SWB darf das Auge die femininen Formen umschmeicheln, bleibt an den wuchernden Snapps-Auspuffrohren (stammen aus dem Competition bzw. GTO) hängen, bestaunt die Borrani-Drahtspeichenräder, ergötzt sich an dem von einem Vorhängeschloss gesicherten Tankdeckel und führt die Hand zum verchromten Türöffner. Spärlich konturierte Sportsitze (aus dem Competition) und ein ultradünnes Holzlenkrad versprühen den Geist der 60er Jahre, Gurte gibt es nicht, dafür einen Extra-Schalter für die Benzinpumpe, den man zum Starten umlegen muss. Mit heiserem, aber sehr harmonischem Klangbild springt der SWB ins Standgas. Der dürre Schalthebel führt ohne Kulisse durch vier Gänge, der Rückwärtsgang liegt rechts vorn. Der volle, röhrende Sound des auf 300 PS getunten Colombo-Triebwerks mit den Sechsfach-Weber-Vergasern ist ein Genuss. Ebenso das perfekte Finish des SWB, als käme er gerade aus dem Verkaufsraum.

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