Verkehrspolitik
Kommt jetzt das Tempolimit?

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Nach dem Biosprit-Desaster fordern Politiker eine generelle Begrenzung der Geschwindigkeit auf allen Autobahnen. Ob das dem Klima hilft, ist höchst umstritten.
Auf sechs Kilometern Autobahn will Dr. Reinhard Loske das Klima retten. Der Bremer Umwelt- und Verkehrssenator (Bündnis 90/die Grünen) machte am 9. April 2008 einen so langen Abschnitt zu einer Tempo-120-Zone. Ein "Signal für den Klimaschutz", so der Politiker. Um dieses Signal zu vernehmen, muss man aber sehr gut hinhören: Sechs von 12.400 Autobahnkilometern im Land – so sieht globaler Klimaschutz in dem kleinen Stadtstaat aus. Doch Dr. Loskes Worte passen in die Zeit: Nur eine Woche nach dem Scheitern der höheren Biosprit-Beimischung versuchen er und andere Limit-Befürworter, das Thema mal wieder in die Öffentlichkeit zu tragen. Zuspruch bekommt Loske unter anderem vom Bundestagsabgeordneten Josef Göppel (CSU). Der glaubt, nach dem Biosprit-Aus werde ein Tempolimit wahrscheinlicher.
Tempolimits auf allen Bremer Autobahnen
Wunschglaube. Denn im Bundesverkehrsministerium sieht man den vermeintlichen Bremer Alleingang gelassen. Es handelt sich nämlich keinesfalls um ein flächendeckendes Limit, wie Loske immer wieder betonte. Das könnte nur der Bundestag beschließen. Für abschnittsweise Beschränkungen wie in Bremen braucht es eine Begründung. Und das waren die zuletzt steigende Unfallzahlen. Deshalb sind seit dem 9. April 2008 alle Autobahnkilometer limitiert – und nicht wegen der schlechten Luft. Auch die Position im zweiten der zuständigen Bundesministerien ist eindeutig: Neben Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) hält auch Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) nicht viel von einem generellen Tempolimit. Zu gering sei der Klima-Effekt. Laut einer Studie des Umweltbundesamtes (UBA) sinke bei Tempo 120 der durch den Straßenverkehr verursachte CO2-Ausstoß um gerade mal 0,3 Prozent.
Gerd Lottsiepen vom Verkehrsclub Deutschland (VCD) sieht darin ein Potenzial von rund zwei Millionen Tonnen CO2 . Oder gar mehr, denn die UBA-Berechnungen basieren auf Zahlen von 1996. Neue Erhebungen aber seien politisch unerwünscht, so Lottsiepen. Im Verkehrsministerium hält man die positiven Auswirkungen eines generellen Limits für überschätzt. Zudem werde sich kaum jemand an eine Begrenzung halten, die nicht nachvollziehbar sei. Sinnvoller seien Limits an Unfallschwerpunkten – wie in eigentlich allen Bundesländern. Von den 12.400 Kilometern Autobahn ist fast die Hälfte entweder ständig oder durch moderne Computeranlagen zeitweise begrenzt – eben genau dann, wenn der Verkehr dicht und die Unfallgefahr hoch ist. Übrigens: Die Hansestadt ist nicht das erste Bundesland, das die freie Fahrt abschaffte. Berlin tat dies schon vor Jahren – ohne dass die Luft besser geworden wäre.
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