Verkehrsrecht: Rad-Unfall, Berlin, Letzte Generation, Protestaktion
Stau verzögert Rettungseinsatz: Das droht den Klima-Aktivisten

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Nach dem tödlichen Rad-Unfall in Berlin im Zusammenhang mit einer Klima-Protestaktion: Einschätzungen und Ratschläge eines Verkehrsrechtsexperten!
Bild: dpa
Die Fahrradfahrerin (44), die in Berlin-Wilmersdorf bei einem Unfall mit einem Betonmischer schwer verletzt wurde, ist gestorben. Klima-Aktivisten hatten für einen Stau gesorgt, der den Rettungseinsatz wahrscheinlich verzögerte.
Durch eine Aktion der Klima-Protestgruppe "Letzte Generation" auf der Stadtautobahn war ein Spezial-Bergungsfahrzeug verspätet am Unfallort eingetroffen. Die Feuerwehr musste an der Unfallstelle improvisieren. Eventuell hätte die Frau sonst gerettet werden können.
Die Polizei ermittelt gegen zwei Blockierer (63, 59) wegen Behinderung Hilfe leistender Personen. Welche rechtlichen Konsequenzen drohen den beiden Klima-Kämpfern?
Das sagt der Experte für Verkehrsrecht
Der Frankfurter Verkehrsrechtsexperte Uwe Lenhart klärt auf: "Eine unterlassene Hilfeleistung (§ 323c Abs. 1 Strafgesetzbuch) oder die Behinderung von Hilfe leistenden Personen (§ 323c Abs. 2 StGB) hängt davon ab, ob die Besetzer den Unfall bemerkt haben. In beiden Fällen droht eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe."

Verkehrsrechtsexperte und Anwalt Uwe Lenhart.
Bild: AUTO BILD
Die Männer könnten nur dann straffrei davonkommen, wenn genügend andere Helfer am Unfallort waren oder "eine Verschlechterung der Rettungs- oder Hilfechance" durch die Verspätung "nicht objektiv feststellbar" wäre.
Nötigung oder fahrlässige Tötung?
Doch es könnte für die Aktivisten auch noch härter kommen. Anwalt Lenhart: "Führt das durch eine Sitzblockade verursachte verspätete Eintreffen von Rettungskräften zum Tod eines Unfallopfers, könnte fahrlässige Tötung (§ 222 StGB) vorliegen." Dann drohen bis zu fünf Jahre Knast!
Das Argument, die Klima-Aktivisten hätten auf der Autobahn ja für eine "gute Sache" demonstriert, wirkt nicht strafmildernd. Lenhart: "Es wäre ja auch möglich, für die gute Sache zu werben, ohne Unbeteiligte zu belästigen, zu schädigen oder letztlich deren Tod in Kauf zu nehmen."

Von diesem Betonmischer wurde die Radfahrerin tödlich verletzt.
Bild: dpa
Dass Aktivisten mit ihren Protesten zuletzt immer häufiger Straßen und Autobahnen zum Stillstand brachten, könnte für zukünftige Fälle wie den in Berlin eine Signalwirkung haben, so der Verkehrsrechtsexperte: "Gesetzgebung und Rechtsprechung sehen sich immer dann veranlasst, härtere Strafen zu verhängen, wenn bestimmte Straftaten vermehrt begangen werden."
Uwe Lenhart betont aber auch: "Friedliche Blockaden fallen grundsätzlich unter die Versammlungsfreiheit und sind damit grundrechtlich geschützt." (Art. 8 GG)
Sitzblockaden möglichst umfahren
Was droht Autofahrern also, wenn sie Demonstranten eigenhändig "aus dem Weg räumen"? Lenhart: "Das wäre Nötigung nach § 240 Abs. 1 StGB und kann Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahre oder Geldstrafe bedeuten. Bei Verletzungen der Protestler drohen sogar bis zu fünf Jahren Haft."
Aber: Ermöglicht man etwa einer Ärztin, zum Patienten zu gelangen, oder hilft man einer Person, die ärztliche Hilfe benötigt, könnten Nötigung und auch Körperverletzung gerechtfertigt sein. Uwe Lenharts Rat: "Sitzblockaden nach Möglichkeit umfahren und möglichen Konflikten der Demonstranten aus dem Weg gehen."
Auch in der Politik regt sich immer mehr Widerstand gegen die Aktivisten. Alexander Graf Lambsdorff (FDP) twitterte: "Die Klebeblockaden der Letzten Generation sind eben keine spätpubertären Streiche, sondern Angriffe auf die kritische Infrastruktur unserer Gesellschaft. Es ist zu hoffen, dass auch die Justiz das langsam begreift."
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