PoliScan Speed kann mehr als die Konkurrenz. Der Tempoblitzer überwache bis zu drei Fahrspuren gleichzeitig und biete eine "überzeugende und lückenlose Beweisführung vor Gericht", so Hersteller Vitronic über das Gerät. Es setze "neue Maßstäbe in der Geschwindigkeitsmessung". Diese Argumente überzeugten viele Städte und Gemeinden: Seit Verkaufsstart vor drei Jahren sind mittlerweile rund 100 stationäre und mobile Geräte bundesweit im Einsatz – und sichern den Betreibern reichlich Bußgeldeinnahmen. Noch.
Denn Oliver Knapp, Anwalt aus Oberursel (Hessen), hält den Einsatz des Gerätes "für verfassungswidrig, weil sich die Messwertbildung nachträglich nicht sicher überprüfen lässt". Es zeichnet nämlich – im Gegensatz zu allen anderen Blitzgeräten – nicht den Bereich der Messung auf, sondern schießt das Beweisfoto einige Meter später. Gerade bei der Überwachung mehrerer Fahrspuren sei darum die eindeutige Zuordnung von tatsächlichem Täter und dem fotografierten Fahrzeug umstritten. "Das Messergebnis muss aber überprüfbar sein", so Knapp weiter – und beruft sich auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 3. März 2009. Darin ging es zwar nicht um Tempoblitzer, sondern um Wahlcomputer, deren Zählergebnisse ebenfalls nicht rückwirkend überprüfbar gewesen sind. Diesem Argument folgte das Amtsgericht Dillenburg im Oktober 2009 – und entschied im Falle eines durch Knapp vertretenen Mandanten auf Freispruch.

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Vitronic sieht dennoch keinen Grund zur Nachbesserung, wie etwa die zusätzliche Aufzeichnung der Messzone. Schließlich hat das Gerät die vorgeschriebene Zulassung der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB). Die kam nach rund 1000 Referenzmessungen zu einem eindeutigen Urteil: "Eine Fehlzuordnung des Fotos bei realistischen Fahrmanövern ist auszuschließen", so Frank Jäger, Leiter der Arbeitsgruppe Geschwindigkeitsmessgeräte der PTB gegenüber AUTO BILD. Bundesweit liegen Tausende von PoliScan-Speed-Fällen seit dem Dillenburg-Urteil auf Eis, weil die Staatsanwaltschaft Rechtsbeschwerde eingelegt hat. Sollte das jetzt zuständige Oberlandesgericht Frankfurt/Main diese Beschwerde abweisen, werden sich zumindest viele hessische Amtsgerichte künftig am Dillenburg-Urteil orientieren. Ein Urteil soll noch im Januar fallen.