Es ist die Horrorvorstellung von E-Bike-Fahrern: Beim Aufladen fängt der Akku plötzlich Feuer. Die Flammen springen über und stecken das Haus oder die Wohnung in Brand. Wenngleich dieses Szenario nicht sehr wahrscheinlich ist, ausgeschlossen ist es nicht. Regelmäßig sorgen in Fahrradgeschäften und Wohnungen von Akkus ausgelöste Brände für Aufsehen in den Nachrichten.
Die Flammen und sogar Explosionen im Test zeigen, wie viel Energie in den Akkus steckt.
Bild: Dekra

Risikofaktor Akkuzellen

Die gute Nachricht zuerst: Die Chancen, dass so etwas ausgerechnet Ihnen passiert, seien sehr gering, das versichern uns die Produktexperten vom Prüfinstitut Dekra, nachdem die Tester das Gefahrenpotenzial defekter E-Bike-Akkus untersucht haben. Laut Statistik liegt das allgemeine Risiko bei Millionen von Elektrofahrrädern sogar nur im Promillebereich. Doch was im seltenen Fall eines beschädigten Akkupacks passieren kann, ist dramatisch. Während des kontrollierten Versuchs unter Aufsicht der Feuerwehr (Stöße, Stürze und Einstiche) kam es zu starken Explosionen mit Einzelteilen, die meterweit flogen, und es entwickelten sich Flammen, die aus den Energiezellen schossen. Besonders problematisch ist, dass Akkus, die in Pedelecs zum Einsatz kommen, sich immer wieder aufs Neue entzünden können. Das liegt daran, dass es sich nicht, wie man gern glauben könnte, um einen einzigen Akku handelt, sondern um Akkupacks, in denen viele Lithium-Ionen-Zellen miteinander verbunden sind, die sich gegenseitig entzünden und so den Brand beschleunigen. E-Biker sollten daher das Gefahrenpotenzial auf dem Radar haben.
Vorsicht, heiß! Auch längst ausgebrannte Akkus stellen noch eine Gefahr dar.
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Der richtige Umgang mit E-Bike-Akkus

Um das Risiko so gering wie möglich zu halten, empfehlen die Produktexperten, sich an alle Tipps und Empfehlungen zum Umgang mit den Energieträgern zu halten. Die Akkus sollten regelmäßig von einem Experten im Zuge der Routinewartung des Fahrrads überprüft werden. Mögliche Fehler im Batteriemanagment, das die Energieverteilung zwischen den Zellen regelt, können dabei schnell erkannt werden.
Darüber hinaus sollte man die Akkus nicht länger als nötig laden, bestenfalls nicht über Nacht. Wer sich unsicher ist, sollte überdies auf einer feuerfesten Unterlage fernab von leicht entflammbaren Gegenständen laden und in der Nähe sein, falls etwas passiert. Grundsätzlich gilt auch, dass Sie Akkus von renommierten Fahrradmarken mehr Vertrauen schenken können als jenen, die in Billigbikes verbaut sind.
Wird der Akkupack eines E-Bikes stark angegriffen, entsteht sofort Feuer
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Unser wichtigster Tipp: Heruntergefallene oder beschädigte Akkus sollten keinesfalls mehr geladen oder benutzt werden, sondern müssen von Fachpersonal geprüft und gegebenenfalls ersetzt werden.
Ein Nageleinstich simuliert einen Schaden an einer Batteriezelle.
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Die wichtigsten Fragen und Antworten zu E-Bike-Akkus:

Wie lade ich den E-Bike-Akku richtig?

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Lithium-Ionen-Zellen können unabhängig von ihrem Ladezustand beliebig kurz geladen werden. Das Batteriemanagementsystem (BMS) schützt in Verbindung mit dem Ladegerät den Akku vor Überlastung beim Laden. Unterbrechungen des Ladevorgangs schaden nicht. Im Gegenteil: Hersteller empfehlen häufige Teilladungen, die sich positiv auf die Lebensdauer auswirken sollen. Wichtig: Akkus sollten nur mit dem dazugehörigen Ladegerät aufgeladen werden. Ansonsten kann es zu einem irreparablen Schaden kommen. Batterie-Experte Stefan Scheuer ergänzt: "Im warmen, entladenen Zustand zu laden, mag der Akku nicht. Ich lade meinen Akku auch nicht nachts durchgehend, ebenso nicht den vom Smartphone. Hier geht es um funktionale Zuverlässigkeit und die Frage: Wie sicher können Geräte die Beendigung des Ladevorgangs erkennen? Ein Ladegerät und das BMS müssen erkennen, wenn der Akku geladen ist. Das Ladegerät kann eine Fehlerquelle haben, und wenn auch das BMS eines Akkus versagt, wird weitergeladen, und er kann explodieren. Ich gehe dieses Risiko nicht ein. Dafür gibt es aber eine Lösung: eine Zeitschaltuhr. Dann ist der Akku vielleicht nur zu 90, 95 Prozent geladen, das macht aber nichts und ist sogar für die Lebensdauer vorteilhaft."



Wie lagere ich meinen E-Bike-Akku richtig?

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Wird das E-Bike länger nicht benutzt, sollte der Akku trocken, kühl und mit 30 bis 60 Prozent der Ladekapazität gelagert werden. Alle zwei Monate empfiehlt sich eine Überprüfung des Ladezustands.

Was muss ich bei E-Bike-Akkus im Winter beachten?

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Kälte reduziert die Leistungsfähigkeit des Akkus. Bei Temperaturen unter null Grad Celsius ist es ratsam, den bei Raumtemperatur geladenen Akku kurz vor Fahrtantritt einzusetzen. Bei Außentemperaturen ab zehn Grad raten Experten, den Akku mit ins Warme zu nehmen.

Was muss ich bei E-Bike-Akkus im Sommer beachten?

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Im Sommer sollte der Akku möglichst vor direkter Sonneneinstrahlung geschützt werden.

Wie verhindere ich Tiefenentladung bei E-Bike-Akkus?

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Noch nicht alle E-Bike-Akkus haben ein Batterie-Management-System, das eine Tiefenentladung verhindert. Dabei erlöscht die Kapazität der Akku-Zellen völlig, es kann ein Prozess eingeleitet werden, der zu einem Kurzschluss führt, wenn die Zellen wieder geladen werden.

Worauf muss ich beim Akku-Kauf achten?

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Beim Akku-Kauf muss man darauf achten, dass der Nachweis auf die Norm EN 50604-1 erbracht wird und eine Baumusterzertifizierung vorliegt.

Kann ich mir einen E-Bike-Akku selber bauen oder reparieren?

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Alle Experten, mit denen BIKE BILD gesprochen hat, raten dringend davon ab. Die Zellen sollten nur von Fachpersonal geöffnet und gewartet werden.

Kann ich mit einem E-Bike-Akku weiterfahren, der runtergefallen ist?

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Selbst ein vermeintlich harmloses Umfallen des E-Bikes kann den Akku beschädigen und zur Gefahrenquelle machen. Im Zweifelsfall sollte der Energieträger bei der Fahrradwerkstatt auf Schäden überprüft werden.

Sind E-Bike-Akkus von Markenherstellern sicherer als Billigware?

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Hannes Neupert, 1. Vorsitzender von Extra Energy e.V., beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit dem Thema Batteriesicherheit und widerspricht entschieden: ,,Jede Batterie kann brennen. Die Aussage, Markenprodukte seien definitiv sicher, ist so als ob man sagen würde, weil jemand einen Rettungschwimmer-Schein gemacht hat, kann er nicht mehr ertrinken.“