Wohnmobil-Tipps
Dauerparken oder doch einmotten?

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Wohin mit dem Reisemobil im Winter? In den Städten häufen sich Anwohner-Beschwerden wegen dauerhaft abgestellter Fahrzeuge. Digitale Abstellplatz-Börsen wollen jetzt dabei helfen, einen passenden Platz zu finden.
Bild: Hersteller/Mycamperhome
Reisemobilisten verdanken ihren Fahrzeugen unvergessliche Momente. Steht das Haus auf Rädern in der Winterpause in Sichtweite, reicht ein Blick aus dem Fenster, um diesen Erlebnissen im Kopf wieder ganz nahe zu sein. Schön.
Aber nicht für jeden: Gehört einem das Fahrzeug nicht, wird diese Nähe mitunter als störend empfunden. Monatelang auf selber Stelle geparkte Mobile nehmen Parkplätze weg, hochgewachsene Exemplare verdunkeln durch Schattenwurf womöglich die Stube, spielende Kinder sind hinter ihnen für den Durchgangsverkehr unsichtbar.

Nicht überall gern gesehen: Reisemobile dominieren teils ganze Straßenzüge.
Bild: Rainer Fromm / BILD
Die zuletzt hohe Zahl an Neuzulassungen insbesondere in Städten führt aktuell zu einer wachsenden Zahl von Anwohner-Beschwerden. Köln verzeichnet nach eigenen Angaben im Jahr 2022 bisher 35 davon, in Bielefeld "aus Gebieten mit hohem Parkdruck", in Stuttgart auch wegen "Sichtbehinderung" und "Verdunkelung". In Hamburg und Kiel ist über solche regelmäßig im Lokalteil zu lesen. Und nicht nur dort.
Auch kleinere Städte wie etwa Überlingen (Baden-Württemberg) sind betroffen. Hier sind so entstehende Engstellen und "Dauerblockade wichtiger Stellflächen" ein Problem. Rechtlich haben Städte und Gemeinden kaum eine Handhabe, denn das Langzeit-Parken ist in den meisten Fällen – und anders als bei Anhängern – legal, so lange die zulässige Gesamtmasse des Fahrzeugs unter 7,5 Tonnen liegt (auf Gehwegen: 2,8 Tonnen). Ein Zustand, der laut Frank Eckardt, Professor für Sozialwissenschaftliche Stadtforschung an der Uni Weimar, nicht zeitgemäß sei und Unfrieden mitunter fördere – siehe Interview links.
Zulassungsboom in Zahlen: Es wird enger
Stadt | zugelassene Wohnmobile am 1. Januar 2019 | zugelassene Wohnmobile im November 2022 | Veränderung in % |
---|---|---|---|
Stuttgart | 1171 | 2520 | + 115,2 |
Mannheim | 2186 | 3971 | + 81,7 |
Dresden | 2162 | 3628 | + 67,8 |
Bielefeld | 1990 | 2989 | + 50,2 |
Der immer knappere öffentliche Raum und ökologische Ziele zwingen viele Städte zum Handeln. So hat Tübingen einen nach Fahrzeugmasse gestaffelten Anwohner-Parktarif, in Freiburg geht es nach Länge; Köln erlaubt nur ein Fahrzeug pro Haushalt, das kürzer als 5,60 Meter sein muss. Schweinfurt beschränkt seit September in einigen Problemzonen das Parken auf Pkw und Motorräder. Der Druck, eine andere Bleibe für das Reisemobil zu suchen, wird weiter zunehmen.
80 Kilometer Entfernung zum Wohnort "praktikabel"?
Damit die Reiseform, die beansprucht, rücksichtsvoll mit ihrer Umgebung umzugehen, nicht in Verruf gerät, setzt sich auch die Interessenvertretung der Fahrzeughersteller, der CIVD, ein: "Wir treten an betroffene Kommunen heran", sagt Thomas Nitsch, zuständiger Referent. Ziel: geeignete Flächen finden. Er glaubt, dass bis zu 80 Kilometer Entfernung zum Wohnort noch praktikabel seien.

Diese ehemalige Bootshalle in Mücheln nahe Leipzig ist ab sofort offen für Reisemobile (buchbar über mycamperhome.de; Stand: Dezember 2022).
Bild: Hersteller/Mycamperhome
Die Suche nach dem Platz in der Scheune oder Halle erleichtern wollen inzwischen diverse Abstellplatz-Online-Börsen. Mycamperhome hat nach eigenen Angaben rund 500 Abstellplätze im Angebot, für die man zum Teil Vermieter einzelner Stellflächen angesprochen habe, so Gründer Frank Rehle. Der Aufbau des Angebots sei alles andere als ein Selbstgänger. Bei Alpaca Camping, bislang als Vermittler von "Stellplätzen im Grünen" bekannt, hat erst Mitte November ein entsprechendes Angebot mit angeblich rund 900 Plätzen auf die Homepage gehoben.
Volldigitale Systeme wie etwa von Camppa (Österreich), bei denen von der Suche bis zur Abreise alles im Self-Service funktioniert, könnten das dauerhafte Vermieten von Flächen für deren Eigner lukrativ machen und so das Angebot vergrößern. Der Wille ist da: So teilt Christian Keck von Camppa mit, dass man auf der Suche nach einem für ein Pilotprojekt geeigneten Objekt sei – gerne auch in Deutschland.
Fazit
Hand aufs Herz: Von November bis März aus dem Wohnzimmerfenster auf ein fremdes Alkovenmobil zu gucken macht keinen Spaß. Wer ein Reisemobil hat, darf sich glücklich schätzen – und sollte die Folgen für das Wohl anderer im Blick haben. Es geht nicht um Verbannen, sondern Vernunft und Rücksicht.
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