Das Umparken im Kopf scheint ja zu funktionieren. Nicht nur bei den Kunden, die Opel neuerdings wieder cool finden, sondern beim Hersteller selbst. Opel hat sich lange vom Campingplatz verzogen, obwohl der Bedford Blitz mal zu den populärsten Basismodellen der Branche gehörte. Das neue Label Womondo ist natürlich keine Rüsselsheimer Erfindung, aber dagegen hat die Zentrale anscheinend auch nichts: Hinter der Marke, die sich den Movano als Basismodell gegriffen hat, steht mit der Siebrecht-Gruppe aus Uslar (Niedersachsen) einer der größten Opel-Händler. Der Ausbaupartner sitzt in Slowenien, 100 Opel-Kastenwagen will er bis Ende 2017 bewohnbar gemacht haben.

Traditionelles Layout ohne Wohnstuben-Anmutung

Womondo Momento
Der Tisch ist leicht und stufenlos verstellbar, aber ohne
Erweiterung. Für zwei reicht's.
Das ist er: Kein Billigheimer, sondern ein Kastenwagen mit Bling-Faktor und gehobenem Ambiente. Das Layout mit Sitzgruppe, Küchenblock, Nasszelle und Querbett fällt traditionell aus, in Stil und Materialwahl aber verweigert sich der Hersteller jeder Wohnstuben-Anmutung. Nur der Bodenbelag (aus Kunststoff) sieht nach Holz aus, die Fronten der Möbel (aus Holz) tragen Kunststoffbeschichtung nach Edelküchenart. Wer will, bekommt zweifarbige Lederpolster mit rautenförmigen Steppnähten (2265 Euro), wie sie auch Bentley-Käufer gern nehmen. Das alles ist präzise und mit Blick für hochwertige Details zusammengebaut und schließt preislich zu den feineren Marken auf: 50.500 Euro sind der Anfang. Aber dafür liefert Womondo ein Kassengestell, das weder Klimaanlage (1184 Euro) noch Airbags (630 Euro) enthält. Und auch der 145-PS-Biturbo-Diesel (1400 Euro) sollte es sein, denn leicht ist so ein 6,19 Meter langer Momento mit knapp drei Tonnen Leergewicht auch nicht. Auf dem Preisschild des Testwagens stehen 71.596 Euro: Selbst Nettigkeiten wie das Ausziehtischchen an der Außenseite des Küchenblocks und das Klappbrett neben dem Kochfeld gibt's nicht gratis.

Die gutmütigen Fahreigenschaften überzeugen

So fährt er: Wir möchten öfter in einen Movano steigen. Weil dieser nützliche Opel leise läuft, mit Druck beschleunigt, feinfühlig federt und sogar eine einfach bedienbare Navigation mitbringt – das ist zwar bei jedem koreanischen Kleinwagen die Regel, längst aber nicht im Reisemobil-Geschäft. Weniger gut: der riesige Wendekreis. Und: Die hübschen Möbel des Womondo machen hässliche Geräusche, wenn die Straße nicht ganz glatt ist. Außerdem rauscht's bei höherem Tempo vernehmlich von der mittleren Dachluke. Da wünschen wir uns noch ein paar Konferenzen zwischen Niedersachsen und Slowenien.
Überblick: Alles zum Thema Wohnmobile

Edel – aber noch nicht perfekt im Detail

Womondo Momento
Härtefall: Dicke Matratze, aber starre Bretter
untendrunter. In der Serie soll das besser werden.
Das hat er: Noch nicht die letzte Serienperfektion, die sich Womondo vorstellt. Das sagen sie selbst, wenn es um Details wie das Querbett geht, auf dem Menschen über 1,80 Meter schlicht zu kurz kommen. Und trotz der dicken Matratze, die auf der Holzunterlage liegt, würden ein Lattenrost oder Tellerfedern besser in die Preisklasse passen. Laut Hersteller ist das nur ein Zwischenstand: Wer den Momento jetzt bestellt,  kann ein 1,95-Meter-Bett und eine Spezialmatratze mit eingearbeitetem Lattenrost haben. Auch ein Froli-System soll es geben. Und die beiden Bretter darunter lassen sich beim Serienmodell mit Scharnieren hochklappen, sodass ohne großes Hantieren ein Stauraum für Fahrräder oder Surfbretter entsteht. Was sich wohl nicht ändert, ist die Stehhöhe, die große Leute zum Kopfeinziehen zwingt: 1,84 Meter sind es vorn im Wohnraum, etwas weniger im Bad. Das lässt sich mit seiner Jalousientür, dem Klappwaschbecken und der seitlichen Kunststoffwand leicht reinigen, kostet aber auch extra – 1172 Euro. Ein Fenster würden wir uns noch wünschen. Und ein paar zusätzliche Ablagen. Das erstaunt, weil sich die Womondo-Leute ansonsten ziemlich viele Gedanken um das Unterbringen großer und kleiner Gepäckstücke gemacht haben. Wenn sie jetzt noch ein kleines bisschen auf ihrem Auto herumdenken, kann es was werden mit dem coolen Camping-Opel. An der Basis scheitert's nicht.


Fazit

von

Kai Schwarten
Dieser neue Hersteller wählt nicht den einfachsten Weg: Womondo will schnell wachsen und doch vieles anders machen als die große Konkurrenz, vom Basisauto bis zum Design. Das ist ein sympathischer Ansatz. Jetzt noch etwas Feinschliff, dann wird das eine interessante Marke für Individualisten.

Von

Christian Steiger