Zeitreise mit 20 PS
Das Comeback der Kutsche

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Reisen wie vor 100 Jahren. Die Aaglander Manufaktur in Franken baut nach historischen Vorlagen moderne Motorkutschen. Für die neue Lust an der Langsamkeit.
Der Kutscher des 21. Jahrhunderts
Und plötzlich nimmst du Gas weg. Ganz instinktiv. Weil auch 20 km/h noch viel zu schnell ist. Du hälst die Zügel ganz locker in der Hand. Jedes noch so zarte Ziehen an den lederumfaßten Stangen sorgt für ein exaktes Lenkmanöver. Die Kutsche rollt im Schritttempo durch die Felder. Du fährst nicht, du reist. Wie vor 100 Jahren. Dein Blick wandert von der mit Blattgold belegten Holzkrone zum GPS-Navigationsgerät, auf dem nur die schönsten Schotterwege der Fränkischen Schweiz verzeichnet sind. Du atmest tief ein. Du bist der Kutscher des 21. Jahrhunderts.
Roland Belz ist der Vater dieses Vehikels. Der 56jährige ist Herr auf Schloß Kühlenfels, auf halbem Wege zwischen Nürnberg und Bayreuth. Um auch kaufkräftigere Touristen in die Region zu locken, hatte Belz die Idee, Motorkutschen nach der historischen "Duc"-Form mit Motor zu bauen und diese für Tagestouren zu verleihen.
Vor gut zwei Jahren gründete Belz die "Aaglander Manufaktur", jetzt sind seine ersten drei Kutschen fertig, die "Aaglander-Partie" kann beginnen – für 550 Euro pro Tag. Belz hat sein Geld mit der Erfindung und Vermarktung von recyclebarem Kunststoff gemacht. "Ich weiß, wie man mit Visionen und deren Risiken umgeht", sagt er. In seiner Stammkneipe trifft er häufig arbeitslose Handwerker. Belz trommelt sie zusammen: den Kunstschmied, den Autoelektriker, den Goldschmied, den Kfz-Meister, den Schreiner. "Neben der Freude am Projekt wollte ich Arbeitsplätze durch Innovation schaffen", sagt Roland Belz. Anfang 2003 nimmt die Mannschaft ihre Arbeit auf.
Roland Belz ist der Vater dieses Vehikels. Der 56jährige ist Herr auf Schloß Kühlenfels, auf halbem Wege zwischen Nürnberg und Bayreuth. Um auch kaufkräftigere Touristen in die Region zu locken, hatte Belz die Idee, Motorkutschen nach der historischen "Duc"-Form mit Motor zu bauen und diese für Tagestouren zu verleihen.
Vor gut zwei Jahren gründete Belz die "Aaglander Manufaktur", jetzt sind seine ersten drei Kutschen fertig, die "Aaglander-Partie" kann beginnen – für 550 Euro pro Tag. Belz hat sein Geld mit der Erfindung und Vermarktung von recyclebarem Kunststoff gemacht. "Ich weiß, wie man mit Visionen und deren Risiken umgeht", sagt er. In seiner Stammkneipe trifft er häufig arbeitslose Handwerker. Belz trommelt sie zusammen: den Kunstschmied, den Autoelektriker, den Goldschmied, den Kfz-Meister, den Schreiner. "Neben der Freude am Projekt wollte ich Arbeitsplätze durch Innovation schaffen", sagt Roland Belz. Anfang 2003 nimmt die Mannschaft ihre Arbeit auf.
Aaglander in ganz Deutschland
Der Weg vom ersten Schlag mit dem Schmiedehammer bis zur fertigen Kutsche, die jüngst von der DEKRA die Straßenzulassung als "Pkw offen" erhielt, ist steinig. "Vor allem Lenkung und Getriebe waren eine enorme Herausforderung", erklärt Markus Scharnagl (30), der technische Leiter bei Aaglander. Die beiden den Zügeln nachempfundenen Lenkstangen müssen leichtgängig sein, die beiden Lenkgetriebe so übersetzt, daß mit den Stangen ein Radeinschlag erreicht wird, der drei Lenkradumdrehungen beim Auto entspricht.
Ein stufenloses CVT-Getriebe sorgt dafür, daß trotz der riesigen Hinterräder von 110 Zentimeter Durchmesser auch an steilen Bergen problemlos angefahren werden kann. Der Dreizylinder-Diesel, der sonst Industriefahrzeuge antreibt, befindet sich unter der Sitzbank und ist so stark wie 20 Pferde. Um die historischen Radnaben zu erhalten, wurden vier Scheibenbremsen von Audi verbaut. Alles in allem wurden mehrere tausend Einzelteile mit der Hand gefertigt und zusammengesetzt.
"Wir sind eine Garagenfirma in der Schloß-Scheune", sagt Roland Belz. In einer Serienproduktion könnten bis zu 200 Kutschen pro Jahr vom Scheunen-Band laufen. Doch eine Fahrt in einer Aaglander soll ein exklusives Erlebnis bleiben. Über ein Franchise-System sollen die Kutschen später in ausgesuchten Hotels vom Schwarzwald bis zur Ostsee zu leihen sein.
Ein stufenloses CVT-Getriebe sorgt dafür, daß trotz der riesigen Hinterräder von 110 Zentimeter Durchmesser auch an steilen Bergen problemlos angefahren werden kann. Der Dreizylinder-Diesel, der sonst Industriefahrzeuge antreibt, befindet sich unter der Sitzbank und ist so stark wie 20 Pferde. Um die historischen Radnaben zu erhalten, wurden vier Scheibenbremsen von Audi verbaut. Alles in allem wurden mehrere tausend Einzelteile mit der Hand gefertigt und zusammengesetzt.
"Wir sind eine Garagenfirma in der Schloß-Scheune", sagt Roland Belz. In einer Serienproduktion könnten bis zu 200 Kutschen pro Jahr vom Scheunen-Band laufen. Doch eine Fahrt in einer Aaglander soll ein exklusives Erlebnis bleiben. Über ein Franchise-System sollen die Kutschen später in ausgesuchten Hotels vom Schwarzwald bis zur Ostsee zu leihen sein.
Technische Daten und Preis
Im Januar verschifft Belz sie für Mandelblütenfahrten nach Mallorca. Verkaufen will er einen Aaglander erst, wenn die "möglichen technischen Kinderkrankheiten auszuschließen sind". Doch auf der ersten Ausfahrt durch die Alleen, über den Bach und in die Wälder rollt der Aaglander anstandslos.
Du stellst den verzierten Schalthebel auf Vorwärts und gibst sanft Gas. Wenn der Feldweg die Bundesstraße trifft, setzt du mit dem linken Fuß den Blinker und beschleunigst. Das ständige Treten des Gaspedals strengt etwas an, aber bald soll die Kutsche einen Mehrfachtempomat bekommen – für Schritt, Trab und Galopp. Mit dem Hacken betätigst du die Hupe zum Gruße und biegst auf den Waldweg, wo Ruhe einkehrt. Du atmest tief ein. Du bist der Kutscher des 21. Jahrhunderts.
Technische Daten: Dreizylinder-Dieselmotor • Hubraum 719 cm³ • Leistung 14,9 kW (20 PS) • Hinterradantrieb mit Kettenuntersetzung • stufenlose Fahrschaltung vorwärts/rückwärts • hydraulisch unterstützte Bemsanlage mit vier Scheibenbremsen • hydraulisch unterstützte Zahnstangenlenkung mit speziellem Übersetzungsgetriebe • Verbrauch 1–1,5 Liter pro Stunde • Länge/Breite 3350/1650 mm • Stahlräder mit Vollgummibereifung • Spitze 20 km/h Wert ca. 80.000 Euro
Du stellst den verzierten Schalthebel auf Vorwärts und gibst sanft Gas. Wenn der Feldweg die Bundesstraße trifft, setzt du mit dem linken Fuß den Blinker und beschleunigst. Das ständige Treten des Gaspedals strengt etwas an, aber bald soll die Kutsche einen Mehrfachtempomat bekommen – für Schritt, Trab und Galopp. Mit dem Hacken betätigst du die Hupe zum Gruße und biegst auf den Waldweg, wo Ruhe einkehrt. Du atmest tief ein. Du bist der Kutscher des 21. Jahrhunderts.
Technische Daten: Dreizylinder-Dieselmotor • Hubraum 719 cm³ • Leistung 14,9 kW (20 PS) • Hinterradantrieb mit Kettenuntersetzung • stufenlose Fahrschaltung vorwärts/rückwärts • hydraulisch unterstützte Bemsanlage mit vier Scheibenbremsen • hydraulisch unterstützte Zahnstangenlenkung mit speziellem Übersetzungsgetriebe • Verbrauch 1–1,5 Liter pro Stunde • Länge/Breite 3350/1650 mm • Stahlräder mit Vollgummibereifung • Spitze 20 km/h Wert ca. 80.000 Euro
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