Scheinwerfertest im weltgrößten Lichtkanal

Eigentlich sind Jubiläen doch ein Grund zur Freude. Wie dieses: zehn Jahre Scheinwerfertest. Denn 1995 startete eine inzwischen schon zur Tradition gewordene Reihe von jährlichen Tests, die sich ausschließlich mit der Frontbeleuchtung der wichtigsten Neuerscheinungen beschäftigt. Unabhängig von Wetter und wechselnden Lichtverhältnissen, in der völligen Dunkelheit des weltgrößten Lichtkanals.

Der steht bei Hella in Lippstadt, ist 140 Meter lang und rund acht Meter breit. Eine Art überdachte Bundesstraße also, mit echten Fahrbahnmarkierungen. Auf Knopfdruck können die Hella-Techniker auch (Papp-)Wildschweine über die Fahrbahn sausen lassen, aber davon machen wir keinen Gebrauch. AUTO BILD nutzt als Orientierungshilfe lediglich kleine graue Tafeln, die links und rechts an den Seitenwänden positioniert sind. Die ersten nach 40 Metern, dann alle 20 Meter.

Die Entfernungsangaben in den Einzelurteilen beziehen sich also auf die Distanz zum Auto. Doch vor der Beurteilung wird die Scheinwerfereinstellung auf einer genau nivellierten Fläche im Vorbereitungsraum überprüft – und meistens neu justiert.

Teures Auto – wenig Licht: der 3er-BMW

In diesem Jahr waren einzig die Fahrzeuge aus der Mercedes-Benz-Testwagenabteilung perfekt eingestellt. Am dichtesten dran lag noch Peugeot, völlig daneben VW: Alle Volkswagen strahlten zu hoch und mit kräftigem Linksdrall, der Fox mit einem Auge gar total in die Baumwipfel. Ein Versehen bei der Testwagenvorbereitung? Oder ein kläglicher Schummelversuch?

Zu hohe Einstellung steigert die Reichweite. Und AUTO BILD legt großen Wert auf die Reichweite, denn nur wer ein Hindernis rechtzeitig erkennt, kann bremsen oder ausweichen. Der neue 3er-BMW ist daher bei Dunkelheit eher ein Auto für die Stadt oder die Kolonnenfahrt, leuchtet den Zwischenraum zum Vordermann hervorragend aus. Doch allein auf weiter Flur stört dieser helle Fleck, zieht die Pupillen der Augen magisch an. Folge: Der Fahrer sieht nicht, was vor dem Fleck passiert.

Deshalb ist homogene Ausleuchtung so wichtig. Nicht nur die teure M-Klasse mit aufpreispflichtigem Bi-Xenon-Kurvenlicht kann damit dienen, auch der Billigheimer Dacia Logan leuchtet angenehm gleichmäßig. Zumindest, bis Nebel aufzieht. Dann läßt sein reichlich strahlendes Streulicht die feinen Wassertröpfchen als weiße Wand vor dem Fahrzeug erscheinen, Sichtweite null. Franzosen leiden seit jeher darunter, aber auch der neue Opel Vectra zeigt sich in diesem Punkt dramatisch verschlechtert im Vergleich zum Vorgänger. Genug Stoff also für die nächsten zehn Jahre Scheinwerfertest.

Die Testergebnisse auf einen Blick

Kommentar von AUTO BILD-Licht-Leuchte Hendrik Dieckmann Lang ist's her: In Heft 47/95 erschien mein erster Scheinwerfertest. Mit Kandidaten wie dem Chrysler Neon, der alles andere als eine Leuchte war. Oder dem Seat Marbella, dessen magere Stromversorgung die Lampen nur müde glimmen ließ. Aber es gab auch positive Überraschungen: den Lada Samara, der auch einen sibirischen Fußballplatz beleuchten könnte, oder die VW-Truppe, die mit aufwendigen Freiform-Reflektoren absolut homogenes Licht auf die Straße brachte.

Xenon spielte noch keine Rolle, ein damit ausgerüsteter Porsche Carrera (993) konnte keine Vorteile verbuchen. 1995 begann auch die Klarglas-Epoche: Die Abdeckscheibe mußte fortan völlig durchsichtig sein. Folge: Das Licht wurde immer schlechter, die Blendung nahm zu. Neue, besser berechnete Reflektoren helfen mittlerweile, das Problem zu mindern. Aber an gute Scheinwerfer alter Bauart kommen ihre glitzernden Nachfolger noch nicht heran. Wer heute wirklich gutes Licht will, muß zum Xenon-Scheinwerfer greifen. Steckt etwa System dahinter?