Der neue Abarth Spider  hat ein eigenes Instrument an Bord. Die Abgasanlage mit dem musikalischen Namen "Record Monza" beherrscht eine verführerische Klangfülle: den gepressten Bläsersatz zum Auftakt, in der Mittellage ein bassiges Drohen, beim Ausdrehen das zornige Fortissimo mit eingestreuten Endrohr- Knallern, wenn man herunterschaltet. Hört sich an, als spiele der Gasfuß eine Melodie, die den Roadster überall begleitet und die Landschaft untermalt. Ein Auto, das seine eigene Filmmusik erzeugt – das würde dem alten Carlo Abarth gefallen.

Der 1,4 Liter große Turbo-Vierzylinder hat an Kraft zugelegt

Abarth 124 Spider
Mehr Dampf im Bug: Der zwangsbeatmete 1.4er legt in der Abarth-Version auf 170 PS und 250 Nm zu.
So röhrt und ballert der Abarth 124 Spider aus seinen vier Endrohren, die den größten und emotionalsten Unterschied ausmachen zum normalen Fiat 124 Spider, wie er jetzt zu den Händlern rollt. Die Sonne heizt die festen Sportsitze, das Licht blitzt auf der Plakette für die ersten 2500 linksgelenkten Exemplare. Diese Startserie hat Alcantara im Cockpit, eigene 17-Zoll-Räder, ein Sportfahrwerk und Brembo-Bremsen, alles von Hand nachgerüstet bei Abarth in Turin. Aber dafür mindestens 40.000 Euro ausgeben? Na schön, der 1,4-Liter-Turbo bläst 170 PS statt der 140 im normalen Fiat Spider, wie er jetzt ab 23.990 Euro bei den Händlern steht. Das höhere Drehmoment (250 statt 240 Nm) macht den Kohl noch nicht fett, auch nicht die 229 km/h Spitze – ab Tempo 200 stürmt es ohnehin ungemütlich ums Stoffdach. Der Abarth sprintet ein paar Zehntel flotter (auch als der stärkste MX-5 mit 160-PS-Motor) und erreicht auf schnellen Landstraßen ein Kurventempo, bei dem das serienmäßige Sperrdifferenzial und die knackigen Brembo-Bremsen eine beruhigende Wirkung ausstrahlen.
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Bei der Querdynamik fehlt dem Roadster die letzte Lenkpräzision

Abarth 124 Spider
Nicht gerade rasiermesserscharf: Bei der Lenkung des Abarth 124 Spider könnte Fiat noch nachjustieren.
Gut so, denn beim flotten Asphalt-Surfen dürfte die Lenkung gerne etwas fester, verbindlicher arbeiten. Da hilft auch die Sport-Taste der Sechsstufenautomatik (2000 Euro extra) nicht viel weiter, die Gasannahme und Servokraft (zu wenig) nachwürzt. Der Vierzylinder schiebt in der Mitte mit einem warmen Herzen, verliert aber turbotypisch obenrum die Lust am Drehen und quält sich bis auf 6500 Touren – kein Vergleich zu den quicklebendigen Saugmotoren von Mazda, die über 7000/min schaffen. Die bürgerlichen Brüder fahren im Geiste ja immer mit: der MX-5 für 26.890 Euro und der Fiat Spider, im Kern ein italienisch verfeinerter Mazda. Gebaut in Hiroshima, geschminkt mit eigenem Gesicht und Heck, gestylt wie sein legendärer Namensspender. Der alte 124 Spider, von 1966 bis 1985 knapp 197000-mal gebaut, ist bis heute Fiats populärster Offener.
Diese Zutaten reichen, um den Roadster von Mazdas Original abzurücken und ihm genug Eigenes zu geben. Zumal Fiats Historie beisteuert, was dem Japaner mangels Vorleben fehlt: Glamour und einen rennsportlichen Urahnen wie den Abarth 124 Rally, den Werner Hagen aus seiner Sammlung vorfährt. Sein weißer 73er ist höher gelegt, weil dieser Privatwagen noch vor Jahren über die Schotterpisten der Acropolis Rally prasselte.

Der Urahn des Abarth Spider geht kompromisslos zu Werke

Abarth 124 Rally Sport
Ein echter Racer ohne Komfort: Der Abarth 124 Rally Sport von 1973 hat sich auf Schotterpisten bewährt.
Ein echter Racer, mit Werkstuning und stolzen Kampfspuren. Zwei dicke Fernscheinwerfer auf der schwarzen Glasfaserhaube, unter den Ansaughutzen schlürfen lauthals die 44er-Weber-Vergaser. Das ganze Auto ist ein einziges Soundspektakel, das den Neuen klingen lässt wie einen Chorknaben. Der 1.8er rüttelt rau vor sich hin, die Kupplung packt mit einem plötzlichen "Schnahack". Die fünf Gänge des kurz übersetzten Colotti-Getriebes (bei 40 ist schon der dritte Gang drin) krachen manchmal widerwillig, während es aus dem Heck bedrohlich knarzt. "Is nur das Heckdifferenzial", winkt Werner Hagen ab. "Ohne Last ruckelt es etwas." Etwas ruckeln? Ich fahre eckig los, doch nach dem ersten Gasstoß ist Ruhe. Zumindest hinten. Dafür quietschen die Federn, rappelt das Innenleben. Gut 150 PS beschleunigen 900 Kilogramm, es geht gut voran, klingt aber doppelt so schnell.
Der neue Abarth Spider ist subjektiv genauso flott, was 170 PS für 1050 Kilo bestätigen. Den Speed von früher erledigt er heute mit einem Fingerschnippen. Der 124 könnte noch viel mehr, wie wär’s mit dem 1,8-Liter-Turbo aus dem Alfa 4C? Das mit der schwarzen Haube hat Fiat jedenfalls gut hinbekommen. Wem die 40.000 Euro Startgeld zu viel sind, der wartet noch etwas. Nach der Erstserie startet ein günstigerer Abarth – auch mit der schwarzen Haube.
Technische Daten Abarth 124 Spider AutomatikMotor: Vierzylinder, Turbo, vorn längs • Hubraum 1368 cm³ • Leistung: 125 kW(170 PS) bei 5500/min • max. Drehmoment: 250 Nm bei 2500/min • Vmax: 229 km/h • 0–100 km/h: 6,9 s • Antrieb: Hinterradantrieb, Sechsstufenautomatik • Tankinhalt: 45 l • L/B/H: 4045/1740/1233 mm • Kofferraum: 140 l • Leergewicht: 1155 kg • EU-Mix: 6,6 l Super/100 km • Abgas CO2: 153 g/km • Preis ab 42.000 Euro.
 
Technische Daten Abarth 124 Rally Sport • Motor: Vierzylinder, vorn längs • Hubraum: 1756 cm³ • Leistung: 94 kW (128 PS) bei 6200/min • max. Drehmoment: 159 Nm bei 5200/min • Vmax: 190 km/h • 0–100 km/h: 10,5 s • Antrieb: Hinterradantrieb, Fünfganggetriebe • Tankinhalt: 45 l • L/B/H: 3914/ 1630/1250 mm • Kofferraum: keine Angabe • Leergewicht: 1250 kg • Verbrauch: 13 l Super/100 km • Abgas CO2: 308 g/km • Preis 19.950 Mark (1973) .

Fazit

von

Joachim Staat
Als Abarth rückt der 124 Spider noch weiter weg von Mazdas Genspender – er ist stärker, exklusiver, viel teurer. Und er hat den Glamour, der dem MX-5 immer gefehlt hat. Trotzdem bleibt der Italiener ein leichter und hautnaher Roadster.

Von

Joachim Staat