Seit Jahren, ja man kann sogar sagen Jahrzehnten, ist der Mazda MX-5 das Markenzeichen für Offen und Ehrlich. Kein Wunder, der Japaner ist bezahlbar und bietet noch waschechtes Roadster-Feeling. Genau so etwas wollte auch Fiat wieder im Programm führen. Und so präsentierte Fiat 2016 den 124 Spider und kurz darauf die Sportversion Abarth 124 Spider – bekannterweise auf Basis des MX-5.

Beim Design zeigen sich die ersten Unterschiede

Abarth 124 Spider
Größer: Im Vergleich zum Plattformspender MX-5 ist der Abarth 124 Spider 14 Zentimeter länger.
Auf den ersten Blick ist der Italiener sehr ähnlich mit dem japanischen Erfolgsroadster, auf den zweiten doch ganz anders: länger, breiter, wertiger. Fiat verlängert die Karosserie um insgesamt 14 Zentimeter. So wirkt der Abarth 124 Spider gestreckter als der MX-5. Der erscheint dagegen mit seinen rundlichen Kotflügeln und den LED-Schlitzen breiter und angriffslustiger. Außen erkennt man also deutlich Japan und Italien. Doch innen ist praktisch alles gleich. Die Sitzposition ist in beiden Autos identisch. Knapp über dem Boden, so wie man es sich bei dieser Gattung vorstellt. Abarth legt Wert darauf, dass die Materialien im Spider-Cockpit besonders hochwertig seien und das Design sich unterscheide; schließlich verlangt man auch einige Tausender mehr als die Japaner. Abarth setzt mehr weichen Kunststoff ein als Mazda. Und mit der optionalen Turismo-Ausstattung ziehen zudem ein roter Drehzahlmesser, farbige Sitzmittelbahnen und etwas Alcantara ins Cockpit ein. Hochwertiger oder eleganter wirkt der Abarth innen trotzdem nicht. Die verlängerte Karosserie verschafft dem Fiat geringfügig mehr Kofferraum. 140 Liter passen hinten rein, der MX-5 bekommt 130 Liter durch den engeren Ausschnitt.

Der klassische Saugmotor des Mazda hängt gut am Gas

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Video: Mazda MX-5 (2019)

Mehr Power für den MX-5

Apropos Volumen: Der Mazda kommt mit einem Zweiliter-Sauger und 184 PS, der Fiat mit einem 170 PS starken 1,4-Liter-Turbomotor. Weil die Japaner ihren Motor nicht auch noch hergeben wollten, mussten die Italiener etwas Eigenes einbauen. Und da entschied man sich für das aus den 595er-Abarth bekannte Triebwerk. Damit schlägt er den Mazda auf dem Papier, zumindest beim Drehmoment (250 Nm zu 205 Nm). Zudem steht das Maximum schon bei 2500 Umdrehungen an, der Mazda braucht wie eh und je viel Drehzahl. In beiden Modellen sind Bilstein-Fahrwerke verbaut, doch die Abstimmung ist wie Schwarz und Weiß. Der Mazda macht auf gutmütig, verzeiht jede Bodenwelle und bleibt dennoch sportlich genug. Die Abstimmung des Abarth ist voll auf Krawall gebürstet. Trotz (oder wegen?) der FSD-Dämpfer springt der 124er auf schlechten Straßen auch gern mal von links nach rechts, Untersteuern ist in engen Ecken an der Tagesordnung. Dem Turbomotor fehlt es an Spritzigkeit und Drehfreude. Das Turboloch ist noch eines von der alten, gewaltigen Sorte, und obenraus geht ihm schnell die Puste aus. Da hilft auch die Sport-Taste nicht weiter, die die Kennfelder von ESP, Lenkunterstützung und Gaspedal nachschärft. Tipp: der Normal-Modus ist das bessere Fahrprogramm.Dafür ist der Sound 1a. Vier Rohre, röchelnd und sprotzelnd, so muss es sein. Doch auch der MX-5 klingt schön. Hier macht mehr der Motor als der Auspuff die Musik. Der Zweiliter dreht und orgelt, dass es eine Freude ist, hängt deutlich besser am Gas. Jeder Zentimeter Gaspedalweg wird sofort in Drehzahl umgesetzt. Auch die Schaltung flutscht im Japaner viel exakter und knackiger als im Abarth. Kein Wunder, im Italiener steckt das Getriebe des Vorgänger- MX-5 der Generation NC.

Nur bei der Elastizitätsmessenung kann den Abarth punkten

Abarth 124 Spider Mazda MX-5
Sieht nur die Rücklichter: Der Abarth wird vom Mazda bei den Fahrleistungen ganz klar ausgestochen.
Beim Motor schlägt der Mazda den Fiat also ganz klar. Spiegelt sich das auch in den Fahrleistungen wider? Und ob! Zwar kommt der Italiener etwas besser aus dem Startblock, doch der Schaltvorgang in Gang zwei und die damit verbundene Turbo-Gedenkpause macht den Schwung zunichte. So gewinnt der Mazda das 0-100-Duell ganz klar mit 0,7 Sekunden Vorsprung. Und wenn man meint, der Abarth könne das mit seinem höheren Drehmoment wieder aufholen, der hat sich getäuscht. Immer wieder kosten die Schaltvorgänge Zeit, bei Tempo 180 km/h hechelt der Italiener schon fünf Sekunden hinterher, bei 200 Sachen sind es sogar 15,2 Sekunden Rückstand. Dafür kann der Spider in der Elastizität punkten. Hier nimmt er dem Mazda von 60 bis 100 und 80 bis 120 km/h jeweils einige Zehntel ab. Bremsen? Die Waage zeigt 55 Kilo Differenz an; die Bremssscheiben sind gleich, der Abarth hat größere Brembo-Sättel. Die roten Blöcke sehen hinter den schwarzen 17-Zöllern gut aus, kürzere Bremswege als mit dem MX-5 sind damit dennoch nicht drin. Letzte Übung, Rennstrecke. Klar, mit diesen Roadstern wird man eher um Berge und Seen rollen als über den Nürburgring. Trotzdem gehört die schnelle Runde bei uns dazu. Aufgrund der Wetterlage mussten wir dafür vom Sachsenring auf den Handlingkurs der DEKRA am Lausitzring ausweichen. Der Track dürfte dem Abarth aufgrund seiner deutlich sportlicheren Zutaten besser liegen. Wir nehmen es vorweg: Auch hier sieht er nur die Rücklichter des Mazda.

Der Sieg im Bruderduell geht ganz eindeutig nach Japan

Mazda MX-5
Klarer Sieger: Auch in der Dynamikprüfung liegt der MX-5 vor dem Abarth 124 – und er ist deutlich billiger.
Fangen wir vorn an: Kurve eins, die Vorderachse schiebt und schiebt. Zum Glück ist der Motor im Sport-Modus so hellwach, dass man der differenzialgesperrten Hinterachse damit einen Kick zum Korrigieren geben kann. So tanzt sich der Abarth durch die Biegungen; das macht viel Spaß, kostet aber auch viel Zeit. Woran liegt’s? Ganz klar am zu hart abgestimmten Fahrwerk und den Reifen. Im Vergleich zum MX-5 kommen hier die älteren Bridgestone Potenza RE 050 A mit spürbar härterer Gummimischung zum Einsatz. Die weicheren Bridgestone Potenza S001 und das softer abgestimmte Fahrwerk machen den MX-5 zum gripstärkeren, fahraktiveren Roadster. Hier passen Fahrspaß und Ideallinie perfekt zusammen. Man wirft ihn ganz unspektakulär mit einem Einlenkimpuls in die Kurve, lässt das Heck nach außen gleiten, fängt es ein und schmiert präzise auf der Ideallinie entlang. So geht’s auch mit viel Schwung auf die Geraden, wo jeder Gang bis 7000/min ausgedreht wird. Schließlich ist auch obenrum noch reichlich Power vorhanden. Macht zusammen rund 1,4 Sekunden Vorsprung auf den eigentlich sportlicher ausgerichteten Abarth.
Und auch beim Preis hinkt der Italiener hinterher. Sportlichere Ausstattung hin oder her – Preis-Leistungs-Sieger ist eindeutig der MX-5. Der Japaner ist fast 8000 Euro günstiger, im Sprint wesentlich fixer und kaum weniger emotional als der Abarth.
Guido Naumann

Fazit

Mamma mia! In keiner Disziplin kann der Abarth 124 Spider den Mazda MX-5 schlagen. Der spielt die langjährige Erfahrung seiner Erbauer aus und gewinnt dieses Bruderduell haushoch.