Wie viel Liter Wasser passen eigentlich in ein 500 Cabrio? Blöde Frage. Jedenfalls hat unser Model Nela schon mal das Dach geschlossen. Vorsichtshalber, weil bei Tempo 70 von hinten der Löschwagen heranrauscht. Groß wie eine Hauswand, auf dem Dach die Wasserkanone. Am Lenkrad des Iveco Dragon fragt Testfahrer Selcuk Balik: "Jetzt?" Warum grinst der bloß so? Er drückt rechts auf den Joystick – und vor uns schießt ein Wasserfall herab. Wasser, Wasser, nichts als Wasser. Darin muss der 500 ertrunken sein. Wie durch ein Wunder taucht er doch wieder auf und schießt triefend nass aus der Löschfontäne. "Ich hab’ extra danebengezielt", sagt Balik mit dem Dackelblick eines Tierschützers. "Mit zwölf Bar Druck hätten wir ihn sonst von der Bahn geschossen." Beim Retten kennt die Feuerwehr keine Verwandten.
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Video: Dragon 6x6 vs. Abarth 595C

David gegen Goliath

Aber genau das sind sie, entfernte Verwandte: der Abarth 595C Turismo, das jüngste Feuerzeug von Fiat, und der Dragon 6x6 von Iveco, der Lastwagensparte im Konzern. "Stärkstes 6x6-Feuerlöschauto der Welt" steht riesengroß auf seiner Seitenwand. 1220 PS, in 21 Sekunden auf Tempo 80 – das klingt erst schnell, wenn man weiß, dass der Retter auf dem Flugplatz gut 15 Tonnen Wasser, Schaum und Pulver an den Brandherd wuchtet. Mit abgeregelten 135 km/h (mehr schaffen die Reifen nicht) ist der Iveco der GTI unter den Löschkanonen. Bei der Entwicklung des Prototyps haben die Brandschutz-Experten im ehemaligen Magirus-Werk in Ulm zum gleichen Trick gegriffen wie ihre Pkw-Kollegen: In den kleineren Dreiachser (wobei klein bei 14 Meter Länge eher relativ ist) packen sie die Technik vom großen Bruder, dem Dragon 8x8: die beiden 12,9 Liter großen Dieselmotoren, den permanenten Allradantrieb, der den Brummer bei jedem Wetter überall durchwühlt, und das Spezialgetriebe, das die Kraft variabel verteilt – je nach Wunsch auf die Räder und die Wasserpumpen.
Abarth 595C Iveco Dragon 6x6
Wasser marsch: Pro Sekunde schießen 60 Liter aus den Düsen des Dragon – zu viel für den Abarth.
Denn an dieser Stelle, tief im Bauch des Riesen, steckt die Weltneuheit des Ulmer Unikats: "Wir können bis Tempo 70 Wasser schießen", erzählt Entwicklungs-Ingenieur Robert Liebl stolz. Experten sprechen von "pump and roll" – was so viel heißt wie: noch in Fahrt und schon löschen. Wenn's auf Flugplätzen brennt, zählt jede Sekunde. Neben diesem Rennen läuft weltweit ein Wettbewerb um die beste Lösch-Technik. Auf immer mehr Flugplätzen mit immer längeren Landebahnen fragen sich Planer: Brauchen wir eine zweite Wache? Oder etwa den Lösch-GTI? Magirus hat einen guten Namen in Fachkreisen, seit Konrad Dietrich Magirus 1864 die sogenannte Ulmer Leiter, eine in der Länge verschiebbare Leiter und Vorläufer der modernen Drehleiter, erfand. Der moderne Nachfolger wird heute im Iveco-Konzern auf verschiedenste Fahrgestelle gebaut. Nur nicht auf den Dragon 6x6, diesen Spezialisten für Flugfelder. Seine Wasserkanone vorn unter der Frontscheibe schießt 55 Meter weit, die Dachkanone sogar 95 Meter. Pro Sekunde jagen 60 Liter Wasser durch die Düsen, der 12,5-Tonnen-Tank ist damit nach zwei Minuten leer. Und das Feuer hoffentlich aus.
Der Abarth verhält sich zu seinem entfernten Zyklopen-Cousin so gegensätzlich wie Wasser zum Feuer. Der kleine 595C Turismo will nicht löschen, der will ja gerade zündeln. In den Cafés, den Herzen, bei den Frauen. Außen trennt ein feiner, fingernagelbreiter Streifen die beiden Lackfarben, innen steht neben dem dicken Lederlenkrad eine kleine Uhr, darin zuckt ein Zeiger – für den Druck im Turbolader. Mit maximal 1,4 Bar schafft das Fiatchen 160 PS, und wenn die losgehen, sieht nicht nur der Dragon 6x6 kein Land mehr.

Überblick: Alle News und Tests zum Abarth 500

Abarth 595C
Kleiner Brandstifter: Der 160 PS starke Abarth 595C sprintet in 7,6 Sekunden auf Tempo 100.
In der Stadt, auf seiner Show-Bühne, da hoppelte und nickte der Abarth noch wie ein ungezogenes Hündchen, aber draußen, auf der Flucht vor dem Wasserdrachen, da passt das straffe Fahrwerk. Der Knopf auf der Mittelkonsole gibt zusätzlich Feuer: "Sport" ist der Nachbrenner für Lenkung und Gasannahme. Nur vom Sportgetriebe lässt man besser die Finger, die Halbautomatik schaltet mit italienischem Eigensinn immer dann, wenn man's nicht braucht. Und umgekehrt. Das wäre nix für Carlo Abarth, den John Cooper Italiens, dieses Tuner-Urgestein, dessen Namen Fiat mit einer eigenen Sportlinie ganz geschickt vermarktet. Erst haben die Italiener den Boulevard mit ein paar heißen Sondermodellen vom 500er vorgeheizt, jetzt folgt der 595C Turismo, quasi als Brandstifter in Serie. Ab 23.550 Euro! Herrje, wo soll man da zuerst löschen? Rufen wir einfach den Dragon: Alarm! Wasser marsch.

Fazit

von

Joachim Staat
Stark, teuer und modisch – der Abarth treibt die 500er- Manie auf die Spitze. Bitte keine Fragen nach dem Sinn. Wie vernünftig dagegen der Dragon! Deutsches Knowhow und Italiens Lkw-Technik im GTI unter den Feuerlöschern.

Von

Joachim Staat