Drei Sechszylinder für maximal 40.000 Euro

Endlich Wochenende. Den Arbeitsstress vergessen, Abschalten durch Hochschalten ist angesagt. Der virtuelle Testfahrer Claus Mustermann schmeißt sich in seinen Overall, packt den Helm ein und zieht los. Besucht den letzten Zufluchtsort echter Männer: die Rennstrecke, wo Schnelligkeit und Stärke über Wohl und Wehe entscheiden.

Wer sich den Luxus einer solch archaischen Attitüde gönnt, benötigt das richtige Auto. Schnell muss es sein und was hermachen. Es sollte nicht jeder haben und den Spagat zwischen Alltagstauglichkeit und Rennstreckeneignung unverkrampft meistern. Und natürlich darf es nicht allzu viel kosten. "Maximal 40.000 Euro", legt Claus die obere Grenze fest. Einen Favoriten hat er noch nicht.

Wir unterziehen mit ihm drei Kandidaten einem ausführlichen Eignungstest. Es treten an: Alfa 156 GTA, MG ZT und Seat León 2.8 V6 Top Sport 4. Alle drei haben sechs Zylinder, alle drei tragen die Insignien der Macht: Doppelrohrauspuff, Leichtmetallräder und Spoilerwerk. Sie transportieren bis zu fünf Personen und eine unmissverständliche Botschaft: Platz da, hier kommen die Topmodelle.

Alfa 156 – rassiger Schönling mit Macken

Auch wenn der Seat in der Kraft vom Leon Cupra R mit 210 PS um sechs PS überflügelt wird – aber der hat keinen Allradantrieb und nur vier Zylinder unter der Haube. Claus legt aber Wert auf den seidenweichen, kultivierten Lauf eines V6. "Sechs Zylinder sind Pflicht – sonst kann ich mir gleich einen GTI kaufen", konstatiert er knallhart.

Im Rahmen seines Preislimits bieten zwar auch deutsche Hersteller Sechszylinder-Modelle an. Allerdings eher biedere Hausmannskost ohne sportliches Flair – graue Duckmäuser im Vergleich zum Alfa 156 GTA mit 250 PS. Der übernimmt den Part des rassigen Schönlings. Gut aussehend, durchtrainiert, ein Italiener aus dem Bilderbuch. Dieses Auto riecht förmlich nach Spaß. Beim bloßen Anblick des GTA verfällt der Gasfuß bereits in unkontrollierte Zuckungen. Perfektion liegt einem Alfa naturgemäß fern: Die Sitze in schwarz-braunem Leder sehen zwar großartig aus, erweisen sich aber als hart und auf Dauer unbequem. Außerdem sitzt der Pilot zu hoch. Zweites dickes Manko: Lautstarke Windgeräusche ab Tempo 220 ersticken jede Unterhaltung im Keim.

Schade eigentlich. Aber der Motor ist ein Sahnestück. Spritzig und durchzugstark, schnorchelt er selbstbewusst vor sich hin: Mamma mia, ist das schön! Zudem sieht das Aggregat unverschämt gut aus: Keinerlei schnödes Plastik verdeckt die stählerne Augenweide. "Diese Maschine gehört auch in ein Museum für moderne Kunst", begeistert sich Claus.

MG ZT-Motor entpuppt sich als Spaßbremse

Seine erste Begegnung mit dem MG ruft erst mal Verblüffung hervor. Was sich aus einem dezent-eleganten Rover 75 mit etwas gutem Willen und viel Plastik doch alles machen lässt. "Maschendraht in rauen Mengen – damit kann ich ja meinen halben Garten einzäunen", kommentiert Claus die wuchtige Frontschürze. Der ZT fällt auf – und gefällt. Und auf richtig großem Fuß lebt er auch. Der ZT rollt ab Werk auf Rädern in 18 Zoll. Auch der Innenraum beeindruckt. Die Verarbeitung stimmt, die Sitzposition ebenfalls.

Für BMW mag das Engagement bei Rover zu teuer gewesen sein, hier macht es sich wohltuend bemerkbar. Wirklich schade, dass BMW nicht auch mit einem ordentlichen Motor ausgeholfen hat. Der britische V6 mit 190 PS gebärdet sich nämlich als Spaßbremse allerersten Ranges. Die Maschine ist unelastisch, lust- und kraftlos, hängt schlecht am Gas. Zudem arten Autobahnfahrten bei Höchstgeschwindigkeit schnell in Stress aus, denn ein sechster Gang fehlt. Kleinste Gefälle reichen aus, um unsanfte Bekanntschaft mit dem Begrenzer zu machen.

Der Seat León 2.8 V6 Top Sport 4 hat zwar den längsten Namen, aber die kleinsten Abmessungen. Er liegt eine Fahrzeugklasse unter den beiden anderen. Deshalb kostet er mit 25.910 Euro in der Basisversion auch am wenigsten. Optisch zurückhaltender, präsentiert er sich etwas bodenständiger als die aufgebrezelte Konkurrenz. Herzklopfen bleibt aus, nach dem León recken sich keine Hälse. Der Seat überzeugt durch innere Werte.

Bei der Elastizität dominiert Seats León

Der altbewährte VR6 mit 204 PS aus dem VW-Regal hält sich akustisch bedeckt, geht aber gut zur Sache. Der kraftvolle Motor hat einen starken Antritt, dreht sauber hoch und schreckt vor Drehzahl nicht zurück. Claus erkennt schnell: "Ein rundum ausgewogenes Auto." Der Seat hat ESP an Bord, der Alfa immerhin eine Antriebsschlupfregelung – und der MG weder das eine noch das andere. Das, liebe Engländer, ist nun wirklich nicht mehr zeitgemäß.

Auf der Mess-Strecke lässt sich der León von der überlegenen Motorleistung des Alfa nicht einschüchtern, hält gut mit. Das Elastizitäts-Kapitel dominiert der Seat dank seiner kurz abgestuften Gänge sogar. Von null auf 100 km/h benötigt der Seat 7,2 Sekunden, der 156 GTA nur 0,8 Sekunden weniger. Daran sind auch die Traktionsprobleme schuld, mit denen der frontgetriebene Alfa zu kämpfen hat.

Dem Allrad-León sind solche Sorgen fremd. Erst ab Tempo 160 geht dem Spanier die Luft aus, bis 200 km/h verliert er 9,1 Sekunden auf den sportiven 156. Dessen unbändige Kraft treibt die Futterkosten in die Höhe – der Italiener schluckt im Schnitt 13,5 Liter Superbenzin. Wer es wagt, den Alfa in seinem Vorwärtsdrang zu stoppen, der wisse eines: Die Brembo-Bremsanlage des Italieners schwächelt. Sie sieht mit rot lackierten Sätteln zwar viel versprechend aus, baut aber beängstigend schnell ab. Seat zeigt, wie es geht. Die gut dosierbare, fadingfreie Standard-Bremse des León verzögert vortrefflich. Das Auto steht nach spätestens 37,8 Metern.

Fahrwerk(e): zwischen Lob und Tadel

Auch die Bremsleistung des MG überzeugt. Ansonsten kann er mit dem dynamischen Südländer-Duo nicht mithalten. Immerhin rennt er schneller, als er sich anfühlt. Der 100-km/h-Sprint dauert 8,6 Sekunden. Auf die Pflicht folgt die Kür auf der Rennstrecke. Trotz geringster Leistung und höchsten Gewichts macht der MG eine passable Figur. In schnell gefahrenen Kurven schiebt der ZT leicht über die Vorderräder. Schnelle Wechselkurven quittiert er mit Übersteuern. Der Profi empfindet solch eine Lastwechselreaktion als hilfreich, Hobbyrennfahrer Claus fühlt sich überfordert. Dank angenehm schwergängiger Lenkung und hartem Fahrwerk fährt er trotzdem eine saubere Linie.

Als völlig unproblematisch stellt sich der Seat heraus. Er glänzt mit agilem Handling und ausgezeichnetem Fahrverhalten. Die präzise Lenkung mit akkurater Rückmeldung verdient ein dickes Lob. Bei Lastwechseln unterstützt das Auto den Fahrer beim Einlenken, ansonsten hält es stur die Spur, untersteuert spät – es lebe der Allradantrieb.

Sogar der Federungskomfort ist akzeptabel. An die Rundenzeit des Alfa kommt der León nicht heran. Was allerdings nur an der überlegenen Leistung des Italieners liegt. Der Kurs deckt die Schwächen des GTA gnadenlos auf. Der straffe Alfa untersteuert sehr früh. Die leichtgängige Lenkung erweist sich als zu gefühllos, die Gänge der hakeligen Schaltung wollen mit Nachdruck eingelegt werden. Aber der Motor schiebt und schiebt und schiebt – deswegen Bestzeit. Nach zehn Runden ist der Spaß vorbei. Auf Claus wartet der Alltag. Nächstes Wochenende sehen wir ihn wieder. Mit neuem Auto selbstverständlich.

Fazit und Technische Daten

Fazit Claus hat sich entschieden: "Ich würde den Alfa nehmen. Auch wenn er seine Macken hat – ich liebe den Italiener." Mit umwerfendem Charme und grandiosem Motor bricht der Alfa die Herzen. Die Maschine kann aber nicht überspielen, dass Fahrwerk, Lenkung und Schaltung ihre Schwächen haben. Rational betrachtet, siegt deshalb der Seat. Für den León sprechen die ausgewogene Abstimmung und gute Fahrleistungen. Gravierende Mängel leistet er sich keine. Dem MG bleibt der undankbare dritte Platz. Dabei ist der ZT wirklich kein schlechtes Auto. Wenn nur der schwachbrüstige Motor nicht wäre.

Testwerte und Preise

Beim Preis hat der Seat León klar die Nase vorn. Mit 30.440 Euro (Testwagen) kostet der Spanier rund 9000 Euro weniger als seine Konkurrenten.