Um Belehrungen gleich mal zuvorzukommen: Natürlich wissen wir, dass man unter einem Zehnkampf oder Dekathlon nicht etwa einen Wettbewerb versteht, in dem zehn Athleten gegeneinander antreten; sondern einen, der in zehn Disziplinen ausgetragen wird. Aber wie hätten Sie es denn empfunden, wenn da etwas von Dreikampf gestanden hätte – und dann stehen da um eine grüne Gummikuh zehn Autos auf einer Skipiste? Also sagen wir, es ist ein Zehnkampf. Basta. Verglichen mit den teilweise wilden Bedingungen mit meterweise bodenlosem Neuschnee, die wir in den letzten Jahren wiederholt vorgefunden hatten, sind die Voraussetzungen für unsere abendliche Fahrt auf der Skipiste diesmal geradezu freundlich: verfestigter, gut eine Woche alter Schnee liegt auf der "Startbahn", dem flutbeleuchteten unteren Stück der Abfahrt vom 2676 Meter hohen Hochalter; vom Pistendienst frisch aufgelockert, homogenisiert und glatt abgezogen.

In drei Disziplinen müssen die zehn Kandidaten antreten

Zehn Allradler im Wintertest
Aufstellung zum Fototermin: Bei unserem großen Witertest treten zehn Allradler im Schnee an.

So klappt auch die erste Übung des heutigen Abends gut: das fotogene Hinrangieren der zehn Autos für das Gruppenbild mit Kuh. Das machen wir immer am Anfang, wenn noch keine Zuschauer da sind. Denn wir kommen auch ohne kluge Ratschläge ganz gut zurecht; auch und gerade wenn bereits dabei das eine oder andere Auto hoffnungslos im Schnee versackt. Dass noch Zuschauer kommen, wird sich kaum vermeiden lassen. Die Stammgäste in Österreichs höchstgelegenem Skidorf wissen inzwischen, dass immer am ersten oder zweiten Dienstag im Dezember ein paar Verrückte in roten Jacken hier einfallen und seltsame Dinge mit Autos machen: um Pylonen kreiseln, eine Offroad-­Rallye­-Piste auf und ab fahren, die Rodelbahn zum Graf­-Ferdinand­-Haus hinaufrasen – und eben auch eine Skipiste zu erklimmen versuchen. Diesmal blicken einige besonders verwundert. Speziell das kleinste Gefährt unseres Fuhrparks passt nicht so recht in das Bild, das man sich gemeinhin von einem Auto macht: Die Karosserie ist nur angedeutet, das Dach reduziert auf einen schmalen, T­-förmigen Bügel. Quadix Buggy 800 – so lautet die Import-Bezeichnung des Fahrzeugs, in dessen Papieren Xinghue (RC) als Hersteller steht.

Mit dem Quadix Buggy kann man durchaus Spaß haben

Quadic Buggy
Allradantrieb aus, Kraft nur nach hinten: Selbst mit kleiner Leistung lässt sich im Quadix Buggy driften.
Der chinesische Kleinfahrzeugspezialist baut eine Art teilkarossiertes Side-­by­-Side­-Quad mit Rohrrahmenchassis und montiert den Antriebsblock des Chery­-Kleinstwagens QQ (Vorbild: Daewoo Matiz) direkt vor der Hinterachse. Neben einer Version mit Hinterradantrieb, Quermotor und Viergangschaltung gibt es die Allradvariante mit Längsmotor, starr zuschaltbarer Vorderachse und mechanisch per Hebel einrückbaren Vollsperren für beide Achsdifferenziale. Die kleinen Abmessungen (3,13 m lang) und der konsequente Verzicht auf alles, was irgendwie Fahrkomfort bewirken könnte, sorgen für das geringe Gewicht (ab 550 kg); und in Verbindung mit der handfesten Allradtechnik für enorme Geländetauglichkeit. Importeur Braun hat schon rund 500 Stück davon verkauft – die meisten als reines Spaßmobil; aber auch Jäger haben schon Interesse angemeldet. Teuer ist dieses Minimalmobil von der chinesischen Ostküste nicht. Andererseits aber doch wieder – wenn man es mit dem zweiten Testkandidaten vergleicht: Dem Lada 4x4, der aus halbwegs politischen Gründen nicht mehr Niva heißen darf, sondern nun auf den Namen Taiga hört – wie in Österreich schon immer. Der kostet genauso viel wie der Quadix ohne Heizung; mit Heizung ist der Buggy teurer.Außer dem Namen hat sich am Lada nichts Wesentliches geändert seit dem Facelift zum Modelljahr 2010, das dem Russen allerlei verborgene technische Änderungen bescherte. Das Grundkonzept stammt immer noch 1:1 aus dem Jahr 1976; damals war der Niva mit selbsttragender Karosserie und permanentem Allradantrieb etwas völlig Neuartiges: ein Crossover aus Geländewagen und kompaktem Pkw. Anders als alle anderen Allrad­-Urgesteine behielt der Niva im Prinzip sogar immer den gleichen Motor – auch wenn der in den letzten 37 Jahren immerhin von 1,6 auf 1,7 Liter Hubraum und von 75 auf 83 PS wuchs – und allerlei Abgasentgiftungs­-Elektronik aufgepfropft bekam.

Die Skipiste bergauf erweist sich als schwere Aufgabe

Audi Q3
So geht's: Der Audi Q3 hängt alle ab, schafft als Einziger die komplette Skipiste bergauf – Respekt.
Groß ist der Preissprung zu den beiden nächsten Testkandidaten. Der Ford Kuga der zweiten Generation und der jüngst runderneuerte Hyundai ix35 treten wiederum beinahe preisgleich an. Und zwar jeweils in der stärkeren Dieselausführung mit Automatikgetriebe. Hyundai verwendet eine selbst entwickelte Sechsstufen­-Wandlerautomatik, Ford ein zusammen mit Getrag entwickeltes Doppelkupplungsgetriebe. In den beiden SUVs funktioniert der Allradantrieb schlupfabhängig – die Vorderachse wird permanent, die Hinterachse variabel über eine Lamellenkupplung angetrieben. Eine halbe Klasse darüber tritt ein weiteres Pärchen aus Fernost und Europa an: der in Spanien hergestellte Audi Q3 und der Subaru Forester aus Japan. Beide kommen diesmal mit kräftigem Zweiliter­-Turbobenziner; der Audi lässt seine 211 PS via Doppelkupplungsautomatik auf die Räder los; der Subaru verwaltet seine 240 PS mit einer ungewöhnlichen stufenlosen Wandlerautomatik. Auch diese beiden besitzen einen "angehängten" Allradantrieb mit permanent angetriebener Vorder­- und bedarfsabhängig mit Kraft versorgter Hinterachse.

Bei den Antriebskonzepten gibt es Unterschiede

VW Amarok
Familiengene: Im Allradantrieb des VW Amarok arbeitet das Verteilergetriebe aus dem Audi Q7.
In der gleichen Preisregion, trotzdem in einer ganz anderen Liga, spielt der siebte Kandidat mit: Der VW Amarok rollt als Sondermodell Canyon mit allerlei nettem Zubehör an den Start; der Biturbo­-TDI leitet seine 180 PS per Achtstufenautomatik und das aus dem Audi Q7 stammende Verteilergetriebe mit selbstsperrendem Zentraldifferenzial permanent an beide Antriebsachsen weiter. Die prinzipell gleiche ZF­Achtstufenautomatik haben interessanterweise auch die drei restlichen Testkandidaten. Und alle drei haben Sechszylinder­-Turbodieselmotoren mit drei Liter Hubraum – allerdings ganz unterschiedlicher Provenienz. Der Jeep Grand Cherokee kommt aus den USA und hat einen italienischen Motor; denn er tritt als 3.0 V6 Multijet in der superschicken Ausstattungsversion Summit für 65.500 Euro an. Den technisch gleichwertigen Wagen bekommt man aber auch als Limited für 52.900 Euro – muss dann allerdings den besseren Allradantrieb Quadra Drive II mit automatischen Differenzialsperren dazukaufen. Auch der komplett britische Range Rover Sport bietet die Wahl zwischen zwei Allradsystemen: Entweder straßenorientiert ohne Untersetzungsgetriebe und mit asymmetrischer Kraftverteilung; oder die volle Packung mit Untersetzung und symmetrischer Kraftverteilung für beste Gelände­-Performance. Letztere Ausbaustufe ist im Testwagen zu finden; die kräftigere Version des britischen Sechszylinders heißt SDV6 und leistet 292 PS.
Der Dritte im Bunde der Dreiliter­-Sechszylinder trägt zwar bayerisches Weiß-­Blau im Logo, kommt aber in Wahrheit aus den USA und sein Motor aus dem österreichischen BMW­-Motorenwerk Steyr. Eigentlich hätte der neue BMW X5 als volkstümlicher 30d mit 258 PS teilnehmen sollen; der fiel aber kurzfristig aus, sodass BMW auf den Triturbo­Diesel M50d umbuchte. Ein Sportfahrwerk und viel Leistung ist ja nicht unbedingt das, was man im Winter braucht; wichtiger sind ein gut abgestimmter Allradantrieb und schneetaugliche Reifen. Da hat BMW nach wiederholter Kritik in den Vorjahren diesmal Nägel mit Köpfen gemacht und die auch für richtigen Winter tauglichen Pirelli Scorpion Winter aufgezogen.
Wie sich die zehn Allradler in den drei Testdisziplinen geschlagen haben, erfahren Sie in der Bildergalerie. Den kompletten Artikel mit allen technischen Daten und Tabellen lesen Sie in AUTO BILD ALLRAD 2/2014.

Fazit

von

Thomas Rönnberg
So günstig waren die Bedingungen noch nie, so gut waren die Autos noch nie bereift – und deshalb kamen sie speziell auf der Skipiste noch nie so weit wie dieses Jahr. Und nie lag das Feld so nah zusammen. Selbst der schwächste Kandidat erreichte noch drei Viertel der Leistung des Besten. Auf den Subaru als Gesamtsieger hätte am Anfang kaum einer gewettet; doch auch die schlechter Platzierten können sich als Sieger fühlen. Enttäuschend angesichts der guten technischen Voraussetzungen schnitt allein der VW Amarok ab – bedingt durch die schlechte Reifenwahl.

Von

Thomas Rönnberg