Es heißt die: die Alpine, die Giulia, die Corvette. Und die drei bilden ein extrem reizstarkes Trio, das wir jüngst ausführen durften.
Wir sagen: die Alpine. Dann sitzt du in der tiefen Höhle und fragst dich: Was ist hier eigentlich weiblich? Der stilvolle Mix aus Alu und Karostepp sicher nicht, auch nicht der rote Sportknopf am Lenkrad, der dem Antrieb Pfeffer gibt. Die geriffelten Tasten, die unter den Fingerkuppen so schön pritzeln, reizen schon mehr. Und dann kommt's. Diese kleinen französischen Fähnchen, wie zufällig, aber gezielt verstreut im Innenraum. Eine Trikolore am Türgriff, die Flagge als Seelen-Turbo – das muss ein Sportwagen erst mal bringen. Als fahre die Alpine für und mit ganz Frankreich im Rücken. Als Jeanne d'Arc des Asphalts, oh, Mann, wie weiblich verrückt.
Ihre historische Vorgängerin zitiert die A110 sehr gekonnt
Video: Alpine A110 (2017)
Alpine auf Testfahrt
Ihr Auftritt strahlt ohnehin viel lässige Selbstverständlichkeit aus, wenn die Menschen sich auf der Straße nach ihr umdrehen. Sie ist die mit dem schönsten Rücken, lang und tief ausgeschnitten, der an die alte A110 erinnert und das Glasfenster öffnet, unter dem der Motor liegt. Nicht verborgen wie bei Porsche, sondern offenherzig, als Mechanik im Guckkasten. Man glaubt, ihn beben zu sehen, wenn die Ventilatoren dröhnen und der Vierzylinder im Leerlauf vor sich hin bollert. "Nur 250 PS?", fragte ich Depp den Entwickler bei der Vorstellung. Das war, bevor wir zum ersten Mal den Startknopf drückten und den 1,8-Liter losjagen durften. Excusez, Alpine! Deine 250 PS reichen allemal, um mal kurz meinen Puls aussetzen zu lassen, wenn sie auf leichte 1103 Kilo treffen. Auf Sitze, die mich gefangen nehmen wie ein hautenger Taucheranzug. Und auf eine Lenkung, die 90-Grad-Kehren auf einen Bierdeckel zaubern kann. Klack, rum.
Der Mittelmotor erfordert im Grenzbereich eine kundige Hand
Wie aus einem Guss: Die Designer haben der Alpine A110 eine wunderschöne Linie gezaubert.
Das mit dem Klack-rum beherrscht die kesse Dame allerdings auch, wenn die Lenkung auf eine angenehm nachgiebige Federung trifft. Weil die Alpine ihr Herz in der Fahrzeugmitte trägt, wird der gemeinsame Tanz im Grenzbereich schnell zum Tango zwischen Juchhu und Schlussmachen. Trotzdem stehen ihre Verehrer Schlange und zahlen Tausende Euro extra, um nicht 15 Monate warten zu müssen. Auf den ersten Kuss mit dem heißesten Feger dieses Sommers.
Treibsatz: Der Ferrari-V6 im Giulia-Bug holt aus 2,9 Litern Hubraum 510 PS und 600 Nm Drehmoment.
Ihre Vorgängerin war die Giulia. Der Sommerhit 2017 hat die erste Hitze hinter sich, was oft den Blick frei macht. Nein, sie trägt nicht das knappe rote Träger-Etwas, das Alfa-Fans sich sehnlichst gewünscht haben, aber eine überzeugend sportliche Figur, von den vier Endrohren bis zum Scudetto, das wieder mal hinreißend gelungen ist. Zu ihrer Premiere sang Andrea Bocelli die Arie "Nessun dorma" – wie wahr! Wer vor diesem Grill einschläft, muss tot sein. Das markante Gesicht bewahrt Signora Giulia nicht vor ihrem Schicksal als Frontfrau: Sie muss Alfas Aufbruch verkörpern, muss Amis und Chinesen gefallen, also vier Türen haben und trotzdem weltweit das Alfa-Feuer schüren. Was für ein Spagat! Deshalb beherrscht sie beim alltäglichen Flanieren auch einen lässigen Gang und grummelt selbstverleugnend vor sich hin, solange ihr D-N-A-Regler an der Mittelkonsole auf N steht. N wie normal.
Im Topmodell der Guilia brüllt ein V6 von Ferrari
Video: Alfa Romeo Giulia QV vs Audi RS 5 (2018)
Top-Athleten im Pisten-Duell
Aber was ist schon normal mit dem Kleeblatt am Kotflügel? Quadrifoglio verde heißt das italienische Sportabzeichen, das wie immer nur die stärksten Alfa tragen dürfen. Schneller als man "Quadri-dings" aussprechen kann, wechselt die Giulia ihr Wesen und verwandelt sich – auf D wie Dynamic – in eine fauchende Furie mit dem Herzen eines Ferrari. Denn von dort stammt ursprünglich ihr Sechszylinder. Was diese 2,9 Liter, zwei Turbolader und 510 PS durch die Carbonhaube nach außen brüllen, das kann Bocelli nicht singen. Die schönsten Arien schmettert eben immer noch Italiens Motorenbau, erst recht, wenn sie nur über die Hinterräder auf die Straße entlassen werden. So lebt die Giulia nach dem Reinheitsgebot fürs sportliche Autofahren. Die zielgenaue Lenkung verlangt feste Hände, die Elektronik lässt alles weg, was nur ablenkt. Eine Frau mit Prinzipien. Man möchte Alfa Romeo raten, zusammen mit dieser Verführerin eine ganze Familie zu gründen. Und nicht nur fette SUVs, die Giulias DNA nur noch ansatzweise besitzen.
Die Corvette kann es auch mit den stärksten Porsche aufnehmen
Video: 911 GT2 RS vs Corvette Z06 (2018)
Das 1359-PS-Duell
Ihre Gene hat die dritte Lady dieser Runde gerade nachgeschärft. Hat den Achtyzlinder Richtung Fahrer gerückt, einen Kompressor draufgesetzt und mit einer Kohlefaser-Diät teilweise wieder abgespeckt, was der Fortschritt an Pfunden hinterlässt. Welcome, Corvette! DIE Corvette! Respekt und Ehre hat Amerikas Sportwagen sich in sieben Generationen erarbeitet und brennt es dir in sieben Sekunden in die Eingeweide. So lange braucht dieses Urtier, um 150 km/h zu erreichen, wobei nicht der Druck in die Sitze so anmacht, sondern das Gewitter zwischen Trommelfell und Solarplexus. Donner und Bollern sind gefühlt überall und be-gleiten die Corvette wie eine mitrasende Wolke, die zum offenen Dach herein prasselt. Danke fürs Cabrio, liebe Chevy-Gang. Rein rennsportlich kostet die weiche, offene Corvette ein paar Zehntel Rundenzeit, emotional liegt sie Lichtjahre voraus. Du weißt nicht, ob der Scheitel vom Fahrtwind zu Berge steht oder weil die Schallwellen die Haarwurzeln aufstellen. Und wenn bei 220 die Elektronik beim Kickdown einen solchen Extrabrüller aus den vier Endrohren jagt, dass sogar die aufwachen, die vor der Corvette fahren, schreist du nicht: "Yippieh!" Sondern schweigst ehrfürchtig.
Dabei sind Autobahn-Sperenzchen gar nicht die Domäne, sondern nur Zugabe dieser Z06, die sich mit 659 PS, simpel und ernsthaft mit den allerstärksten Porsche auf der Rennstrecke herumschlägt. Ein Grizzly, der fordert, austeilt, ringt und dich als verschwitzten, aber lächelnden Kerl ausspuckt. Für vergleichsweise bescheidene 127.500 Euro, wo die Konkurrenz locker das Doppelte verlangt. Das brachte der Vette schon immer einen zweifelhaften Ruf ein, so mischt sich in den Respekt regelmäßig ein Schuss Geringschätzigkeit. Gerne von denen, die sie nie erlebt haben. Wer sich einmal von der Z06 den Scheitel gerade ziehen ließ, steigt mit wissendem Lächeln aus. Und fragt nicht mehr, wo hier das Weibliche liegt.
Technische Daten Alpine A110:• Motor: Vierzylinder, Turbo, Mitte quer • Hubraum 1798 cm³ • Leistung: 185 kW (252 PS) bei 6000/min max. Drehmoment: 320 Nm bei 2000/min • Leergewicht: 1103 kg • 0–100 km/h: 4,5 s • Vmax: 250 km/h • Verbrauch 6,2 l/100 km (Super) • Abgas CO2:141 g/km • Preis:ab 54.200 Euro.
Technische Daten Alfa Giulia Quadrifoglio Verde • Motor: V6 (Ferrari), Biturbo, vorn längs • Hubraum: 2891 cm³ • Leistung: 375 kW (510 PS) • max. Drehmoment: 600 Nm bei 2500/min • Leergewicht: 1525 kg • 0–100 km/h: 3,9 s Vmax: 307 km/h • Verbrauch: 8,2 l/100 km (Super) • Abgas CO2: 189 g/km • Preis:ab 75.200 Euro.
Technische Daten Chevrolet Corvette Z06:• Motor: V8, Kompressor, vorn längs • Hubraum 6162 cm³ • Leistung: 485 kW (659 PS) bei 6000/min • max. Drehmoment: 881 Nm bei 3600/min • Leergewicht: 1611 kg • 0–100 km/h: 3,8 s • Vmax: 310 km/h • Verbrauch: 12,7 l/100 km (Super) • Abgas CO2: 301 g/km • Preis 127.500 Euro.