Im DB11 arbeitet erstmals ein AMG-V8, was die Rundenzeit um eine Sekunde verbessert – doch wertet der Motor den Aston Martin auch generell auf?
Es wurde ja schon hinreichend darüber philosophiert, ob die Technologie-Partnerschaft zwischen Aston Martin und Mercedes-AMG wirklich der Weisheit allerletzter Schluss sei. Doch aller Skepsis zum Trotz darf man zwei Dinge nicht vergessen. Erstens: Die Briten durchleben zurzeit eine wirklich denkwürdige Renaissance, die in gerade einmal sieben Jahren das gesamte Programm neu aufleben lassen soll – Hybridvarianten, Elektro-Ableger und Hypercar inklusive. Zweitens: Der Biturbo-V12, der letztes Jahr im DB11 debütierte, stammt von der ersten bis zur letzten Schraube aus ureigener Fertigung. Und auch der Achtzylinder, der vom deutschen Kompetenz-Center für V8-Motorik nun zugeliefert wird, schlüpft keineswegs ungesehen unter die Hauben.
Aston Martin gibt dem Triebwerk einen anderen Charakter
Kultivierter: Der V8 geht im Aston Martin nicht ganz so brachial zu Werke wie in den AMG-GTs.
"Astonized" lautet das Kunstwort, das CEO Andy Palmer in diesem Zusammenhang gern über die Lippen gleitet. Und damit meint er, dass die bestehende Hardware eine hauseigene Abstimmung erfährt. So werden nicht nur die Datensätze zugunsten des Drehmoments ein wenig gestärkt, sondern auch im Ansprechverhalten spürbar nachgeschliffen. Ja, der AMG-Treibsatz schreitet hier tatsächlich ein wenig manierlicher zur Tat als in den GTs, hängt nicht ganz so aufbrausend am Gas und zieht eher zünftig als athletisch durch. Beides hängt in gewisser Weise aber auch am Getriebe. Denn während am Ende der AMG-Torque Tube stets ein Siebengang-Doppelkuppler auf das zu verwaltende Drehmoment wartet, reicht im DB11 eine achtstufige Automatik die passenden Übersetzungen dar. Und diese Automatik übt ihr Amt in gewisser Weise schon vielseitiger aus. Okay, das Kriechmoment zum Anfahren gleicht eher einem neckischen Schnippmoment. Gerade bei kaltem Motor schnalzt der DB11 deutlich energischer vom Fleck, als einem beim Ausparken manchmal lieb ist.
Akustisch lässt es der Brite etwas dezenter angehen
Leiser: Der Klang, der den beiden Endrohren entweicht, ist deutlich unaufdringlicher als beim AMG-Original.
Ansonsten jedoch gelingt dem Sportwandler der Spagat zwischen geschliffener Sanftmut und ruppigem Schnellfeuer tatsächlich besser als den AMG-Ritzeln. Bliebe noch der Sound, der selbstverständlich ebenfalls weitreichend "astonized" wurde: in Form einer Klappenanlage mit bildschönen Endrohr-Fontänen, die zwar durchaus andere, letztlich aber nicht völlig neue Frequenzen anstimmt. So tönt der Leerlauf etwas kehliger, nicht ganz so schnorchelig wie im GT; im Ausdrehen wurde mehr Wert auf eine markige Stimme als auf reine Lautstärke gelegt, und auch die ziemlich grenzwertige Lastwechselböllerei des Organspenders vollzieht sich in einem gesitteteren, wenngleich kaum weniger verruchten Rahmen. Dieses markante, rhythmische Schlabbern, das den M178-Motor seit jeher mit den dicken Hubraumsprotzlern aus Amerika klangverknüpft, konnten ihm aber auch die Aston-Stimmbildner nicht völlig austreiben. Doch was heißt all das jetzt für die Praxis? Nun, eigentlich erfreulich wenig.Denn einerseits hat es Aston Martin tatsächlich geschafft, trotz Motor- und Infotainment-Leihgabe den ureigenen Präzisions-Charme im Fahrgefühl zu bewahren; und andererseits klebt der Biturbo-V8 dem hauseigenen V12-Gewächs auch nach Zahlen ordentlich im Windschatten. Eine läppische Zehntel verliert er auf hundert, deren sechs auf zweihundert; selbst im Durchzug muss er nur dann klein beigeben, wenn die Drehzahlen unter 2000 Touren sacken.
Auch das Fahrwerk war im Fitness-Studio
Dynamischer: Dank des überarbeiteten Fahrwerks und des leichteren Motors geht der DB11 präziser ums Eck.
Und dabei schlägt die große Stunde des "kleinen" Motors doch erst in der Querdynamik. Der V8 holt im Vergleich zum V12 gemessene siebzig Kilo von der Vorderachse, was übrigens nicht nur das Leergewicht auf rund 1800 Kilogramm reduziert, sondern auch die Achslasten vom leicht Front- ins Hecklastige verschiebt. Zusätzlich haben die Briten auch dem Fahrwerk analog zur besseren Balance nun spürbar mehr Präzision spendiert. Straffere Federn und Dämpfer, härtere Buchsen, steifere Stabis. Oder mit anderen Worten: weniger Unschärfen im Kurvenverhalten. Schon auf der Landstraße fühlt sich der V8-DB11 damit bissiger, reaktionsfreudiger und präziser an. Er folgt Richtungswechseln entschlossener, lenkt geradezu leichtfüßig ein und wedelt ebenso flockig mit sanftem Übersteuern aus engeren Kehren heraus. Ja, das Ganze fühlt sich stellenweise nach deutlich weniger als 1,8 Tonnen an, wenngleich die grantouristischen Züge am Ende natürlich noch immer durchschimmern. In der Lenkung etwa, die neben aller Präzision auch eine sehr förmliche Diskretion wahrt, im Fahrwerk, das trotz des konturierteren Abrollverhaltens noch immer keine Standleitung zur Straße legt.
Auf der Rennstrecke wird das sportliche Potenzial deutlich
Schneller: In 1:37,28 min ist die Sachsenring-Runde im DB11 abgehakt – das liegt auf M4-/C 63-Niveau.
Und ganz profan natürlich auch in der Breite, die allzu hemmungslose Fahrmanöver quasi schon im Vorfeld unterbindet. Umso erstaunlicher, was der V8 zu leisten vermag, wenn man ihm – wie auf dem Sachsenring – mal freien Lauf lässt. Reifen, Fahrwerk und Bremsen zeigen sich extrem harmonisch aufeinander abgestimmt, sodass am Ende ein äußerst vergnügliches, sportiv ausbalanciertes und absolut berechenbares Handling herauskommt. Vor allem in engen Kehren (Sektor II) plagt die Vorderachse nun deutlich weniger Untersteuern, stattdessen liegt der Brite schön neutral auf der Linie, neigt sich merklich, aber niemals störend zur Seite und lässt sich ab dem Scheitel hoch exakt mit dem Gas in Richtung Außencurb zirkeln. Die Automatik rupft ihre Stufen in Echtzeit durch, der V8 verliert geradeaus kaum eine Zehntel auf den 608-PSler, während sich der Grenzbereich immer klarer zu erkennen gibt, je näher man ihm kommt. Folge: eine Rundenzeit auf C 63-/M4-Niveau, was, wenn man bedenkt, dass der DB11 eigentlich für wesentlich Gediegeneres geschaffen wurde, schon eine ziemliche Ansage ist.
Fazit
von
Manuel Iglisch
Die eigentliche Erkenntnis dieses Tests ist weniger, dass der schlanke AMG-V8 dem Handling auf die Sprünge hilft, als vielmehr, dass er den DB11 auch fern aller Fahrdynamik durchaus stilecht zu motorisieren vermag. Dennoch: Im DB11 kommt es vor allem auf Genuss an; und den verkörpert der V12 nun einmal deutlich souveräner. Im Vantage steht dem V8 hingegen eine großartige Karriere bevor!