Der Tacho zeigt 266 Kilometer in der Stunde. Langsam, aber bestimmt schiebt sich die rote Audi-Limousine an dem blauen BMW 3er vorbei. Moment mal – mehr als 250 km/h? Ja, diese beiden tragen ihren Nerz nach innen. Zum ersten Vergleichstest des neuen Audi A4 mit dem BMW 3er treten die beiden Nobeltypen in der Mittelklasse mit einem feinen Sechszylinder-Diesel an, 272 (Audi) und 258 (BMW) PS stark. Echte Luxusmotoren eben.

Auf den ersten Blick gibt es wenig Neues am Audi A4

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Video: Audi A4 vs BMW 3er (2015)

Der neue A4 im ersten Vergleich

Hier geht es also um nicht weniger als die Frage, wer der neue Prinz von Bayern wird. Auf der einen Seite der BMW 3er, seit Jahren auf dem Thron und der Liebling der Kunden. Und auf der anderen Seite der neue A4, optisch nur dezent verändert, aber dafür technisch taufrisch. Das zeigt sich vor allem im Innenraum, wo der Audi ein Fest für Qualitätsfanatiker feiert. Egal wo man hinschaut oder fühlt: Materialien und Verarbeitung passen. Da kann der BMW 3er nicht ganz mithalten, obwohl auch er bei der jüngsten Überarbeitung einen spürbaren Fortschritt gemacht hat. Den sie bei BMW schon vorher beim Bedienkonzept hatten. Vorbei die Zeiten, in denen das iDrive mit seinen verschachtelten Menüs auffiel – im 3er sitzt auch ohne große Eingewöhnung jeder Handgriff. Der Audi bietet mittlerweile eine ähnliche Fülle an Funktionen, nur braucht es mehr Einarbeitung, um ihn ähnlich ablenkungsfrei im Alltag zu nutzen. Vor allem die überfrachtete Bedienung der Lenkradtasten ist nicht wirklich eingängig. 
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Bei der Sportlichkeit liegt der 3er wieder vorne

BMW 330d
BMW 3er: Keine Limousine in dieser Klasse macht auf der Landstraße derart an.
Bild: Christoph Börries / AUTO BILD
Etwas enttäuschend auch das Platzangebot des neuen Audi A4. Vorn bietet er etwas mehr Raum – in der zweiten Reihe aber kneift er ein wenig. Nicht dramatisch, aber spürbar. Ein Unterschied, der später wohl beim Vergleich von Avant und Touring wirklich zählen wird. So weit herrscht Gleichstand – selten waren sich die beiden Konkurrenten aus Bayern so ähnlich. Ein Bild, das sich beim Fahren komplett umkehrt. Und wirklich überrascht. Wurden doch die BMW in letzter Zeit immer komfortabler, Audi zunehmend sportlich. Vorbei, seit BMW den 3er überarbeitet hat. Denn der sollte wieder zum Maßstab in Sachen Sportlichkeit werden. Und das haben sie geschafft. Keine Limousine in dieser Klasse macht auf der Landstraße derart an, pfeift so messerscharf ums Eck. Anbremsen, einlenken – und der 330d fährt präzise dorthin, wo wir ihn hinhaben wollen. Kehrseite der Medaille: Beim Federungskomfort ist der neue 3er eher auf der straffen Seite zu Hause – ohne mit übertriebener Härte zu nerven.
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Beim Bezahlen wird es bei beiden Konkurrenten teuer

BMW 330d       Audi A4 3.0 TDI Quattro
Charakterdarsteller: BMW 3er und Audi A4 wären auch ohne Markenzeichen sofort zu erkennen.
Bild: Christoph Börries / AUTO BILD
Audi hat den A4 etwas weicher abgestimmt, vor allem kurze Unebenheiten schluckt der Ingolstädter etwas geschmeidiger. Und auch Kurven bekommen dem A4 besser als dem kopflastigen Vorgänger. Objektiv lässt sich dem Audi nichts vorwerfen – nur der Funke will nicht so recht überspringen. Zu perfektioniert wirkt das Ganze, zu wenig authentisch. Aus dem Hecktriebler BMW steigst du mit leuchtenden Augen aus – der Audi ist dafür zu perfekt, zu synthetisch. Klagen auf hohem Niveau. Zumal der Antrieb hält, was Audi verspricht. Der Dreiliter-TDI zieht schon knapp über der Leerlaufdrehzahl bullig durch, dreht für einen Diesel blitzschnell in den roten Bereich. Macht unterm Strich Fahrleistungen, die einem Sportwagen ebenbürtig sind. Allerdings kann der BMW auch hier mit seinem famosen Reihensechszylinder spielerisch mithalten – und begeistert zusätzlich mit seinem Sound, der sich mehr nach Sechszylinder als nach Diesel anhört. Klar, dass es das Ganze nicht billig gibt. Mit Testwagenpreisen von 57.330 (Audi) und 53.950 (BMW) Euro liegen beide Konkurrenten weit über der Schmerzgrenze, die Normalverdiener zahlen können. Die Differenz von 3380 Euro ist es auch, die dafür sorgt, dass der Audi nicht am BMW vorbeiziehen kann – eben zwei Prinzen von Bayern.

Fazit

von

Stefan Voswinkel
Es ist erstaunlich, dass zwei so unterschiedliche Charaktere gleichzeitig über die Ziellinie fahren. Sowohl Audi A4 3.0 TDI als auch BMW 330d gehören zum Besten, was es in der Mittel-klasse gibt – und leider auch zum Teuersten.

Von

Stefan Voswinkel