Audi A8/BMW 7er: Test
Vier Turbos gegen acht Zylinder

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Größter Komfort, stärkste Diesel, exzellentes Image – trotzdem kämpfen Audi A8 und BMW 7er mit ganz eigenem Flair. Luxuslimousinen im Vergleich.
Bild: Christoph Börries / AUTO BILD
Neulich im Aufsichtsrat. Auf der Tagesordnung steht die Anschaffung neuer Dienstwagen; Luxusklasse ist schon genehmigt, nun zum Antrieb. Ein Hybrid? Der hat abnorme Leasingraten. Benziner ? Wir sind doch kein Mineralölkonzern! Also ein Diesel, der beim Unterhalt die Controller ruhig schlafen lässt, ohne bei Dienstreisen auf der Autobahn astronomisch zu saufen. Einen kleinen Kick wollen die Herren sich noch gönnen, daher dürfen es die stärksten Diesel sein, die aus der 400-PS-Etage.
Fahrwerte wie ein Sportwagen
Video: BMW 750i im Vergleich (2015)
Neuer 7er vs. A8, S-Klasse und Panamera
So können wir uns vorstellen, wie Interessenten auf einen BMW 750d kommen, auf den Inbegriff der deutschen Luxussänfte. Carbonteile zwecks Gewichtsdiät, Einrichtung wie ein Clubzimmer, Elektronik bis zum Abwinken. Doch wo Amerikas Autobauer eher Benziner einbauen und die Japaner einen Hybridantrieb, da wählen die Deutschen den Diesel, einen hoch domestizierten Selbstzünder, dem man den Glauben an diese Verbrennungsform bis ins kleinste Ventil anmerkt. Der bekannte 3,0-Liter leistet dank vierfacher Aufladung nun 400 PS, 760 Nm Drehmoment und Fahrwerte wie ein Sportwagen. Und doch gilt der Reihensechser in der Luxusklasse als Hubraumzwerg, weil Audi beim größten A8 TDI weiter auf die Macht von acht Zylindern und 4,2 Liter Hubraum setzt. Ein grollender Schiffsdiesel, der vor allem eine motorkulturelle Frage aufwirft: acht Zylinder im Audi oder vier BMW-Turbos – wer macht satter?
Bei der Elektronik merkt man dem Audi sein Alter an

Veraltete Grafik und analoge Anzeigen im A8 zeigen, wo Luxuslimousinen heute altern: innerlich.
Bild: Christoph Börries / AUTO BILD
Und wo hat der Audi seine Falten? Sicher nicht außen, wo der A8 immer noch erstaunlich straff und zeitlos wirkt, sondern beim Interieur. Veraltete Grafik und analoge Anzeigen demonstrieren, wo Luxuslimousinen heute altern: innerlich. Bei der Elektronik, wo der BMW das modernere Füllhorn auffährt, vom animierten Tacho über Assistenten bis zur Gestensteuerung, die noch ihre Mucken hat. Platz haben beide reichlich, der Audi den etwas größeren Fond. Dazu kommen reichhaltiges Verwöhnaroma auf vier Sitzen und Kofferräume im Fernreiseformat, die erst mit Kameras einsehbar sind. Aber ist die neue Welt die bessere? Braucht man das volldigitale Cockpit des 7er, oder liefert der A8 den Charme vieler Direkttasten, vom Sonnenrollo bis zum einfahrbaren Display? Gut, neue Extras wie ferngesteuertes Parken, Laserlicht oder beheizbare Armauflagen hat nur der BMW, der sich die Mercedes S-Klasse zum Vorbild genommen hat.
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Allerdings verkauft der 750d seine inneren Werte nach außen sehr zurückhaltend, man könnte ihn mit dem Vorgänger verwechseln. Gefährlich für solche Repräsentationsschiffe, die beim Image-Wettlauf gegen die angesagten SUV dringend schnellere Frischzellenkuren brauchen.
Ein wahres Konzert aus vier Turbos

Der Motor schrumpft die 2073 Kilo des 750d gefühlt auf die Hälfte zusammen – und bleibt dabei sparsam.
Bild: Christoph Börries / AUTO BILD
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Das Fahrwerk des A8 ist sportlicher ausgelegt

Kürzere Federn machen den A8 nicht so flauschig wie den BMW – er sollte auf "Comfort" gefahren werden.
Bild: Christoph Börries / AUTO BILD
Wie effektiv der kleine Hubraum spart, zeigt der Audi, dessen tiefe Brust natürlich kostet. 9,1 Liter genehmigt sich der A8, rennt dabei keine Spur flotter und regelt ebenso bei 250 km/h ab. Vorzüglich reicht die tiptronic die Gänge an, kommt nur gelegentlich ins Stocken, wo der BMW auch im Stress ein galanter Getriebebutler bleibt. Viel wichtiger ist der besondere Sound, den wir mal so beschreiben: Der 750d klingt, als ob er in der Ferne kleine Nägel in eine Pappwand schießt. Der Audi grummelt wie ein Motorboot aus der Tiefe der betonfesten Karosserie. Freunden des Verbrennungsprinzips stellen sich bei diesem Ohrgenuss die Armhaare auf, Controller hören hier die Cent durchrieseln. Audi bleibt übrigens auch in der nächsten Motorgeneration beim Achtzylinder: Der neue 4,0-Liter-TDI, gerade im SQ7 vorgestellt, kommt auf 900 Nm. Und einen ähnlichen Gänsehautklang. Der passt zum durchweg sportlicheren Wesen des A8. Die Lenkung aus der Mitte spitz ansprechend, hockt die Limousine wie eine satte Katze auf kürzeren Federwegen.
Die verstellbaren Dämpfer schicken im Modus "Dynamic" kurze, zitternde Stöße bis ins Lenkrad. Damit sich die standesgemäße Ruhe einstellt, fährt man den A8 am besten auf "Comfort". Was wohl auch Audi erkannt hat, die nächste Generation soll softer werden. Der BMW verlangt am Fahrerlebnisschalter eher nach "Sport". Denn der grundsätzlich flauschige 7er fühlt sich mit einem Schwingen und Schweben so an, als wolle er die wolkengleiche S-Klasse im Verwöhnen noch übertreffen. Die Lenkung fast amerikanisch sanft, das Hirn eingelullt – das ist doch kein BMW! Erst "Sport" bringt die straff-direkte Bissfestigkeit rein, die wir von BMW erwarten.
Technische Daten
Fahrzeugdaten | Audi | BMW |
---|---|---|
Modell | A8 4.2 TDI quattro | 750d xDrive |
Motor | V8, Biturbo | Sechszylinder, Quadturbo |
Einbaulage | vorn längs | vorn längs |
Ventile/Nockenwellen | 4 pro Zylinder/4 | 4 pro Zylinder/2 |
Nockenwellenantrieb | Kette | Kette |
Hubraum | 4134 cm³ | 2993 cm³ |
kW (PS) bei 1/min | 283 (385)/3750 | 294 (400)/4400 |
Nm bei 1/min | 850/2000 | 760/2000 |
Vmax | 250 km/h | 250 km/h |
Getriebe | Achtstufenautomatik | Achtstufenautomatik |
Antrieb | Allradantrieb | Allradantrieb |
Bremsen vorn/hinten | Scheiben/Scheiben | Scheiben/Scheiben |
Testwagenbereifung | Pirelli P Zero | Pirelli P Zero |
Reifentyp | 255/45 R 19 Y | 245/45 R 19 Y |
Radgröße | 9 x 19" | 8,5 x 19" |
Abgas CO2 | 193 g/km | 154 g/km |
Verbrauch* | 9,6/6,1/7,4 l | 6,9/5,3/5,9 l |
Testverbrauch | ||
Sportverbrauch** | 10,2 l/100 km | 11,0 l/100 km |
Testrunde*** | 9,1 l/100 km | 8,1 l/100 km |
Sparverbrauch**** | 7,8 l/100 km | 5,9 l/100 km |
Tankinhalt | 82 l/Diesel | 78 l/Diesel |
SCR-Kat/AdBlue-Tank | S/16 l | S/20 l |
Kältemittel | R134a | R1234yf |
Vorbeifahrgeräusch | 72 dB (A) | 69 dB (A) |
Anhängelast gebr./ungebr. | 2300/750 kg | 2300/750 kg |
Kofferraumvolumen | 490 l | 515 l |
Länge/Breite/Höhe | 5135/1949–2111/1460 mm | 5098/1902–2169/1467 mm |
Testwagenpreis | 107.750 Euro | 120.050 Euro |
Messwerte
Messwerte | Audi | BMW |
---|---|---|
Beschleunigung | ||
0–50 km/h | 1,7 s | 1,7 s |
0–100/130 km/h | 4,7/7,5 s | 4,5/7,1 s |
0–160/200 km/h | 11,3/18,8 s | 10,5/17,0 s |
Zwischenspurt | ||
60–100 km/h | 2,5 s | 2,3 s |
80–120 km/h | 3,1 s | 2,8 s |
Leergewicht/Zuladung | 2170/535 kg | 2073/557 kg |
Gewichtsverteilung v./h. | 56/44 % | 52/48 % |
Wendekreis links/rechts | 12,4/12,6 m | 12,2/12,2 m |
Bremsweg | ||
aus 100 km/h kalt | 36,6 m | 35,7 m |
aus 100 km/h warm | 34,9 m | 34,3 m |
Innengeräusch | ||
bei 50 km/h | 55 dB (A) | 56 dB (A) |
bei 100 km/h | 62 dB (A) | 62 dB (A) |
bei 130 km/h | 67 dB (A) | 66 dB (A) |
Testverbrauch - CO2 | 9,1 l – 241 g/km | 8,1 l – 214 g/km |
Reichweite | 900 km | 960 km |
Fazit
Diesel haben in den Flaggschiffen ein Imageproblem. Zu Unrecht, wie diese Motoren beweisen. Denn Leistung, Lauf-kultur und Luxus passen bestens zu 7er und A8, erst ihre Sparsamkeit rechtfertigt diese Limousinen. Und macht sie beliebter als die Benziner.
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