Es ist nicht lange her, da galten Autos wie diese bei einigen als die Achsen des Bösen. Mit protzigem Auftritt, hohem Gewicht, viel Leistung und einem irrwitzig hohen Kaufpreis stellten BMW 7er, Audi A8 und Mercedes S-Klasse in den Augen mancher die dunkle Seite eines Kapitalismus dar, der auf nichts und niemanden Rücksicht nimmt. Doch plötzlich ist alles anders bei den kapitalistischen Statussymbolen. Leistung und Kaufpreis sind noch immer hoch. Aber mit den neuen Dieselmotoren sinken die Verbräuche der dicken Dinger auf unter acht Liter. Als wären es nun Öko-Autos!
Noch mehr leise Diesellimousinen

Bei der Abgasnachbehandlung setzt der Audi auf Add-Blue

Audi A8
Spritknauser: Im Audi A8 3.0 TDI rinnen pro 100 Kilometer nur 7,1 Liter durch die Brennräume.
Beim Blick auf die Testkandidaten werden Sie vielleicht sagen: Da fehlt doch einer! Richtig, beim Kampf um den Sieg bei den Luxuslimousinen mit Einstiegsdiesel gehört natürlich die brandneue Mercedes S-Klasse dazu. Doch den S 350 Bluetec liefert Daimler erst ab April 2014 aus. Also reduziert sich der Wettstreit um den derzeit besten und sparsamsten Diesel-Dampfer auf ein Duell zwischen dem frisch gelifteten Audi A8 3.0 TDI und dem bereits seit 2008 angebotenen BMW 730d. Speziell beim Motor verfolgen beide Marken eigene Reinheits-Rezepturen. Lange war BMW mit seinem sparsamen Dreiliter-Reihensechszylinder Vorreiter in Sachen Effizienz und erreichte mit dem "Blue Performance Paket" (1190 Euro) die EU6-Einstufung. Mit dem überarbeiteten A8 übertrifft Audi den 730d aber in Sachen sparsamer und sauberer Selbstzünder-Verbrennung. Denn neben dem normalen Kat gehört zum V-Sechszylinder des A8 nun ein Dieselpartikelfilter mit SCR-Beschichtung ("Selectiv Catalytic-Reduktion"; Verringerung der Stickoxide mittels Abgasnachbehandlung) zur Serienausstattung. Zum Nachfüllen der dafür nötigen Harnstofflösung Add-Blue hat der Audi einen zusätzlichen Stutzen hinter der Tankklappe.

Preislich liegen BMW 7er und Audi A8 auf Augenhöhe

BMW 7er
Kostbarer Bayer: Der getestete 730d steht mit satten 84.150 Euro in der BMW-Preisliste.
Der BMW löst das Stickoxidproblem mit einem sogenannten NOX-Speicherkat, der ohne zusätzliche Flüssigkeiten auskommt. Klingt eleganter und besser, ist es aber nicht, weil sich Theorie und Praxis zu stark unterscheiden (Kasten rechts). Trotzdem sind gemessene Kraftstoffverbräuche von sieben bis acht Litern pro 100 Kilometer für so große Modelle vorbildliche Werte. Die Hauptmerkmale bei den Modellen liegen so dicht zusammen, dass der Eindruck entsteht, die Entwicklungsvorstände in Ingolstadt und München hätten sich abgestimmt: Beide Limousinen leisten 258 PS, der Audi hat nur 20 Newtonmeter mehr Drehmoment als der BMW, auf der Waage beträgt der Gewichtsunterschied die minimal mögliche Einheit von einem Kilo, A8 wie 730d verfügen über eine Achtstufenautomatik, und selbst beim Testwagenpreis beträgt die Differenz gerade mal 660 Euro. In der geprüften Ausstattung liegt der Preis jeweils bei fast 85.000 Euro und damit rund 10.000 Euro jenseits der Grundpreise. Zur Erinnerung: Sowohl A8 3.0 TDI als auch 730d ist die jeweils günstigste Art, das Flaggschiff des Hauses zu fahren. Umso spannender wird es, herauszufinden, welches Auto das bessere ist.
Nun, eine Preisabsprache zwischen den Erzrivalen Audi und BMW ist natürlich Unsinn, und beim zweiten Blick offenbart der A8 eine völlig andere Technik als der 7er. Die Audi-Karosserie wird unter Einsatz von Aluminium hergestellt. Das soll Gewicht sparen. Doch da der A8 auch mit dem kleinsten Diesel über Allradantrieb verfügt, machen die Quattro-Komponenten den Vorteil zunichte. Für 3400 Euro Aufpreis liefert BMW den 730 xDrive, der ebenfalls 4x4-Antrieb hat, rund zwei Tonnen Leergewicht auf die Waage bringt und nicht in einer EU6-Version erhältlich ist.

Die Luftfederung macht den A8 zum sanften Gleiter

Audi A8 BMW 7er
Überlegen: In Sachen Fahrkomfort hängt der Audi A8 den BMW 7er dank Luftfederung ab.
Wie beim Verbrauch verspricht der BMW auch bei der Fahrdynamik in der Theorie mehr, als er in der Praxis halten kann. So verfehlt der 730d beim Spurt von null auf 100 km/h seine Werksangabe um 0,4 Sekunden. Der Audi indes schafft unter identischen Bedingungen exakt den Fabrikwert. Sein Allradantrieb wirkt besonders bei voller Kraftabgabe von 580 Newtonmetern traktionsfördernd und bolzt den A8 effektiver nach vorn. Entscheidender ist die Leistungsverteilung an alle vier anstatt nur auf zwei Räder natürlich bei glatter oder feuchter Fahrbahn. Während das BMW-ESP dann oft eingreifen muss, um die Hinterräder zu bändigen, zieht der Audi stoisch seine Bahn. Dank serienmäßiger Luftfederung rollt der Audi auf schlechten Straßen außerdem eleganter ab. Dieses schwebende Fahrgefühl passt besser, wenn der Fahrer von seiner schweren und teuren Limousine einen ausgeprägten Luxuscharakter erwartet. Der BMW dagegen federt speziell auf der Vorderachse eher fest. Unterm Strich sind es aber reine Geschmacks- und keine Qualitätsunterschiede, die hier zum Tragen kommen.
Weitere Details zu den beiden sparsamen Luxuslinern gibt es in der Bildergalerie. Den kompletten Artikel mit allen technischen Daten und Tabellen lesen Sie in AUTO BILD 51/2013.

Fazit

Die neue Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) sollte einen dieser beiden Luxus-Ökos als Dienstwagen bestellen. Auch wenn sie in der Praxis mehr verbrauchen, als sie auf dem Papier versprechen, liegt ihr Dieselkonsum auf einem sehr niedrigen Niveau. Der Audi ist in einigen Be- langen einen kleinen Tick besser und wirkt etwas moderner. Wer sich, wie eine Ministerin, im Fond fahren lässt, wird nicht nur den geräumigeren Audi-Fond zu schätzen wissen, sondern auch den leichten Vorteil des A8 im Kostenkapitel.